Frage kommt. Dazu kommt -- was schon eingangs dieses Capitels flüchtig be- rührt wurde -- daß die Versuche mit einzelnen Probestäben durchaus nicht maß- gebend für die Qualität des gesammten Materiales sein können, sei es nun im guten oder im schlechten Sinne. Die Erfahrung hat dies im eminentesten Sinne gezeigt, wie beispielsweise bei den Eisenbahnmaterialien, indem dieselben in vielen Fällen trotz der glänzenden Zerreißproben späterhin sich nicht bewährt haben, während andererseits desqualificirtes Material sich wider Erwarten gut bewährt hat.
Damit ist die ausschließliche oder vorwiegende Anwendung der Zerreißproben etwas in Mißcredit gekommen und man hat ihr andere Methoden zugefügt. Dahin gehört zunächst die Biegeprobe, welche indeß nicht an Stäben, sondern -- was recht und billig ist -- an ganzen Gebrauchsstücken angestellt wird. Das Stück wird auf zwei in bestimmten Abständen placirte Stützen gelegt und in der Mitte belastet. Die zu ermittelnden Daten sind hier die Elasticitätsgrenze, die vorübergehende und die bleibende Durchbiegung, sowie die Biegungsfestigkeit.
Die dritte Methode ist die Schlagprobe. Zur Ermittelung der Zähigkeit des Materiales genügt es in den meisten Fällen, ein kleines Stückchen desselben auf dem Amboß zu hämmern; wird es platt, so ist es zähe, zerspringt es, so fehlt ihm diese wichtige Eigenschaft. Man begnügt sich aber nicht damit und stellt die Schlagproben vorzugsweise an ganzen Gebrauchsstücken an, und zwar in der Weise, daß man letzteres auf zwei Seiten unterstützt und die Mitte mittelst des aus ge- messener Höhe herabfallenden Bären bearbeitet. Die Methode läßt auf Grund der sich ergebenden Durchbiegung nach dem ersten Schlage beziehungsweise nach den folgenden Schlägen bis zum Eintritte des Bruches ein selten täuschendes Urtheil über die Qualität des geprüften Materiales für bestimmte Zwecke zu, und zwar bezüglich seiner Weichheit oder Härte, beziehungsweise auch seiner Zähigkeit oder Sprödigkeit.
Alle Prüfungsmethoden, welche an den Fertig-Fabrikaten angestellt werden, erfahren unter gewissen Voraussetzungen ihre Remedur durch Untersuchung desselben Materiales nach kürzerer oder längerer Gebrauchnahme, weil hier zu der Theorie die Erfahrung hinzutritt. Wir wollen diesen Sachverhalt an der Hand specieller Fälle etwas eingehender behandeln.
Gelegentliche Wahrnehmungen an angebrochenen alten Eisen- und Stahl- stücken, vornehmlich an lange im Dienste gestandenen Eisenbahnschienen, Tires (Radreifen) und Achsen, sowie auch an Brückenträgern nach intensiver Benützung u. s. w. haben mehr oder weniger eine auffallende Veränderung in der Structur des betreffenden Stückes dargethan. Schon im Jahre 1875 stellte der damalige Director der "Barrow Steel and Iron Cy.", Josiah T. Smith, eingehende mikroskopische Untersuchungen darüber an. Seine Proben gingen hauptsächlich darauf aus, die charakteristischen Veränderungen der Structur in lange benützten Eisen- und Stahlschienen zu ermitteln. Hierbei ergab sich zunächst, daß die betreffenden Stücke mehr oder minder feinbrüchig geworden waren.
Die Prüfung des Eiſens.
Frage kommt. Dazu kommt — was ſchon eingangs dieſes Capitels flüchtig be- rührt wurde — daß die Verſuche mit einzelnen Probeſtäben durchaus nicht maß- gebend für die Qualität des geſammten Materiales ſein können, ſei es nun im guten oder im ſchlechten Sinne. Die Erfahrung hat dies im eminenteſten Sinne gezeigt, wie beiſpielsweiſe bei den Eiſenbahnmaterialien, indem dieſelben in vielen Fällen trotz der glänzenden Zerreißproben ſpäterhin ſich nicht bewährt haben, während andererſeits desqualificirtes Material ſich wider Erwarten gut bewährt hat.
Damit iſt die ausſchließliche oder vorwiegende Anwendung der Zerreißproben etwas in Mißcredit gekommen und man hat ihr andere Methoden zugefügt. Dahin gehört zunächſt die Biegeprobe, welche indeß nicht an Stäben, ſondern — was recht und billig iſt — an ganzen Gebrauchsſtücken angeſtellt wird. Das Stück wird auf zwei in beſtimmten Abſtänden placirte Stützen gelegt und in der Mitte belaſtet. Die zu ermittelnden Daten ſind hier die Elaſticitätsgrenze, die vorübergehende und die bleibende Durchbiegung, ſowie die Biegungsfeſtigkeit.
Die dritte Methode iſt die Schlagprobe. Zur Ermittelung der Zähigkeit des Materiales genügt es in den meiſten Fällen, ein kleines Stückchen desſelben auf dem Amboß zu hämmern; wird es platt, ſo iſt es zähe, zerſpringt es, ſo fehlt ihm dieſe wichtige Eigenſchaft. Man begnügt ſich aber nicht damit und ſtellt die Schlagproben vorzugsweiſe an ganzen Gebrauchsſtücken an, und zwar in der Weiſe, daß man letzteres auf zwei Seiten unterſtützt und die Mitte mittelſt des aus ge- meſſener Höhe herabfallenden Bären bearbeitet. Die Methode läßt auf Grund der ſich ergebenden Durchbiegung nach dem erſten Schlage beziehungsweiſe nach den folgenden Schlägen bis zum Eintritte des Bruches ein ſelten täuſchendes Urtheil über die Qualität des geprüften Materiales für beſtimmte Zwecke zu, und zwar bezüglich ſeiner Weichheit oder Härte, beziehungsweiſe auch ſeiner Zähigkeit oder Sprödigkeit.
Alle Prüfungsmethoden, welche an den Fertig-Fabrikaten angeſtellt werden, erfahren unter gewiſſen Vorausſetzungen ihre Remedur durch Unterſuchung desſelben Materiales nach kürzerer oder längerer Gebrauchnahme, weil hier zu der Theorie die Erfahrung hinzutritt. Wir wollen dieſen Sachverhalt an der Hand ſpecieller Fälle etwas eingehender behandeln.
Gelegentliche Wahrnehmungen an angebrochenen alten Eiſen- und Stahl- ſtücken, vornehmlich an lange im Dienſte geſtandenen Eiſenbahnſchienen, Tires (Radreifen) und Achſen, ſowie auch an Brückenträgern nach intenſiver Benützung u. ſ. w. haben mehr oder weniger eine auffallende Veränderung in der Structur des betreffenden Stückes dargethan. Schon im Jahre 1875 ſtellte der damalige Director der »Barrow Steel and Iron Cy.«, Joſiah T. Smith, eingehende mikroſkopiſche Unterſuchungen darüber an. Seine Proben gingen hauptſächlich darauf aus, die charakteriſtiſchen Veränderungen der Structur in lange benützten Eiſen- und Stahlſchienen zu ermitteln. Hierbei ergab ſich zunächſt, daß die betreffenden Stücke mehr oder minder feinbrüchig geworden waren.
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[127/0153]
Die Prüfung des Eiſens.
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gebend für die Qualität des geſammten Materiales ſein können, ſei es nun im guten
oder im ſchlechten Sinne. Die Erfahrung hat dies im eminenteſten Sinne gezeigt,
wie beiſpielsweiſe bei den Eiſenbahnmaterialien, indem dieſelben in vielen Fällen
trotz der glänzenden Zerreißproben ſpäterhin ſich nicht bewährt haben, während
andererſeits desqualificirtes Material ſich wider Erwarten gut bewährt hat.
Damit iſt die ausſchließliche oder vorwiegende Anwendung der Zerreißproben
etwas in Mißcredit gekommen und man hat ihr andere Methoden zugefügt. Dahin
gehört zunächſt die Biegeprobe, welche indeß nicht an Stäben, ſondern — was
recht und billig iſt — an ganzen Gebrauchsſtücken angeſtellt wird. Das Stück wird
auf zwei in beſtimmten Abſtänden placirte Stützen gelegt und in der Mitte belaſtet.
Die zu ermittelnden Daten ſind hier die Elaſticitätsgrenze, die vorübergehende und
die bleibende Durchbiegung, ſowie die Biegungsfeſtigkeit.
Die dritte Methode iſt die Schlagprobe. Zur Ermittelung der Zähigkeit
des Materiales genügt es in den meiſten Fällen, ein kleines Stückchen desſelben
auf dem Amboß zu hämmern; wird es platt, ſo iſt es zähe, zerſpringt es, ſo fehlt
ihm dieſe wichtige Eigenſchaft. Man begnügt ſich aber nicht damit und ſtellt die
Schlagproben vorzugsweiſe an ganzen Gebrauchsſtücken an, und zwar in der Weiſe,
daß man letzteres auf zwei Seiten unterſtützt und die Mitte mittelſt des aus ge-
meſſener Höhe herabfallenden Bären bearbeitet. Die Methode läßt auf Grund der
ſich ergebenden Durchbiegung nach dem erſten Schlage beziehungsweiſe nach den
folgenden Schlägen bis zum Eintritte des Bruches ein ſelten täuſchendes Urtheil
über die Qualität des geprüften Materiales für beſtimmte Zwecke zu, und zwar
bezüglich ſeiner Weichheit oder Härte, beziehungsweiſe auch ſeiner Zähigkeit oder
Sprödigkeit.
Alle Prüfungsmethoden, welche an den Fertig-Fabrikaten angeſtellt werden,
erfahren unter gewiſſen Vorausſetzungen ihre Remedur durch Unterſuchung desſelben
Materiales nach kürzerer oder längerer Gebrauchnahme, weil hier zu der Theorie
die Erfahrung hinzutritt. Wir wollen dieſen Sachverhalt an der Hand ſpecieller
Fälle etwas eingehender behandeln.
Gelegentliche Wahrnehmungen an angebrochenen alten Eiſen- und Stahl-
ſtücken, vornehmlich an lange im Dienſte geſtandenen Eiſenbahnſchienen, Tires
(Radreifen) und Achſen, ſowie auch an Brückenträgern nach intenſiver Benützung
u. ſ. w. haben mehr oder weniger eine auffallende Veränderung in der Structur
des betreffenden Stückes dargethan. Schon im Jahre 1875 ſtellte der damalige
Director der »Barrow Steel and Iron Cy.«, Joſiah T. Smith, eingehende
mikroſkopiſche Unterſuchungen darüber an. Seine Proben gingen hauptſächlich darauf
aus, die charakteriſtiſchen Veränderungen der Structur in lange benützten Eiſen-
und Stahlſchienen zu ermitteln. Hierbei ergab ſich zunächſt, daß die betreffenden
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Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_cyklopen_1900/153>, abgerufen am 24.11.2024.
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