brochenen, cylinderförmigen Lager ausgefüttert. Der Schieber ist als Ventilkolben construirt; er besteht eigentlich aus vier Kolben, von denen jeder wieder zwei Ringe zur Dichtung besitzt. Die beiden äußeren Ringe ergeben die Dampfzuströmung und die Dampfabströmung bei dem Hochdruckcylinder, während den inneren Ringen diese Aufgabe bezüglich des Niederdruckcylinders zufällt. Zum Anfahren kann auch dem Niederdruckcylinder frischer Dampf gegeben werden; der Führer braucht nur einen Hahn zu öffnen, der in die entsprechende Verbindung eingelegt ist. Bauclain hat also von der Selbstthätigkeit dieser wichtigen Vorrichtung abgesehen. Die Wirkungsweise der Kolbenstangen ist aus der Fig. 798 zu ersehen. Die beiden Stangen greifen an einem senkrechten Querstücke des Kreuzkopfes an. Bei un-
[Abbildung]
Fig. 799.
Schnellzuglocomotive der Französischen Ostbahn. (Effective Dampfspannung 10 Atmosphären; totale Heizfläche 23.6 Quadratmeter; Dienstgewicht 42 Tonnen.)
gleicher Kraftleistung beider Kolben wird der Kreuzkopf in einer Weise beansprucht, die etwas bedenklich erscheint.
Der deutsche und österreichische Locomotivbau weist eine außer- ordentlich große Verschiedenheit der Typen auf. Selbst ein und dasselbe Eta- blissement arbeitet nach mehreren Modellen, welche durch die im Laufe der Zeit sich ergebenden Neuerungen eher vermehrt als vermindert werden. Größere Uni- formität zeigen die belgischen, englischen und französischen Locomotiven mit charakteristischer Ausprägung der ihnen eigenthümlichen äußeren Erscheinung. Die hier abgebildeten Maschinen zeigen dies in sehr deutlicher Weise. An den belgischen Locomotiven sind als besonders charakteristisch hervorzuheben: der viel- fach in Anwendung stehende Schlot mit viereckigem Querschnitt, die Durchsichtigkeit des Lauf- und Treibwerkes und der schwere, eigenthümlich geformte Rahmen.
In Frankreich, das fast gar keine Gebirgsbahnen hat, überwiegen die ge- kuppelten Zweiachser. Als Schnellzuglocomotive erhielt sich die Type "Crampton"
Schweiger-Lerchenfeld. Im Reiche der Cyklopen. 58
Die Locomotiven.
brochenen, cylinderförmigen Lager ausgefüttert. Der Schieber iſt als Ventilkolben conſtruirt; er beſteht eigentlich aus vier Kolben, von denen jeder wieder zwei Ringe zur Dichtung beſitzt. Die beiden äußeren Ringe ergeben die Dampfzuſtrömung und die Dampfabſtrömung bei dem Hochdruckcylinder, während den inneren Ringen dieſe Aufgabe bezüglich des Niederdruckcylinders zufällt. Zum Anfahren kann auch dem Niederdruckcylinder friſcher Dampf gegeben werden; der Führer braucht nur einen Hahn zu öffnen, der in die entſprechende Verbindung eingelegt iſt. Bauclain hat alſo von der Selbſtthätigkeit dieſer wichtigen Vorrichtung abgeſehen. Die Wirkungsweiſe der Kolbenſtangen iſt aus der Fig. 798 zu erſehen. Die beiden Stangen greifen an einem ſenkrechten Querſtücke des Kreuzkopfes an. Bei un-
[Abbildung]
Fig. 799.
Schnellzuglocomotive der Franzöſiſchen Oſtbahn. (Effective Dampfſpannung 10 Atmoſphären; totale Heizfläche 23‧6 Quadratmeter; Dienſtgewicht 42 Tonnen.)
gleicher Kraftleiſtung beider Kolben wird der Kreuzkopf in einer Weiſe beanſprucht, die etwas bedenklich erſcheint.
Der deutſche und öſterreichiſche Locomotivbau weiſt eine außer- ordentlich große Verſchiedenheit der Typen auf. Selbſt ein und dasſelbe Eta- bliſſement arbeitet nach mehreren Modellen, welche durch die im Laufe der Zeit ſich ergebenden Neuerungen eher vermehrt als vermindert werden. Größere Uni- formität zeigen die belgiſchen, engliſchen und franzöſiſchen Locomotiven mit charakteriſtiſcher Ausprägung der ihnen eigenthümlichen äußeren Erſcheinung. Die hier abgebildeten Maſchinen zeigen dies in ſehr deutlicher Weiſe. An den belgiſchen Locomotiven ſind als beſonders charakteriſtiſch hervorzuheben: der viel- fach in Anwendung ſtehende Schlot mit viereckigem Querſchnitt, die Durchſichtigkeit des Lauf- und Treibwerkes und der ſchwere, eigenthümlich geformte Rahmen.
In Frankreich, das faſt gar keine Gebirgsbahnen hat, überwiegen die ge- kuppelten Zweiachſer. Als Schnellzuglocomotive erhielt ſich die Type »Crampton«
Schweiger-Lerchenfeld. Im Reiche der Cyklopen. 58
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Die Locomotiven.
brochenen, cylinderförmigen Lager ausgefüttert. Der Schieber iſt als Ventilkolben
conſtruirt; er beſteht eigentlich aus vier Kolben, von denen jeder wieder zwei
Ringe zur Dichtung beſitzt. Die beiden äußeren Ringe ergeben die Dampfzuſtrömung
und die Dampfabſtrömung bei dem Hochdruckcylinder, während den inneren Ringen
dieſe Aufgabe bezüglich des Niederdruckcylinders zufällt. Zum Anfahren kann auch
dem Niederdruckcylinder friſcher Dampf gegeben werden; der Führer braucht nur
einen Hahn zu öffnen, der in die entſprechende Verbindung eingelegt iſt. Bauclain
hat alſo von der Selbſtthätigkeit dieſer wichtigen Vorrichtung abgeſehen. Die
Wirkungsweiſe der Kolbenſtangen iſt aus der Fig. 798 zu erſehen. Die beiden
Stangen greifen an einem ſenkrechten Querſtücke des Kreuzkopfes an. Bei un-
[Abbildung Fig. 799. Schnellzuglocomotive der Franzöſiſchen Oſtbahn. (Effective Dampfſpannung 10 Atmoſphären; totale
Heizfläche 23‧6 Quadratmeter; Dienſtgewicht 42 Tonnen.)]
gleicher Kraftleiſtung beider Kolben wird der Kreuzkopf in einer Weiſe beanſprucht,
die etwas bedenklich erſcheint.
Der deutſche und öſterreichiſche Locomotivbau weiſt eine außer-
ordentlich große Verſchiedenheit der Typen auf. Selbſt ein und dasſelbe Eta-
bliſſement arbeitet nach mehreren Modellen, welche durch die im Laufe der Zeit
ſich ergebenden Neuerungen eher vermehrt als vermindert werden. Größere Uni-
formität zeigen die belgiſchen, engliſchen und franzöſiſchen Locomotiven
mit charakteriſtiſcher Ausprägung der ihnen eigenthümlichen äußeren Erſcheinung.
Die hier abgebildeten Maſchinen zeigen dies in ſehr deutlicher Weiſe. An den
belgiſchen Locomotiven ſind als beſonders charakteriſtiſch hervorzuheben: der viel-
fach in Anwendung ſtehende Schlot mit viereckigem Querſchnitt, die Durchſichtigkeit
des Lauf- und Treibwerkes und der ſchwere, eigenthümlich geformte Rahmen.
In Frankreich, das faſt gar keine Gebirgsbahnen hat, überwiegen die ge-
kuppelten Zweiachſer. Als Schnellzuglocomotive erhielt ſich die Type »Crampton«
Schweiger-Lerchenfeld. Im Reiche der Cyklopen. 58
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Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900, S. 913. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_cyklopen_1900/995>, abgerufen am 23.11.2024.
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