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Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900.

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Erster Abschnitt.

Bei einer Dampf- oder sonstigen Kraftmaschine mit mehreren Cylindern, die
einzeln oder in Gruppen auf verschiedene Kurbeln einer und derselben Welle
arbeiten, entstehen durch die Massenwirkung der bewegten Maschinentheile be-
deutende Kräfte, die das Fundament der Maschine in nachtheiliger Weise beanspruchen.
Die Beanspruchungen bestehen unter der Voraussetzung, daß die Cylindermittel
in einer Ebene liegen, einestheils in Drucken, die das Gestell in der Richtung
der Kolbenstangen zu verschieben suchen, und anderntheils in Kräften, welche die
ganze Maschine in der Ebene der Cylindermittel zu verdrehen streben. Faßt man
beispielsweise eine Maschine mit aufrechtstehenden Cylinder ins Auge, so werden
Kräfte auftreten, die sowohl das Gestell abwechselnd nach oben und unten zu
bewegen, als auch die Maschine an den beiden Wellenenden aufzukippen suchen.
Solche Kräfte wirken namentlich da besonders nachtheilig, wo es nicht möglich ist,
ein genügend widerstandsfähiges Fundament zu schaffen, also bei den Schiffs-
maschinen.

Diesen Uebelstand hat man bis jetzt, soweit überhaupt für die Praxis brauch-
bare Constructionen in Betracht kommen, nur durch die Verwendung von schweren
Gegengewichten beseitigen können. Die letzten besitzen jedoch nicht nur den Uebel-
stand, daß sie, wenn man sich derselben ganz allein zur Ausgleichung der Massen-
wirkung bedient, ganz bedeutende Massen erfordern und dadurch bei der Bedienung
der Maschine hinderlich werden, sondern daß während die Massendrücke in der
Kolbenstangenrichtung ausgeglichen werden, neue, ebenso große schädliche Kräfte
auftreten, die rechtwinklig zur Kolbenstange liegen. Die Massendrücke werden also
nicht vernichtet, sondern nur in ihrer Richtung um 90 Grad verdreht.

Die Schlick'sche Erfindung besteht nun darin, die Ausgleichs- oder Gegen-
gewichte soweit durch bewegte Gestängemassen oder sonstige Maschinentheile ganz oder
thunlich zu ersetzen. Die Eigenartigkeit der Neuerung beruht also darauf, daß für
den wünschenswerthen Ausgleich der Massenwirkungen auf das Fundament eine
solche Lösung gefunden ist, welche nicht nur das Fortfallen der lästigen Aus-
gleichs- oder Gegengewichte ganz oder theilweise ermöglicht, sondern die zur Er-
richtung des angestrebten Zieles hauptsächlich bewegten Theile der Maschine selbst
benützt, die nicht als todte Massen aufgeschleppt zu werden brauchen, sondern direct
wirksame Maschinentheile bilden. Wichtig ist es noch hierbei, daß durch die Schlick'sche
Erfindung beide Arten der schädlichen Beanspruchung des Fundamentes gleichzeitig
vermieden werden können, nämlich die Verschiebung in der Richtung der Kolben-
stangen und die Verdrehung in der Kolbenstangenebene, und ferner, daß die
Ausgleichung der Maschinendrücke, wenn man von den durch die endliche Länge der
Pleuel- und Excenterstangen bedingten kleinen Fehlern absieht, durch die fragliche
Erfindung mathematisch genau möglich ist.

Bevor wir die Schlick'sche Neuerung eingehends erläutern, sei auf die
zwei folgenden Sachverhalte hingewiesen. Die in Fig. 348, 2 dargestellte Maschine
besitzt drei Kurbeln k1, k2, k3, auf deren jede ein Cylinder arbeitet. Die mittlere

Erſter Abſchnitt.

Bei einer Dampf- oder ſonſtigen Kraftmaſchine mit mehreren Cylindern, die
einzeln oder in Gruppen auf verſchiedene Kurbeln einer und derſelben Welle
arbeiten, entſtehen durch die Maſſenwirkung der bewegten Maſchinentheile be-
deutende Kräfte, die das Fundament der Maſchine in nachtheiliger Weiſe beanſpruchen.
Die Beanſpruchungen beſtehen unter der Vorausſetzung, daß die Cylindermittel
in einer Ebene liegen, einestheils in Drucken, die das Geſtell in der Richtung
der Kolbenſtangen zu verſchieben ſuchen, und anderntheils in Kräften, welche die
ganze Maſchine in der Ebene der Cylindermittel zu verdrehen ſtreben. Faßt man
beiſpielsweiſe eine Maſchine mit aufrechtſtehenden Cylinder ins Auge, ſo werden
Kräfte auftreten, die ſowohl das Geſtell abwechſelnd nach oben und unten zu
bewegen, als auch die Maſchine an den beiden Wellenenden aufzukippen ſuchen.
Solche Kräfte wirken namentlich da beſonders nachtheilig, wo es nicht möglich iſt,
ein genügend widerſtandsfähiges Fundament zu ſchaffen, alſo bei den Schiffs-
maſchinen.

Dieſen Uebelſtand hat man bis jetzt, ſoweit überhaupt für die Praxis brauch-
bare Conſtructionen in Betracht kommen, nur durch die Verwendung von ſchweren
Gegengewichten beſeitigen können. Die letzten beſitzen jedoch nicht nur den Uebel-
ſtand, daß ſie, wenn man ſich derſelben ganz allein zur Ausgleichung der Maſſen-
wirkung bedient, ganz bedeutende Maſſen erfordern und dadurch bei der Bedienung
der Maſchine hinderlich werden, ſondern daß während die Maſſendrücke in der
Kolbenſtangenrichtung ausgeglichen werden, neue, ebenſo große ſchädliche Kräfte
auftreten, die rechtwinklig zur Kolbenſtange liegen. Die Maſſendrücke werden alſo
nicht vernichtet, ſondern nur in ihrer Richtung um 90 Grad verdreht.

Die Schlick'ſche Erfindung beſteht nun darin, die Ausgleichs- oder Gegen-
gewichte ſoweit durch bewegte Geſtängemaſſen oder ſonſtige Maſchinentheile ganz oder
thunlich zu erſetzen. Die Eigenartigkeit der Neuerung beruht alſo darauf, daß für
den wünſchenswerthen Ausgleich der Maſſenwirkungen auf das Fundament eine
ſolche Löſung gefunden iſt, welche nicht nur das Fortfallen der läſtigen Aus-
gleichs- oder Gegengewichte ganz oder theilweiſe ermöglicht, ſondern die zur Er-
richtung des angeſtrebten Zieles hauptſächlich bewegten Theile der Maſchine ſelbſt
benützt, die nicht als todte Maſſen aufgeſchleppt zu werden brauchen, ſondern direct
wirkſame Maſchinentheile bilden. Wichtig iſt es noch hierbei, daß durch die Schlick'ſche
Erfindung beide Arten der ſchädlichen Beanſpruchung des Fundamentes gleichzeitig
vermieden werden können, nämlich die Verſchiebung in der Richtung der Kolben-
ſtangen und die Verdrehung in der Kolbenſtangenebene, und ferner, daß die
Ausgleichung der Maſchinendrücke, wenn man von den durch die endliche Länge der
Pleuel- und Excenterſtangen bedingten kleinen Fehlern abſieht, durch die fragliche
Erfindung mathematiſch genau möglich iſt.

Bevor wir die Schlick'ſche Neuerung eingehends erläutern, ſei auf die
zwei folgenden Sachverhalte hingewieſen. Die in Fig. 348, 2 dargeſtellte Maſchine
beſitzt drei Kurbeln k1, k2, k3, auf deren jede ein Cylinder arbeitet. Die mittlere

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[436/0486] Erſter Abſchnitt. Bei einer Dampf- oder ſonſtigen Kraftmaſchine mit mehreren Cylindern, die einzeln oder in Gruppen auf verſchiedene Kurbeln einer und derſelben Welle arbeiten, entſtehen durch die Maſſenwirkung der bewegten Maſchinentheile be- deutende Kräfte, die das Fundament der Maſchine in nachtheiliger Weiſe beanſpruchen. Die Beanſpruchungen beſtehen unter der Vorausſetzung, daß die Cylindermittel in einer Ebene liegen, einestheils in Drucken, die das Geſtell in der Richtung der Kolbenſtangen zu verſchieben ſuchen, und anderntheils in Kräften, welche die ganze Maſchine in der Ebene der Cylindermittel zu verdrehen ſtreben. Faßt man beiſpielsweiſe eine Maſchine mit aufrechtſtehenden Cylinder ins Auge, ſo werden Kräfte auftreten, die ſowohl das Geſtell abwechſelnd nach oben und unten zu bewegen, als auch die Maſchine an den beiden Wellenenden aufzukippen ſuchen. Solche Kräfte wirken namentlich da beſonders nachtheilig, wo es nicht möglich iſt, ein genügend widerſtandsfähiges Fundament zu ſchaffen, alſo bei den Schiffs- maſchinen. Dieſen Uebelſtand hat man bis jetzt, ſoweit überhaupt für die Praxis brauch- bare Conſtructionen in Betracht kommen, nur durch die Verwendung von ſchweren Gegengewichten beſeitigen können. Die letzten beſitzen jedoch nicht nur den Uebel- ſtand, daß ſie, wenn man ſich derſelben ganz allein zur Ausgleichung der Maſſen- wirkung bedient, ganz bedeutende Maſſen erfordern und dadurch bei der Bedienung der Maſchine hinderlich werden, ſondern daß während die Maſſendrücke in der Kolbenſtangenrichtung ausgeglichen werden, neue, ebenſo große ſchädliche Kräfte auftreten, die rechtwinklig zur Kolbenſtange liegen. Die Maſſendrücke werden alſo nicht vernichtet, ſondern nur in ihrer Richtung um 90 Grad verdreht. Die Schlick'ſche Erfindung beſteht nun darin, die Ausgleichs- oder Gegen- gewichte ſoweit durch bewegte Geſtängemaſſen oder ſonſtige Maſchinentheile ganz oder thunlich zu erſetzen. Die Eigenartigkeit der Neuerung beruht alſo darauf, daß für den wünſchenswerthen Ausgleich der Maſſenwirkungen auf das Fundament eine ſolche Löſung gefunden iſt, welche nicht nur das Fortfallen der läſtigen Aus- gleichs- oder Gegengewichte ganz oder theilweiſe ermöglicht, ſondern die zur Er- richtung des angeſtrebten Zieles hauptſächlich bewegten Theile der Maſchine ſelbſt benützt, die nicht als todte Maſſen aufgeſchleppt zu werden brauchen, ſondern direct wirkſame Maſchinentheile bilden. Wichtig iſt es noch hierbei, daß durch die Schlick'ſche Erfindung beide Arten der ſchädlichen Beanſpruchung des Fundamentes gleichzeitig vermieden werden können, nämlich die Verſchiebung in der Richtung der Kolben- ſtangen und die Verdrehung in der Kolbenſtangenebene, und ferner, daß die Ausgleichung der Maſchinendrücke, wenn man von den durch die endliche Länge der Pleuel- und Excenterſtangen bedingten kleinen Fehlern abſieht, durch die fragliche Erfindung mathematiſch genau möglich iſt. Bevor wir die Schlick'ſche Neuerung eingehends erläutern, ſei auf die zwei folgenden Sachverhalte hingewieſen. Die in Fig. 348, 2 dargeſtellte Maſchine beſitzt drei Kurbeln k1, k2, k3, auf deren jede ein Cylinder arbeitet. Die mittlere

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Zitationshilfe: Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900, S. 436. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_cyklopen_1900/486>, abgerufen am 25.11.2024.