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Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900.

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Vierter Abschnitt.
sehen sind, verwendet. An der Stelle, wo der Stab in das Walzwerk eintritt, haben
die Walzen eine geringere Geschwindigkeit als an der Austrittsstelle. Hieraus folgt,
daß die an der Eintrittsstelle zugeführte Metallmenge nie ausreicht, um den dar-
gebotenen Querschnitt an der Austrittsstelle auszufüllen. So muß, bei der rasend
schnellen Drehung des Arbeitsstückes, nothwendigerweise ein ringförmiger Quer-
schnitt entstehen, welche Bildung noch durch einen Dorn, der auf den Stab auf-
haltend wirkt, unterstützt werden kann.

Dies war das Vorstadium des Mannesmann'schen Verfahrens, das übrigens
in gewissen Fällen Anwendung findet. In der weiteren Entwickelung wurde eine
Anordnung getroffen, durch welche (Fig. 82) im Gegensatze zu dem Vorgebrachten
[Abbildung] Fig. 82.

Mannesmann-Walzverfahren.

die Austrittsstelle für das Walzstück enger
ist als die Eintrittsstelle, und es wird die
Bildung einer röhrenförmigen Aushöhlung
dadurch erzielt, daß die beiden Walzen
noch stärker konisch sind. An den mit
Pfeilen bezeichneten Stellen haben sie einen
doppelt so großen Durchmesser als am
anderen Ende und es besitzen in Folge
dessen diese Stellen eine doppelt so große
Umdrehungsgeschwindigkeit. Da nun das
Walzstück die Bewegung mitmachen muß,
so entsteht vermöge der Schleuderkraft in
demselben ein hohler Raum. Ferner sind
die Walzen, wie aus der Schnittfläche der
Wellen ersichtlich, etwas schräg gestellt.
Dies bewirkt die erwähnte spiralförmige Lage der Metallfasern, welche zur Erhöhung
der Festigkeit der Röhren so wesentlich beiträgt.

So weit das eigentliche Walzverfahren. Wir wollen nun auf die dazu er-
forderliche eigenartige Maschinerie einen Blick werfen. Die Herstellung einer Röhre
beansprucht, bei dem rasenden Lauf der Walzen, nur etwa 30 Secunden. Dann
tritt eine Pause ein, welche mit der Entfernung der fertigen Röhre und der Zu-
führung eines neuen Stabes ausgefüllt wird. Andererseits beansprucht es, wie be-
greiflich, keine geringe Kraft, einem Metallstab -- nach dem treffenden Ausdruck
des Professors Rouleaux -- gleichsam die Haut über den Kopf zu ziehen. Je nach
dem Umfange des Arbeitsstückes sind hierzu 2000--7000 Pferdekräfte erforderlich.

Eine Dampfmaschine von solcher Stärke, die nur zu je 30 Secunden arbeitet
und dann aussetzt, wäre nun höchst unökonomisch und würde das Verfahren erheblich
vertheuern. Um hier Abhilfe zu schaffen, wurden Dampfmotoren von 400 Pferde-
stärken verwendet und die Kraft während der Pausen in einem Schwungrade auf-
gespeichert, dessen Umfangsgeschwindigkeit auf 100 Meter in der Secunde gesteigert
wird, während man es bisher nur auf 40 Meter brachte. Da aber ein gewöhn-

Vierter Abſchnitt.
ſehen ſind, verwendet. An der Stelle, wo der Stab in das Walzwerk eintritt, haben
die Walzen eine geringere Geſchwindigkeit als an der Austrittsſtelle. Hieraus folgt,
daß die an der Eintrittsſtelle zugeführte Metallmenge nie ausreicht, um den dar-
gebotenen Querſchnitt an der Austrittsſtelle auszufüllen. So muß, bei der raſend
ſchnellen Drehung des Arbeitsſtückes, nothwendigerweiſe ein ringförmiger Quer-
ſchnitt entſtehen, welche Bildung noch durch einen Dorn, der auf den Stab auf-
haltend wirkt, unterſtützt werden kann.

Dies war das Vorſtadium des Mannesmann'ſchen Verfahrens, das übrigens
in gewiſſen Fällen Anwendung findet. In der weiteren Entwickelung wurde eine
Anordnung getroffen, durch welche (Fig. 82) im Gegenſatze zu dem Vorgebrachten
[Abbildung] Fig. 82.

Mannesmann-Walzverfahren.

die Austrittsſtelle für das Walzſtück enger
iſt als die Eintrittsſtelle, und es wird die
Bildung einer röhrenförmigen Aushöhlung
dadurch erzielt, daß die beiden Walzen
noch ſtärker koniſch ſind. An den mit
Pfeilen bezeichneten Stellen haben ſie einen
doppelt ſo großen Durchmeſſer als am
anderen Ende und es beſitzen in Folge
deſſen dieſe Stellen eine doppelt ſo große
Umdrehungsgeſchwindigkeit. Da nun das
Walzſtück die Bewegung mitmachen muß,
ſo entſteht vermöge der Schleuderkraft in
demſelben ein hohler Raum. Ferner ſind
die Walzen, wie aus der Schnittfläche der
Wellen erſichtlich, etwas ſchräg geſtellt.
Dies bewirkt die erwähnte ſpiralförmige Lage der Metallfaſern, welche zur Erhöhung
der Feſtigkeit der Röhren ſo weſentlich beiträgt.

So weit das eigentliche Walzverfahren. Wir wollen nun auf die dazu er-
forderliche eigenartige Maſchinerie einen Blick werfen. Die Herſtellung einer Röhre
beanſprucht, bei dem raſenden Lauf der Walzen, nur etwa 30 Secunden. Dann
tritt eine Pauſe ein, welche mit der Entfernung der fertigen Röhre und der Zu-
führung eines neuen Stabes ausgefüllt wird. Andererſeits beanſprucht es, wie be-
greiflich, keine geringe Kraft, einem Metallſtab — nach dem treffenden Ausdruck
des Profeſſors Rouleaux — gleichſam die Haut über den Kopf zu ziehen. Je nach
dem Umfange des Arbeitsſtückes ſind hierzu 2000—7000 Pferdekräfte erforderlich.

Eine Dampfmaſchine von ſolcher Stärke, die nur zu je 30 Secunden arbeitet
und dann ausſetzt, wäre nun höchſt unökonomiſch und würde das Verfahren erheblich
vertheuern. Um hier Abhilfe zu ſchaffen, wurden Dampfmotoren von 400 Pferde-
ſtärken verwendet und die Kraft während der Pauſen in einem Schwungrade auf-
geſpeichert, deſſen Umfangsgeſchwindigkeit auf 100 Meter in der Secunde geſteigert
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[112/0138] Vierter Abſchnitt. ſehen ſind, verwendet. An der Stelle, wo der Stab in das Walzwerk eintritt, haben die Walzen eine geringere Geſchwindigkeit als an der Austrittsſtelle. Hieraus folgt, daß die an der Eintrittsſtelle zugeführte Metallmenge nie ausreicht, um den dar- gebotenen Querſchnitt an der Austrittsſtelle auszufüllen. So muß, bei der raſend ſchnellen Drehung des Arbeitsſtückes, nothwendigerweiſe ein ringförmiger Quer- ſchnitt entſtehen, welche Bildung noch durch einen Dorn, der auf den Stab auf- haltend wirkt, unterſtützt werden kann. Dies war das Vorſtadium des Mannesmann'ſchen Verfahrens, das übrigens in gewiſſen Fällen Anwendung findet. In der weiteren Entwickelung wurde eine Anordnung getroffen, durch welche (Fig. 82) im Gegenſatze zu dem Vorgebrachten [Abbildung Fig. 82. Mannesmann-Walzverfahren.] die Austrittsſtelle für das Walzſtück enger iſt als die Eintrittsſtelle, und es wird die Bildung einer röhrenförmigen Aushöhlung dadurch erzielt, daß die beiden Walzen noch ſtärker koniſch ſind. An den mit Pfeilen bezeichneten Stellen haben ſie einen doppelt ſo großen Durchmeſſer als am anderen Ende und es beſitzen in Folge deſſen dieſe Stellen eine doppelt ſo große Umdrehungsgeſchwindigkeit. Da nun das Walzſtück die Bewegung mitmachen muß, ſo entſteht vermöge der Schleuderkraft in demſelben ein hohler Raum. Ferner ſind die Walzen, wie aus der Schnittfläche der Wellen erſichtlich, etwas ſchräg geſtellt. Dies bewirkt die erwähnte ſpiralförmige Lage der Metallfaſern, welche zur Erhöhung der Feſtigkeit der Röhren ſo weſentlich beiträgt. So weit das eigentliche Walzverfahren. Wir wollen nun auf die dazu er- forderliche eigenartige Maſchinerie einen Blick werfen. Die Herſtellung einer Röhre beanſprucht, bei dem raſenden Lauf der Walzen, nur etwa 30 Secunden. Dann tritt eine Pauſe ein, welche mit der Entfernung der fertigen Röhre und der Zu- führung eines neuen Stabes ausgefüllt wird. Andererſeits beanſprucht es, wie be- greiflich, keine geringe Kraft, einem Metallſtab — nach dem treffenden Ausdruck des Profeſſors Rouleaux — gleichſam die Haut über den Kopf zu ziehen. Je nach dem Umfange des Arbeitsſtückes ſind hierzu 2000—7000 Pferdekräfte erforderlich. Eine Dampfmaſchine von ſolcher Stärke, die nur zu je 30 Secunden arbeitet und dann ausſetzt, wäre nun höchſt unökonomiſch und würde das Verfahren erheblich vertheuern. Um hier Abhilfe zu ſchaffen, wurden Dampfmotoren von 400 Pferde- ſtärken verwendet und die Kraft während der Pauſen in einem Schwungrade auf- geſpeichert, deſſen Umfangsgeſchwindigkeit auf 100 Meter in der Secunde geſteigert wird, während man es bisher nur auf 40 Meter brachte. Da aber ein gewöhn-

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Zitationshilfe: Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_cyklopen_1900/138>, abgerufen am 24.11.2024.