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Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900.

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Die Prüfung des Eisens.
der Probestücke zeigten und wenig in die Tiefe reichten. Nach Entfernung der fein-
brüchigen Oberfläche bis zur Dicke von ungefähr 1 Centimeter, zeigte der Stahl-
körper keinerlei Haarrisse und Structurveränderungen, wenn man das Versuchsstück
den Schlägen des Bären aussetzte. Es verhielten sich also derart hergerichtete
Stücke ähnlich wie völlig neue. Ausglühen der alten, haarrissigen Schienen hatte,
ohne Anwendung einer weiteren Behandlung, den gleichen Erfolg, indem die aus-
geglühten Objecte ihre ursprünglichen Eigenschaften bezüglich der Festigkeit zeigten.

Die Untersuchungen Smith's blieben [Abbildung] Fig. 123.

Querschnitt einer Schiene nach 12jährigem
Gebrauche.


durch geraume Zeit unbeachtet, bis die
sich mehrenden Unglücksfälle in Folge
Schienen- oder Tiresbruches den In-
genieuren jene in Erinnerung brachten.
Sie wurden schon seinerzeit durch
J. E. Stead mit großem Eifer fort-
gesetzt, verallgemeinert und verbessert,
und es zeigte sich, daß deren Stich-
hältigkeit keinen Zweifel aufkommen ließ.
Interessant ist, daß beim Aufschlagen des
Bären auf die Schienen mit nach auf-
wärts gewendeten Köpfen jene ziemliche
Widerstandskraft zeigten; wendete man
aber die Schienen um (mit den Köpfen
nach abwärts), so genügte der Schlag bei
einem Bärgewicht von einer Tonne aus
nur 1.6 Meter Höhe, um eine sehr deutlich
wahrnehmbare Fractur hervorzurufen.

Die hier eingeschalteten Abbildungen (Fig. 119 bis 122), welche nach den be-
treffenden Original-Mikrophotographien in Holz geschnitten wurden, zeigen sehr
deutlich die Form und die Art der Zerstörungen im Stahlkörper, wie sich dieselben
unter dem Mikroskope darstellen. Prüft man die Längsschnitte der Structuren an
den am meisten zerstörten Stellen, so ergiebt sich, daß die Risse nur in der Nähe
der Oberfläche auftreten und nur wenige Millimeter in das Innere des Schienen-
kopfes reichen. Wurde diese Schichte von der ganzen Schiene entfernt und diese
hierauf dem Bären mit 6 Meter Fallhöhe ausgesetzt, so zeigten sich keine Risse,
also wie bei neuem Material. Auch bezüglich des Ausglühens ergaben sich bei den
Versuchen Stead's dieselben Resultate, wie bei denjenigen Smith's.

Die mitfolgenden Abbildungen lassen alle Aenderungen in der Structur des
Altmateriales erkennen. Fig. 119 zeigt die Haarrisse, welche aderförmig von der
Oberfläche des Schienenkopfes bis in die angeführte Tiefe eindringen; Fig. 120
und 121 sind Längsschnitte durch den Schienenkopf, Fig. 122 endlich veranschaulicht
die Structur eines durch längere Zeit im Gebrauche gestandenen Stahlmeißels.

Schweiger-Lerchenfeld. Im Reiche der Cyklopen. 9

Die Prüfung des Eiſens.
der Probeſtücke zeigten und wenig in die Tiefe reichten. Nach Entfernung der fein-
brüchigen Oberfläche bis zur Dicke von ungefähr 1 Centimeter, zeigte der Stahl-
körper keinerlei Haarriſſe und Structurveränderungen, wenn man das Verſuchsſtück
den Schlägen des Bären ausſetzte. Es verhielten ſich alſo derart hergerichtete
Stücke ähnlich wie völlig neue. Ausglühen der alten, haarriſſigen Schienen hatte,
ohne Anwendung einer weiteren Behandlung, den gleichen Erfolg, indem die aus-
geglühten Objecte ihre urſprünglichen Eigenſchaften bezüglich der Feſtigkeit zeigten.

Die Unterſuchungen Smith's blieben [Abbildung] Fig. 123.

Querſchnitt einer Schiene nach 12jährigem
Gebrauche.


durch geraume Zeit unbeachtet, bis die
ſich mehrenden Unglücksfälle in Folge
Schienen- oder Tiresbruches den In-
genieuren jene in Erinnerung brachten.
Sie wurden ſchon ſeinerzeit durch
J. E. Stead mit großem Eifer fort-
geſetzt, verallgemeinert und verbeſſert,
und es zeigte ſich, daß deren Stich-
hältigkeit keinen Zweifel aufkommen ließ.
Intereſſant iſt, daß beim Aufſchlagen des
Bären auf die Schienen mit nach auf-
wärts gewendeten Köpfen jene ziemliche
Widerſtandskraft zeigten; wendete man
aber die Schienen um (mit den Köpfen
nach abwärts), ſo genügte der Schlag bei
einem Bärgewicht von einer Tonne aus
nur 1‧6 Meter Höhe, um eine ſehr deutlich
wahrnehmbare Fractur hervorzurufen.

Die hier eingeſchalteten Abbildungen (Fig. 119 bis 122), welche nach den be-
treffenden Original-Mikrophotographien in Holz geſchnitten wurden, zeigen ſehr
deutlich die Form und die Art der Zerſtörungen im Stahlkörper, wie ſich dieſelben
unter dem Mikroſkope darſtellen. Prüft man die Längsſchnitte der Structuren an
den am meiſten zerſtörten Stellen, ſo ergiebt ſich, daß die Riſſe nur in der Nähe
der Oberfläche auftreten und nur wenige Millimeter in das Innere des Schienen-
kopfes reichen. Wurde dieſe Schichte von der ganzen Schiene entfernt und dieſe
hierauf dem Bären mit 6 Meter Fallhöhe ausgeſetzt, ſo zeigten ſich keine Riſſe,
alſo wie bei neuem Material. Auch bezüglich des Ausglühens ergaben ſich bei den
Verſuchen Stead's dieſelben Reſultate, wie bei denjenigen Smith's.

Die mitfolgenden Abbildungen laſſen alle Aenderungen in der Structur des
Altmateriales erkennen. Fig. 119 zeigt die Haarriſſe, welche aderförmig von der
Oberfläche des Schienenkopfes bis in die angeführte Tiefe eindringen; Fig. 120
und 121 ſind Längsſchnitte durch den Schienenkopf, Fig. 122 endlich veranſchaulicht
die Structur eines durch längere Zeit im Gebrauche geſtandenen Stahlmeißels.

Schweiger-Lerchenfeld. Im Reiche der Cyklopen. 9
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[129/0155] Die Prüfung des Eiſens. der Probeſtücke zeigten und wenig in die Tiefe reichten. Nach Entfernung der fein- brüchigen Oberfläche bis zur Dicke von ungefähr 1 Centimeter, zeigte der Stahl- körper keinerlei Haarriſſe und Structurveränderungen, wenn man das Verſuchsſtück den Schlägen des Bären ausſetzte. Es verhielten ſich alſo derart hergerichtete Stücke ähnlich wie völlig neue. Ausglühen der alten, haarriſſigen Schienen hatte, ohne Anwendung einer weiteren Behandlung, den gleichen Erfolg, indem die aus- geglühten Objecte ihre urſprünglichen Eigenſchaften bezüglich der Feſtigkeit zeigten. Die Unterſuchungen Smith's blieben [Abbildung Fig. 123. Querſchnitt einer Schiene nach 12jährigem Gebrauche.] durch geraume Zeit unbeachtet, bis die ſich mehrenden Unglücksfälle in Folge Schienen- oder Tiresbruches den In- genieuren jene in Erinnerung brachten. Sie wurden ſchon ſeinerzeit durch J. E. Stead mit großem Eifer fort- geſetzt, verallgemeinert und verbeſſert, und es zeigte ſich, daß deren Stich- hältigkeit keinen Zweifel aufkommen ließ. Intereſſant iſt, daß beim Aufſchlagen des Bären auf die Schienen mit nach auf- wärts gewendeten Köpfen jene ziemliche Widerſtandskraft zeigten; wendete man aber die Schienen um (mit den Köpfen nach abwärts), ſo genügte der Schlag bei einem Bärgewicht von einer Tonne aus nur 1‧6 Meter Höhe, um eine ſehr deutlich wahrnehmbare Fractur hervorzurufen. Die hier eingeſchalteten Abbildungen (Fig. 119 bis 122), welche nach den be- treffenden Original-Mikrophotographien in Holz geſchnitten wurden, zeigen ſehr deutlich die Form und die Art der Zerſtörungen im Stahlkörper, wie ſich dieſelben unter dem Mikroſkope darſtellen. Prüft man die Längsſchnitte der Structuren an den am meiſten zerſtörten Stellen, ſo ergiebt ſich, daß die Riſſe nur in der Nähe der Oberfläche auftreten und nur wenige Millimeter in das Innere des Schienen- kopfes reichen. Wurde dieſe Schichte von der ganzen Schiene entfernt und dieſe hierauf dem Bären mit 6 Meter Fallhöhe ausgeſetzt, ſo zeigten ſich keine Riſſe, alſo wie bei neuem Material. Auch bezüglich des Ausglühens ergaben ſich bei den Verſuchen Stead's dieſelben Reſultate, wie bei denjenigen Smith's. Die mitfolgenden Abbildungen laſſen alle Aenderungen in der Structur des Altmateriales erkennen. Fig. 119 zeigt die Haarriſſe, welche aderförmig von der Oberfläche des Schienenkopfes bis in die angeführte Tiefe eindringen; Fig. 120 und 121 ſind Längsſchnitte durch den Schienenkopf, Fig. 122 endlich veranſchaulicht die Structur eines durch längere Zeit im Gebrauche geſtandenen Stahlmeißels. Schweiger-Lerchenfeld. Im Reiche der Cyklopen. 9

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Zitationshilfe: Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_cyklopen_1900/155>, abgerufen am 24.11.2024.