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Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900.

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Erster Abschnitt.
öffnen und schließen. Die Excenterstangen tragen am äußeren Ende Haken, welche
einen Zapfen in die Höhle der Hebestangen einspielen lassen. Je nachdem nun
das Schiff ablaufen oder wenden soll, werden diese Vorrichtungen in Thätigkeit
versetzt, und durch ihre Vermittelung bezüglich der Dampfeinströmung vollführt
der Dampfer die gewünschte Bewegung.

Links von beiden Rohren, und zwar in unmittelbarer Nähe des Aus-
strömungsrohres, ist ein Handrad auf senkrecht gestellter Säule ersichtlich, das
zur Oeffnung des Dampfventils für die Anlaßmaschine dient, wogegen die zwei
ähnlich construirten Regulirvorrichtungen an der entgegengesetzten Seite zur Stel-
lung des Injectorventils und zur Regulirung der Function des Condensators
dienen. Der letztere befindet sich vor dem Dampfcylinder unterhalb des Oberdeckes;
hinter dem Dampfcylinder befindet sich die Ventilatorpumpe, welche mittelst Trans-
mission durch die Radwelle angetrieben wird. Die Schaufelräder haben bewegliche
Schaufeln, und zwar je zwölf aus starkem Stahlblech und von etwas cylindrisch
eingehöhlter Form; sie sind 90 Centimeter breit und 3.6 Meter lang. Die Räder
haben einen Durchmesser von 9 Meter. Sie machen 26 Umdrehungen in der Minute.

Außer der Betriebsmaschiene, welche 4000 Pferdestärken indicirt, sind noch
mehrere Hilfsmaschinen vorhanden, darunter eine Lösch- und Ladenmaschine nach
dem System Worthington, welche auch zu Feuerlösch- und Pumpzwecken dient,
sowie eine Schlagpumpe im Zwischendeck. Beide Maschinen bewältigen in der
Minute gegen 3800 Liter Wasser. Ungefähr 2400 elektrische Lampen besorgen die
Beleuchtung sämmtlicher Schiffsräume, und ein Scheinwerfer am Steuerhause ver-
mag das Fahrwasser in einem Umkreise von 3 Kilometer taghell zu beleuchten.

Man hat, vornehmlich in England, fast bis in die jüngste Zeit herein die
Behauptung vertreten, die Amerikaner verstünden keine Seeschiffe, d. h. moderne
Prachtdampfer, wie sie Europa in unübersehbarer Zahl aufweist, zu bauen. Das
hat zur Zeit keine Giltigkeit mehr. Zwischen New-York und den Küstenstädten von
Massachusetts begann schon in den Dreißigerjahren ein lebhafter Verkehr sich zu
entwickeln, den auch die nachmals ins Leben getretenen Küstenbahnen nicht lahm-
zulegen vermochten. Viele dieser "Bai-Dampfer" -- wie man sie in Amerika
nennt -- und welche dem gemischten Verkehr für Personen und Frachtgut dienen,
sind aus Stahl gebaut und gehören zu den größten, schönsten und besteingerich-
teten Passagierdampfern der Welt. Sie sind, wie die Flußdampfer, flachbodige
Raddampfer mit geradem Vordersteven, deren Räder mit 12 bis 13 beweglichen,
gekrümmten Schaufeln bei 4.2 Meter Breite 10.6 Meter Durchmesser haben.
Während der 1887 erbaute "Puritan" noch eine Woolf'sche Balanciermaschine mit
zwei Cylindern hat, gab man dem 1891 erbauten "Plymouth" eine viercylindrige
Maschine mit dreistufiger Dampfspannung, während ihr Schwesterschiff "Priscilla"
von 129.7 Meter Länge und 2673 Tonnen eine diagonale Zweifach-Expansionsmaschine
erhielt. Auf dem "Puritan" erreicht die Kolbengeschwindigkeit 204.8 Meter, auf
der "Plymouth" 130.7 und auf der "Priscilla" 167.6 bis 174.3 Meter. Diese

Erſter Abſchnitt.
öffnen und ſchließen. Die Excenterſtangen tragen am äußeren Ende Haken, welche
einen Zapfen in die Höhle der Hebeſtangen einſpielen laſſen. Je nachdem nun
das Schiff ablaufen oder wenden ſoll, werden dieſe Vorrichtungen in Thätigkeit
verſetzt, und durch ihre Vermittelung bezüglich der Dampfeinſtrömung vollführt
der Dampfer die gewünſchte Bewegung.

Links von beiden Rohren, und zwar in unmittelbarer Nähe des Aus-
ſtrömungsrohres, iſt ein Handrad auf ſenkrecht geſtellter Säule erſichtlich, das
zur Oeffnung des Dampfventils für die Anlaßmaſchine dient, wogegen die zwei
ähnlich conſtruirten Regulirvorrichtungen an der entgegengeſetzten Seite zur Stel-
lung des Injectorventils und zur Regulirung der Function des Condenſators
dienen. Der letztere befindet ſich vor dem Dampfcylinder unterhalb des Oberdeckes;
hinter dem Dampfcylinder befindet ſich die Ventilatorpumpe, welche mittelſt Trans-
miſſion durch die Radwelle angetrieben wird. Die Schaufelräder haben bewegliche
Schaufeln, und zwar je zwölf aus ſtarkem Stahlblech und von etwas cylindriſch
eingehöhlter Form; ſie ſind 90 Centimeter breit und 3‧6 Meter lang. Die Räder
haben einen Durchmeſſer von 9 Meter. Sie machen 26 Umdrehungen in der Minute.

Außer der Betriebsmaſchiene, welche 4000 Pferdeſtärken indicirt, ſind noch
mehrere Hilfsmaſchinen vorhanden, darunter eine Löſch- und Ladenmaſchine nach
dem Syſtem Worthington, welche auch zu Feuerlöſch- und Pumpzwecken dient,
ſowie eine Schlagpumpe im Zwiſchendeck. Beide Maſchinen bewältigen in der
Minute gegen 3800 Liter Waſſer. Ungefähr 2400 elektriſche Lampen beſorgen die
Beleuchtung ſämmtlicher Schiffsräume, und ein Scheinwerfer am Steuerhauſe ver-
mag das Fahrwaſſer in einem Umkreiſe von 3 Kilometer taghell zu beleuchten.

Man hat, vornehmlich in England, faſt bis in die jüngſte Zeit herein die
Behauptung vertreten, die Amerikaner verſtünden keine Seeſchiffe, d. h. moderne
Prachtdampfer, wie ſie Europa in unüberſehbarer Zahl aufweiſt, zu bauen. Das
hat zur Zeit keine Giltigkeit mehr. Zwiſchen New-York und den Küſtenſtädten von
Maſſachuſetts begann ſchon in den Dreißigerjahren ein lebhafter Verkehr ſich zu
entwickeln, den auch die nachmals ins Leben getretenen Küſtenbahnen nicht lahm-
zulegen vermochten. Viele dieſer »Bai-Dampfer« — wie man ſie in Amerika
nennt — und welche dem gemiſchten Verkehr für Perſonen und Frachtgut dienen,
ſind aus Stahl gebaut und gehören zu den größten, ſchönſten und beſteingerich-
teten Paſſagierdampfern der Welt. Sie ſind, wie die Flußdampfer, flachbodige
Raddampfer mit geradem Vorderſteven, deren Räder mit 12 bis 13 beweglichen,
gekrümmten Schaufeln bei 4‧2 Meter Breite 10‧6 Meter Durchmeſſer haben.
Während der 1887 erbaute »Puritan« noch eine Woolf'ſche Balanciermaſchine mit
zwei Cylindern hat, gab man dem 1891 erbauten »Plymouth« eine viercylindrige
Maſchine mit dreiſtufiger Dampfſpannung, während ihr Schweſterſchiff »Priscilla«
von 129‧7 Meter Länge und 2673 Tonnen eine diagonale Zweifach-Expanſionsmaſchine
erhielt. Auf dem »Puritan« erreicht die Kolbengeſchwindigkeit 204‧8 Meter, auf
der »Plymouth« 130‧7 und auf der »Priscilla« 167‧6 bis 174‧3 Meter. Dieſe

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[420/0468] Erſter Abſchnitt. öffnen und ſchließen. Die Excenterſtangen tragen am äußeren Ende Haken, welche einen Zapfen in die Höhle der Hebeſtangen einſpielen laſſen. Je nachdem nun das Schiff ablaufen oder wenden ſoll, werden dieſe Vorrichtungen in Thätigkeit verſetzt, und durch ihre Vermittelung bezüglich der Dampfeinſtrömung vollführt der Dampfer die gewünſchte Bewegung. Links von beiden Rohren, und zwar in unmittelbarer Nähe des Aus- ſtrömungsrohres, iſt ein Handrad auf ſenkrecht geſtellter Säule erſichtlich, das zur Oeffnung des Dampfventils für die Anlaßmaſchine dient, wogegen die zwei ähnlich conſtruirten Regulirvorrichtungen an der entgegengeſetzten Seite zur Stel- lung des Injectorventils und zur Regulirung der Function des Condenſators dienen. Der letztere befindet ſich vor dem Dampfcylinder unterhalb des Oberdeckes; hinter dem Dampfcylinder befindet ſich die Ventilatorpumpe, welche mittelſt Trans- miſſion durch die Radwelle angetrieben wird. Die Schaufelräder haben bewegliche Schaufeln, und zwar je zwölf aus ſtarkem Stahlblech und von etwas cylindriſch eingehöhlter Form; ſie ſind 90 Centimeter breit und 3‧6 Meter lang. Die Räder haben einen Durchmeſſer von 9 Meter. Sie machen 26 Umdrehungen in der Minute. Außer der Betriebsmaſchiene, welche 4000 Pferdeſtärken indicirt, ſind noch mehrere Hilfsmaſchinen vorhanden, darunter eine Löſch- und Ladenmaſchine nach dem Syſtem Worthington, welche auch zu Feuerlöſch- und Pumpzwecken dient, ſowie eine Schlagpumpe im Zwiſchendeck. Beide Maſchinen bewältigen in der Minute gegen 3800 Liter Waſſer. Ungefähr 2400 elektriſche Lampen beſorgen die Beleuchtung ſämmtlicher Schiffsräume, und ein Scheinwerfer am Steuerhauſe ver- mag das Fahrwaſſer in einem Umkreiſe von 3 Kilometer taghell zu beleuchten. Man hat, vornehmlich in England, faſt bis in die jüngſte Zeit herein die Behauptung vertreten, die Amerikaner verſtünden keine Seeſchiffe, d. h. moderne Prachtdampfer, wie ſie Europa in unüberſehbarer Zahl aufweiſt, zu bauen. Das hat zur Zeit keine Giltigkeit mehr. Zwiſchen New-York und den Küſtenſtädten von Maſſachuſetts begann ſchon in den Dreißigerjahren ein lebhafter Verkehr ſich zu entwickeln, den auch die nachmals ins Leben getretenen Küſtenbahnen nicht lahm- zulegen vermochten. Viele dieſer »Bai-Dampfer« — wie man ſie in Amerika nennt — und welche dem gemiſchten Verkehr für Perſonen und Frachtgut dienen, ſind aus Stahl gebaut und gehören zu den größten, ſchönſten und beſteingerich- teten Paſſagierdampfern der Welt. Sie ſind, wie die Flußdampfer, flachbodige Raddampfer mit geradem Vorderſteven, deren Räder mit 12 bis 13 beweglichen, gekrümmten Schaufeln bei 4‧2 Meter Breite 10‧6 Meter Durchmeſſer haben. Während der 1887 erbaute »Puritan« noch eine Woolf'ſche Balanciermaſchine mit zwei Cylindern hat, gab man dem 1891 erbauten »Plymouth« eine viercylindrige Maſchine mit dreiſtufiger Dampfſpannung, während ihr Schweſterſchiff »Priscilla« von 129‧7 Meter Länge und 2673 Tonnen eine diagonale Zweifach-Expanſionsmaſchine erhielt. Auf dem »Puritan« erreicht die Kolbengeſchwindigkeit 204‧8 Meter, auf der »Plymouth« 130‧7 und auf der »Priscilla« 167‧6 bis 174‧3 Meter. Dieſe

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Zitationshilfe: Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900, S. 420. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_cyklopen_1900/468>, abgerufen am 22.11.2024.