Bei den Versenkungslafetten steht das Geschütz ebenfalls auf der Drehscheibe in einer gemauerten oder gepanzerten Grube, welche mit ganz flacher Schutzdecke versehen ist und so aus der Ferne gar nicht bemerkt werden kann. Soll nun ein solcher unsichtbarer Thurm in Action treten, so taucht das Geschützrohr, mittelst einer hydropneumatischen Maschineneinrichtung gehoben, aus einem sich zur ge- gebenen Zeit öffnenden Schlitz der Decke hervor, um nach abgegebenem Schuß durch den Rückstoß selbst sofort in die geschützte Ladestellung niederzusinken. Für Batterieaufstellung werden die Versenkungslafetten ebenfalls angewendet; sie sind dann um einen vorderen Pivotzapfen drehbar und feuern über eine gepanzerte Brustwehr. Für die Wurfgeschütze ist zuweilen wegen der stark gekrümmten Flug- bahn eine Aufstellung in Werken, die an, der Seeseite abgekehrten Bergabhängen liegen, gewählt worden, bei welcher Anordnung dann der Panzerschutz ganz entfällt.
Gepanzerte Befestigungen sind an den Seeküsten aller Culturstaaten vor- handen. In Deutschland und Italien, welch letzteres für den Schutz seiner lang- gestreckten Küsten sehr viel gethan hat, werden mit Vorliebe die oben beschriebenen Gruson'schen Hartgußpanzerthürme angewendet. Anderwärts, wie in England und in den Vereinigten Staaten, werden hingegen Versenkungslafetten bevorzugt. Groß- artige Binnenlandbefestigungen befinden sich in Rumänien an der russischen Grenze. Hier ist eine außerordentlich starke Schutzwehr geschaffen worden, indem in Ab- ständen von etwa einem Kilometer drei Vertheidigungslinien, die erste aus fahr- baren Panzern für kleine Schnellfeuergeschütze, die zweite aus Versenkpanzern für mittelgroße Geschütze, und die dritte aus Panzerthürmen bestehend angeordnet wurden. Es sollen hier im Ganzen 300 bis 400 derartige Panzerconstructionen zur Ausführung gekommen sein, von denen ein großer Theil von Gruson geliefert worden ist. Auch zum Schutze Bukarests sollen über 200 Panzerthürme ausgerüstet werden.
Dieser Umstand bringt uns in Erinnerung, daß Ende 1885 und Anfang 1886 in Bukarest ein Wettbewerb zwischen französischen und deutschen Panzer- constructionen stattfand, von welchen bereits flüchtig die Rede war. Die damit ver- bundenen Schießversuche waren von so einschneidender Wichtigkeit für die fernere Ausgestaltung dieses Vertheidigungsmittels, daß sie mehr als ein blos historisches Interesse beanspruchen dürfen. Der zu diesen Versuchen in Verwendung genommene französische Panzerthurm war der auf Seite 779 beschriebene von Mougin. Der Concurrenzthurm ging aus dem Grusonwerk hervor und hatte Platten von 20 Centimeter Stärke, welche mit einer aus zwei Blechen von je 20 Centimeter Dicke zusammengenieteten schmiedeeisernen Unterhaut verschraubt und untereinander durch Dübel verbunden waren. Der Panzer balancirte mittelst einer Blechträger- construction auf einem in der Thurmsohle befindlichen Mittelpunkt, wobei vier an der Peripherie der Kuppel angebrachte und mit Pufferfedern elastisch gelagerte Rollen sich abwechselnd auf eine kreisförmige Schiene auflegten und den Thurm im Gleichgewicht hielten. Die Panzerkuppel war von einem aus acht Hartguß-
Zweiter Abſchnitt.
Bei den Verſenkungslafetten ſteht das Geſchütz ebenfalls auf der Drehſcheibe in einer gemauerten oder gepanzerten Grube, welche mit ganz flacher Schutzdecke verſehen iſt und ſo aus der Ferne gar nicht bemerkt werden kann. Soll nun ein ſolcher unſichtbarer Thurm in Action treten, ſo taucht das Geſchützrohr, mittelſt einer hydropneumatiſchen Maſchineneinrichtung gehoben, aus einem ſich zur ge- gebenen Zeit öffnenden Schlitz der Decke hervor, um nach abgegebenem Schuß durch den Rückſtoß ſelbſt ſofort in die geſchützte Ladeſtellung niederzuſinken. Für Batterieaufſtellung werden die Verſenkungslafetten ebenfalls angewendet; ſie ſind dann um einen vorderen Pivotzapfen drehbar und feuern über eine gepanzerte Bruſtwehr. Für die Wurfgeſchütze iſt zuweilen wegen der ſtark gekrümmten Flug- bahn eine Aufſtellung in Werken, die an, der Seeſeite abgekehrten Bergabhängen liegen, gewählt worden, bei welcher Anordnung dann der Panzerſchutz ganz entfällt.
Gepanzerte Befeſtigungen ſind an den Seeküſten aller Culturſtaaten vor- handen. In Deutſchland und Italien, welch letzteres für den Schutz ſeiner lang- geſtreckten Küſten ſehr viel gethan hat, werden mit Vorliebe die oben beſchriebenen Gruſon'ſchen Hartgußpanzerthürme angewendet. Anderwärts, wie in England und in den Vereinigten Staaten, werden hingegen Verſenkungslafetten bevorzugt. Groß- artige Binnenlandbefeſtigungen befinden ſich in Rumänien an der ruſſiſchen Grenze. Hier iſt eine außerordentlich ſtarke Schutzwehr geſchaffen worden, indem in Ab- ſtänden von etwa einem Kilometer drei Vertheidigungslinien, die erſte aus fahr- baren Panzern für kleine Schnellfeuergeſchütze, die zweite aus Verſenkpanzern für mittelgroße Geſchütze, und die dritte aus Panzerthürmen beſtehend angeordnet wurden. Es ſollen hier im Ganzen 300 bis 400 derartige Panzerconſtructionen zur Ausführung gekommen ſein, von denen ein großer Theil von Gruſon geliefert worden iſt. Auch zum Schutze Bukareſts ſollen über 200 Panzerthürme ausgerüſtet werden.
Dieſer Umſtand bringt uns in Erinnerung, daß Ende 1885 und Anfang 1886 in Bukareſt ein Wettbewerb zwiſchen franzöſiſchen und deutſchen Panzer- conſtructionen ſtattfand, von welchen bereits flüchtig die Rede war. Die damit ver- bundenen Schießverſuche waren von ſo einſchneidender Wichtigkeit für die fernere Ausgeſtaltung dieſes Vertheidigungsmittels, daß ſie mehr als ein blos hiſtoriſches Intereſſe beanſpruchen dürfen. Der zu dieſen Verſuchen in Verwendung genommene franzöſiſche Panzerthurm war der auf Seite 779 beſchriebene von Mougin. Der Concurrenzthurm ging aus dem Gruſonwerk hervor und hatte Platten von 20 Centimeter Stärke, welche mit einer aus zwei Blechen von je 20 Centimeter Dicke zuſammengenieteten ſchmiedeeiſernen Unterhaut verſchraubt und untereinander durch Dübel verbunden waren. Der Panzer balancirte mittelſt einer Blechträger- conſtruction auf einem in der Thurmſohle befindlichen Mittelpunkt, wobei vier an der Peripherie der Kuppel angebrachte und mit Pufferfedern elaſtiſch gelagerte Rollen ſich abwechſelnd auf eine kreisförmige Schiene auflegten und den Thurm im Gleichgewicht hielten. Die Panzerkuppel war von einem aus acht Hartguß-
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Zweiter Abſchnitt.
Bei den Verſenkungslafetten ſteht das Geſchütz ebenfalls auf der Drehſcheibe
in einer gemauerten oder gepanzerten Grube, welche mit ganz flacher Schutzdecke
verſehen iſt und ſo aus der Ferne gar nicht bemerkt werden kann. Soll nun ein
ſolcher unſichtbarer Thurm in Action treten, ſo taucht das Geſchützrohr, mittelſt
einer hydropneumatiſchen Maſchineneinrichtung gehoben, aus einem ſich zur ge-
gebenen Zeit öffnenden Schlitz der Decke hervor, um nach abgegebenem Schuß
durch den Rückſtoß ſelbſt ſofort in die geſchützte Ladeſtellung niederzuſinken. Für
Batterieaufſtellung werden die Verſenkungslafetten ebenfalls angewendet; ſie ſind
dann um einen vorderen Pivotzapfen drehbar und feuern über eine gepanzerte
Bruſtwehr. Für die Wurfgeſchütze iſt zuweilen wegen der ſtark gekrümmten Flug-
bahn eine Aufſtellung in Werken, die an, der Seeſeite abgekehrten Bergabhängen
liegen, gewählt worden, bei welcher Anordnung dann der Panzerſchutz ganz entfällt.
Gepanzerte Befeſtigungen ſind an den Seeküſten aller Culturſtaaten vor-
handen. In Deutſchland und Italien, welch letzteres für den Schutz ſeiner lang-
geſtreckten Küſten ſehr viel gethan hat, werden mit Vorliebe die oben beſchriebenen
Gruſon'ſchen Hartgußpanzerthürme angewendet. Anderwärts, wie in England und
in den Vereinigten Staaten, werden hingegen Verſenkungslafetten bevorzugt. Groß-
artige Binnenlandbefeſtigungen befinden ſich in Rumänien an der ruſſiſchen Grenze.
Hier iſt eine außerordentlich ſtarke Schutzwehr geſchaffen worden, indem in Ab-
ſtänden von etwa einem Kilometer drei Vertheidigungslinien, die erſte aus fahr-
baren Panzern für kleine Schnellfeuergeſchütze, die zweite aus Verſenkpanzern für
mittelgroße Geſchütze, und die dritte aus Panzerthürmen beſtehend angeordnet
wurden. Es ſollen hier im Ganzen 300 bis 400 derartige Panzerconſtructionen
zur Ausführung gekommen ſein, von denen ein großer Theil von Gruſon geliefert
worden iſt. Auch zum Schutze Bukareſts ſollen über 200 Panzerthürme ausgerüſtet
werden.
Dieſer Umſtand bringt uns in Erinnerung, daß Ende 1885 und Anfang
1886 in Bukareſt ein Wettbewerb zwiſchen franzöſiſchen und deutſchen Panzer-
conſtructionen ſtattfand, von welchen bereits flüchtig die Rede war. Die damit ver-
bundenen Schießverſuche waren von ſo einſchneidender Wichtigkeit für die fernere
Ausgeſtaltung dieſes Vertheidigungsmittels, daß ſie mehr als ein blos hiſtoriſches
Intereſſe beanſpruchen dürfen. Der zu dieſen Verſuchen in Verwendung genommene
franzöſiſche Panzerthurm war der auf Seite 779 beſchriebene von Mougin. Der
Concurrenzthurm ging aus dem Gruſonwerk hervor und hatte Platten von
20 Centimeter Stärke, welche mit einer aus zwei Blechen von je 20 Centimeter
Dicke zuſammengenieteten ſchmiedeeiſernen Unterhaut verſchraubt und untereinander
durch Dübel verbunden waren. Der Panzer balancirte mittelſt einer Blechträger-
conſtruction auf einem in der Thurmſohle befindlichen Mittelpunkt, wobei vier an
der Peripherie der Kuppel angebrachte und mit Pufferfedern elaſtiſch gelagerte
Rollen ſich abwechſelnd auf eine kreisförmige Schiene auflegten und den Thurm
im Gleichgewicht hielten. Die Panzerkuppel war von einem aus acht Hartguß-
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Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900, S. 788. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_cyklopen_1900/870>, abgerufen am 22.11.2024.
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