brücke, hinzu. In Folge dessen traten vier Brückenbauanstalten in die Concurrenz ein, von welchen, auf Grund der vorliegenden Entwürfe, drei Werke detaillirte Projecte vorlegten. Die "Gutehoffnungshütte" wählte die Gerüstbrücke, die Actien- gesellschaft "Harkort" die Kragbrücke, die Maschinenbau-Actiengesellschaft "Nürnberg" die Bogenbrücke. Die letztgenannte Gesellschaft erhielt auf Grund ihres Entwurfes und Angebotes als Mindestfordernde den Zuschlag auf Ausführung des ganzen Bauwerkes.
Der Bau wurde mit Einrichtung des Bauplatzes und der Maschinenanlagen, der Herstellung der Fördergeleise und der Verbindungsbrücke über die Wupper im Juli 1893 eingeleitet. Im Jahre 1894 wurde das Mauerwerk für die Fundirung der gewaltigen Eisenpfeiler aufgeführt und alsdann diese am 1. April 1895 in Angriff genommen. Am 15. Juli 1896 war die Ausführung der Pfeiler und der
[Abbildung]
Fig. 236.
Die Thalbrücke bei Müngsten.
Gerüstbrücken so weit fertiggestellt, daß man die Aufstellung der großen Bogenhälften in Angriff nehmen konnte, welche ohne feste Gerüste erfolgte, indem das Eisenwerk von beiden Seiten als freischwebend vorgebaut wurde. Bereits in der zweiten Hälfte des März 1897 war es möglich, den Bogen zu schließen. Am 14. Juli wurde die gewaltige Brücke dem Verkehr übergeben.
Was die Construction der 465 Meter langen Brücke anbelangt, sei erwähnt, daß dieselbe, zweigeleisig aufgebaut, das Eisengewicht (Thomasmaterial) 5100 Tonnen beträgt und zur Fundirung der Pfeiler und des großen Bogens 10.000 Cubikmeter Mauerwerk erforderlich waren. Die Gesammtkosten bezifferten sich auf 2,750.000 Mark, welchen die Accordsumme von 2,244.000 Mark gegenüberstand. Der Hauptbogen über dem Wupperthale hat eine überhöhte parabolische Form erhalten. Es mußte dies, obwohl ein Kreisbogen bei weitem schöner gewirkt hätte, geschehen, um behufs Verminderung des Eisengewichtes die Stützweite möglichst einzuschränken. Der Bogen setzt sich nicht, wie bei ähnlichen Ausführungen, mit Gelenken, sondern mit Flächen- lagern auf sein Fundament auf. Diese Anordnung erscheint deshalb bei der ge- wählten Montirungsart besonders zweckmäßig, weil hier die größten Gewichte des
Zweiter Abſchnitt.
brücke, hinzu. In Folge deſſen traten vier Brückenbauanſtalten in die Concurrenz ein, von welchen, auf Grund der vorliegenden Entwürfe, drei Werke detaillirte Projecte vorlegten. Die »Gutehoffnungshütte« wählte die Gerüſtbrücke, die Actien- geſellſchaft »Harkort« die Kragbrücke, die Maſchinenbau-Actiengeſellſchaft »Nürnberg« die Bogenbrücke. Die letztgenannte Geſellſchaft erhielt auf Grund ihres Entwurfes und Angebotes als Mindeſtfordernde den Zuſchlag auf Ausführung des ganzen Bauwerkes.
Der Bau wurde mit Einrichtung des Bauplatzes und der Maſchinenanlagen, der Herſtellung der Fördergeleiſe und der Verbindungsbrücke über die Wupper im Juli 1893 eingeleitet. Im Jahre 1894 wurde das Mauerwerk für die Fundirung der gewaltigen Eiſenpfeiler aufgeführt und alsdann dieſe am 1. April 1895 in Angriff genommen. Am 15. Juli 1896 war die Ausführung der Pfeiler und der
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Fig. 236.
Die Thalbrücke bei Müngſten.
Gerüſtbrücken ſo weit fertiggeſtellt, daß man die Aufſtellung der großen Bogenhälften in Angriff nehmen konnte, welche ohne feſte Gerüſte erfolgte, indem das Eiſenwerk von beiden Seiten als freiſchwebend vorgebaut wurde. Bereits in der zweiten Hälfte des März 1897 war es möglich, den Bogen zu ſchließen. Am 14. Juli wurde die gewaltige Brücke dem Verkehr übergeben.
Was die Conſtruction der 465 Meter langen Brücke anbelangt, ſei erwähnt, daß dieſelbe, zweigeleiſig aufgebaut, das Eiſengewicht (Thomasmaterial) 5100 Tonnen beträgt und zur Fundirung der Pfeiler und des großen Bogens 10.000 Cubikmeter Mauerwerk erforderlich waren. Die Geſammtkoſten bezifferten ſich auf 2,750.000 Mark, welchen die Accordſumme von 2,244.000 Mark gegenüberſtand. Der Hauptbogen über dem Wupperthale hat eine überhöhte paraboliſche Form erhalten. Es mußte dies, obwohl ein Kreisbogen bei weitem ſchöner gewirkt hätte, geſchehen, um behufs Verminderung des Eiſengewichtes die Stützweite möglichſt einzuſchränken. Der Bogen ſetzt ſich nicht, wie bei ähnlichen Ausführungen, mit Gelenken, ſondern mit Flächen- lagern auf ſein Fundament auf. Dieſe Anordnung erſcheint deshalb bei der ge- wählten Montirungsart beſonders zweckmäßig, weil hier die größten Gewichte des
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Zweiter Abſchnitt.
brücke, hinzu. In Folge deſſen traten vier Brückenbauanſtalten in die Concurrenz
ein, von welchen, auf Grund der vorliegenden Entwürfe, drei Werke detaillirte
Projecte vorlegten. Die »Gutehoffnungshütte« wählte die Gerüſtbrücke, die Actien-
geſellſchaft »Harkort« die Kragbrücke, die Maſchinenbau-Actiengeſellſchaft »Nürnberg«
die Bogenbrücke. Die letztgenannte Geſellſchaft erhielt auf Grund ihres Entwurfes
und Angebotes als Mindeſtfordernde den Zuſchlag auf Ausführung des ganzen
Bauwerkes.
Der Bau wurde mit Einrichtung des Bauplatzes und der Maſchinenanlagen,
der Herſtellung der Fördergeleiſe und der Verbindungsbrücke über die Wupper im
Juli 1893 eingeleitet. Im Jahre 1894 wurde das Mauerwerk für die Fundirung
der gewaltigen Eiſenpfeiler aufgeführt und alsdann dieſe am 1. April 1895 in
Angriff genommen. Am 15. Juli 1896 war die Ausführung der Pfeiler und der
[Abbildung Fig. 236. Die Thalbrücke bei Müngſten.]
Gerüſtbrücken ſo weit fertiggeſtellt, daß man die Aufſtellung der großen Bogenhälften
in Angriff nehmen konnte, welche ohne feſte Gerüſte erfolgte, indem das Eiſenwerk
von beiden Seiten als freiſchwebend vorgebaut wurde. Bereits in der zweiten Hälfte
des März 1897 war es möglich, den Bogen zu ſchließen. Am 14. Juli wurde
die gewaltige Brücke dem Verkehr übergeben.
Was die Conſtruction der 465 Meter langen Brücke anbelangt, ſei erwähnt,
daß dieſelbe, zweigeleiſig aufgebaut, das Eiſengewicht (Thomasmaterial) 5100 Tonnen
beträgt und zur Fundirung der Pfeiler und des großen Bogens 10.000 Cubikmeter
Mauerwerk erforderlich waren. Die Geſammtkoſten bezifferten ſich auf 2,750.000 Mark,
welchen die Accordſumme von 2,244.000 Mark gegenüberſtand. Der Hauptbogen
über dem Wupperthale hat eine überhöhte paraboliſche Form erhalten. Es mußte
dies, obwohl ein Kreisbogen bei weitem ſchöner gewirkt hätte, geſchehen, um behufs
Verminderung des Eiſengewichtes die Stützweite möglichſt einzuſchränken. Der Bogen
ſetzt ſich nicht, wie bei ähnlichen Ausführungen, mit Gelenken, ſondern mit Flächen-
lagern auf ſein Fundament auf. Dieſe Anordnung erſcheint deshalb bei der ge-
wählten Montirungsart beſonders zweckmäßig, weil hier die größten Gewichte des
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Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900, S. 284. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_cyklopen_1900/320>, abgerufen am 25.11.2024.
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