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Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900.

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Erster Abschnitt.
die ins Meer gefallene Person durch einen Schwimmkörper (Rettungsboje, Fig.359)
dargestellt, der im Ernstfalle dem Verunglückten dazu dient, ihn so lange über
Wasser zu halten bis das Rettungsboot klar gemacht ist und ihn aufnimmt.
Letzteres befindet sich zu diesem Zwecke am Achter, also ganz rückwärts am Schiffe.
Die Rettungsaction vollzieht sich in wenigen Minuten mit größter Präcision.

[Abbildung] Fig. 360.

Brandts neuer Rettungsapparat "Lubaeca" an Bord.

Alle diese Dienstleistun-
gen, sowie der anstrengende
Dienst an Bord, sind in
Folge strenger Disciplin
der Mannschaft so in Fleisch
und Blut übergegangen,
daß sämmtliche Verrich-
tungen fast lautlos mit
bestechender Sicherheit und
Kaltblütigkeit erfolgen, was
zum Theil aus dem Naturell
des in der deutschen Han-
dels-Marine verwendeten
Menschenmateriales sich er-
klären läßt. Auf südliche
Völker wirkten solche Sicher-
heit und Drillung impo-
nirend, und thatsächlich hat
die stramme Dienstführung
dem Norddeutschen Lloyd
viele tausende Passagiere
aus fremden Nationen zu-
geführt, welche die Dampfer
dieser Gesellschaft denen aller
anderen vorziehen.

Die herkömmlichen
Rettungsbojen, welche die
Gestalt von großen Ringen
haben, sind wohl allgemein bekannt. In neuester Zeit hat der Segelmacher
William Brandt in Lübeck einen Rettungsapparat construirt, der die Form der
erwähnten Rettungsringe hat, im Uebrigen aber sich neben seinen außergewöhnlichen
Dimensionen durch besondere Einrichtung auszeichnet. Der Ring ist innen hohl
und hat zahlreiche Querwände, die bei eingetretener Beschädigung der äußeren
Wandung ein gänzliches Volllaufen verhindern. Uebrigens ist die Gefahr einer
Zertrümmerung nicht groß, da der Ring, trotz seiner ungewöhnlichen Abmessungen,
sehr elastisch und leicht zu behandeln ist. Zwei, zur Noth sogar ein einzelner

Erſter Abſchnitt.
die ins Meer gefallene Perſon durch einen Schwimmkörper (Rettungsboje, Fig.359)
dargeſtellt, der im Ernſtfalle dem Verunglückten dazu dient, ihn ſo lange über
Waſſer zu halten bis das Rettungsboot klar gemacht iſt und ihn aufnimmt.
Letzteres befindet ſich zu dieſem Zwecke am Achter, alſo ganz rückwärts am Schiffe.
Die Rettungsaction vollzieht ſich in wenigen Minuten mit größter Präciſion.

[Abbildung] Fig. 360.

Brandts neuer Rettungsapparat »Lubaeca« an Bord.

Alle dieſe Dienſtleiſtun-
gen, ſowie der anſtrengende
Dienſt an Bord, ſind in
Folge ſtrenger Disciplin
der Mannſchaft ſo in Fleiſch
und Blut übergegangen,
daß ſämmtliche Verrich-
tungen faſt lautlos mit
beſtechender Sicherheit und
Kaltblütigkeit erfolgen, was
zum Theil aus dem Naturell
des in der deutſchen Han-
dels-Marine verwendeten
Menſchenmateriales ſich er-
klären läßt. Auf ſüdliche
Völker wirkten ſolche Sicher-
heit und Drillung impo-
nirend, und thatſächlich hat
die ſtramme Dienſtführung
dem Norddeutſchen Lloyd
viele tauſende Paſſagiere
aus fremden Nationen zu-
geführt, welche die Dampfer
dieſer Geſellſchaft denen aller
anderen vorziehen.

Die herkömmlichen
Rettungsbojen, welche die
Geſtalt von großen Ringen
haben, ſind wohl allgemein bekannt. In neueſter Zeit hat der Segelmacher
William Brandt in Lübeck einen Rettungsapparat conſtruirt, der die Form der
erwähnten Rettungsringe hat, im Uebrigen aber ſich neben ſeinen außergewöhnlichen
Dimenſionen durch beſondere Einrichtung auszeichnet. Der Ring iſt innen hohl
und hat zahlreiche Querwände, die bei eingetretener Beſchädigung der äußeren
Wandung ein gänzliches Volllaufen verhindern. Uebrigens iſt die Gefahr einer
Zertrümmerung nicht groß, da der Ring, trotz ſeiner ungewöhnlichen Abmeſſungen,
ſehr elaſtiſch und leicht zu behandeln iſt. Zwei, zur Noth ſogar ein einzelner

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[458/0510] Erſter Abſchnitt. die ins Meer gefallene Perſon durch einen Schwimmkörper (Rettungsboje, Fig.359) dargeſtellt, der im Ernſtfalle dem Verunglückten dazu dient, ihn ſo lange über Waſſer zu halten bis das Rettungsboot klar gemacht iſt und ihn aufnimmt. Letzteres befindet ſich zu dieſem Zwecke am Achter, alſo ganz rückwärts am Schiffe. Die Rettungsaction vollzieht ſich in wenigen Minuten mit größter Präciſion. [Abbildung Fig. 360. Brandts neuer Rettungsapparat »Lubaeca« an Bord.] Alle dieſe Dienſtleiſtun- gen, ſowie der anſtrengende Dienſt an Bord, ſind in Folge ſtrenger Disciplin der Mannſchaft ſo in Fleiſch und Blut übergegangen, daß ſämmtliche Verrich- tungen faſt lautlos mit beſtechender Sicherheit und Kaltblütigkeit erfolgen, was zum Theil aus dem Naturell des in der deutſchen Han- dels-Marine verwendeten Menſchenmateriales ſich er- klären läßt. Auf ſüdliche Völker wirkten ſolche Sicher- heit und Drillung impo- nirend, und thatſächlich hat die ſtramme Dienſtführung dem Norddeutſchen Lloyd viele tauſende Paſſagiere aus fremden Nationen zu- geführt, welche die Dampfer dieſer Geſellſchaft denen aller anderen vorziehen. Die herkömmlichen Rettungsbojen, welche die Geſtalt von großen Ringen haben, ſind wohl allgemein bekannt. In neueſter Zeit hat der Segelmacher William Brandt in Lübeck einen Rettungsapparat conſtruirt, der die Form der erwähnten Rettungsringe hat, im Uebrigen aber ſich neben ſeinen außergewöhnlichen Dimenſionen durch beſondere Einrichtung auszeichnet. Der Ring iſt innen hohl und hat zahlreiche Querwände, die bei eingetretener Beſchädigung der äußeren Wandung ein gänzliches Volllaufen verhindern. Uebrigens iſt die Gefahr einer Zertrümmerung nicht groß, da der Ring, trotz ſeiner ungewöhnlichen Abmeſſungen, ſehr elaſtiſch und leicht zu behandeln iſt. Zwei, zur Noth ſogar ein einzelner

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Zitationshilfe: Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900, S. 458. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_cyklopen_1900/510>, abgerufen am 22.11.2024.