kleinerer Durchmesser (bis zu 3 Cm.) erforderlich, so erfolgt die Erzeugung solcher Röhren durch Aneinanderschweißen der Blechkanten auf der Ziehbank. Je mehr nun bei diesem Verfahren die Wandstärke abnimmt und je weiter die Ansprüche bezüg- lich der Festigkeit der Schweißfuge gehen, desto unverläßlicher wird das Ergebniß. Ein Schweißen mit dem Hammer würde zwar den durch das Verfahren auf der Ziehbank sich ergebenden Mangel zu compensiren geeignet sein, doch wird dies bei geringen Wandstärken unmöglich.
In diesem Falle übernimmt das Röhrenwalzwerk die Arbeit. Sie erfolgt in der Weise, daß flache, starke Stäbe ("Platinen"), an ihren Längsrändern zuge- schrägt, in einem Ofen glühend gemacht, vorgerundet, wieder erhitzt und durch eine Ziehdütte vollends übereinander gerollt werden, wobei sich die zugeschrägten Seiten überlappen und eine breite Schweißfuge bilden. Nachdem man die so vorbereiteten Stücke in Schweißhitze gebracht hat, gelangen sie ins Walzwerk, dessen Walzen die Gestalt von Scheiben mit halbkreisförmiger Furche am Umfange haben und zu- sammen ein kreisrundes Caliber umschließen, welches das Rohr passiren muß.
Nun liegt es auf der Hand, daß ohne weitere Einrichtung die Rohrwan- dung eingedrückt würde. Man läßt daher entweder einen Dorn gleichzeitig mit dem Rohre durch die Walze gehen, oder bringt denselben in einem Gerüste hinter den Walzen derart an, daß er in das Caliber hineinragt und das Rohr sich auf den Dorn aufschiebt. Durch den Dorn wird -- bei großer Umdrehungsgeschwin- digkeit der Walzen -- eine vollkommen dichte Schweißnaht hergestellt, vornehmlich durch die successive Anwendung immer dickerer Dorne. Den im Vorhinein genau gegebenen Durchmesser erhält man durch nachträgliches mehrmaliges Ziehen. Schließlich werden die Röhren von dem ihnen anhaftenden Glühspan gereinigt, abgeschnitten und unter hohem Wasserdruck auf die Dichtigkeit der Schweiß- fuge geprüft.
In den letzten Jahren ist in der Technik der Walzröhren ein neues Ver- fahren aufgetaucht, deren Urheber die Firma Mannesmann in Remscheid ist. Nach Ueberwindung unzähliger Schwierigkeiten gelang es den Erfindern, Röhren aus dem vollen Block, ohne Naht, zu walzen, welche fünf bis sechsmal haltbarer sind als die geschweißten. Das Verfahren besteht darin, daß ein glühender Metall- stab in ähnlicher Weise bearbeitet wird, wie dies die Spinnmaschine mit dem Gespinnstfaden bewerkstelligt, d. h. der Stab wird derart verdreht, daß sich dessen Fasern kreuzen, fast wie in einem Gewebe. Diese Faserlage ist es, im Vereine mit dem Wegfall der Naht, welche den neuen Röhren eine so erstaunliche Festig- keit verleiht.
Dies geschieht wie folgt: Zieht man einen Metallstab durch ein Walzenpaar, wobei der Stab ungehindert durchgeht, so erhält man ein Arbeitsstück, dessen Querschnitt dem des lichten Raumes zwischen den Walzen genau entspricht. Ganz anders bei dem Mannesmann'schen Verfahren. Bei demselben werden Walzen von kesselförmiger Gestalt, die überdies etwas schräg gestellt und mit Nuthen ver-
Formgebungsarbeiten.
kleinerer Durchmeſſer (bis zu 3 Cm.) erforderlich, ſo erfolgt die Erzeugung ſolcher Röhren durch Aneinanderſchweißen der Blechkanten auf der Ziehbank. Je mehr nun bei dieſem Verfahren die Wandſtärke abnimmt und je weiter die Anſprüche bezüg- lich der Feſtigkeit der Schweißfuge gehen, deſto unverläßlicher wird das Ergebniß. Ein Schweißen mit dem Hammer würde zwar den durch das Verfahren auf der Ziehbank ſich ergebenden Mangel zu compenſiren geeignet ſein, doch wird dies bei geringen Wandſtärken unmöglich.
In dieſem Falle übernimmt das Röhrenwalzwerk die Arbeit. Sie erfolgt in der Weiſe, daß flache, ſtarke Stäbe (»Platinen«), an ihren Längsrändern zuge- ſchrägt, in einem Ofen glühend gemacht, vorgerundet, wieder erhitzt und durch eine Ziehdütte vollends übereinander gerollt werden, wobei ſich die zugeſchrägten Seiten überlappen und eine breite Schweißfuge bilden. Nachdem man die ſo vorbereiteten Stücke in Schweißhitze gebracht hat, gelangen ſie ins Walzwerk, deſſen Walzen die Geſtalt von Scheiben mit halbkreisförmiger Furche am Umfange haben und zu- ſammen ein kreisrundes Caliber umſchließen, welches das Rohr paſſiren muß.
Nun liegt es auf der Hand, daß ohne weitere Einrichtung die Rohrwan- dung eingedrückt würde. Man läßt daher entweder einen Dorn gleichzeitig mit dem Rohre durch die Walze gehen, oder bringt denſelben in einem Gerüſte hinter den Walzen derart an, daß er in das Caliber hineinragt und das Rohr ſich auf den Dorn aufſchiebt. Durch den Dorn wird — bei großer Umdrehungsgeſchwin- digkeit der Walzen — eine vollkommen dichte Schweißnaht hergeſtellt, vornehmlich durch die ſucceſſive Anwendung immer dickerer Dorne. Den im Vorhinein genau gegebenen Durchmeſſer erhält man durch nachträgliches mehrmaliges Ziehen. Schließlich werden die Röhren von dem ihnen anhaftenden Glühſpan gereinigt, abgeſchnitten und unter hohem Waſſerdruck auf die Dichtigkeit der Schweiß- fuge geprüft.
In den letzten Jahren iſt in der Technik der Walzröhren ein neues Ver- fahren aufgetaucht, deren Urheber die Firma Mannesmann in Remſcheid iſt. Nach Ueberwindung unzähliger Schwierigkeiten gelang es den Erfindern, Röhren aus dem vollen Block, ohne Naht, zu walzen, welche fünf bis ſechsmal haltbarer ſind als die geſchweißten. Das Verfahren beſteht darin, daß ein glühender Metall- ſtab in ähnlicher Weiſe bearbeitet wird, wie dies die Spinnmaſchine mit dem Geſpinnſtfaden bewerkſtelligt, d. h. der Stab wird derart verdreht, daß ſich deſſen Faſern kreuzen, faſt wie in einem Gewebe. Dieſe Faſerlage iſt es, im Vereine mit dem Wegfall der Naht, welche den neuen Röhren eine ſo erſtaunliche Feſtig- keit verleiht.
Dies geſchieht wie folgt: Zieht man einen Metallſtab durch ein Walzenpaar, wobei der Stab ungehindert durchgeht, ſo erhält man ein Arbeitsſtück, deſſen Querſchnitt dem des lichten Raumes zwiſchen den Walzen genau entſpricht. Ganz anders bei dem Mannesmann'ſchen Verfahren. Bei demſelben werden Walzen von keſſelförmiger Geſtalt, die überdies etwas ſchräg geſtellt und mit Nuthen ver-
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Formgebungsarbeiten.
kleinerer Durchmeſſer (bis zu 3 Cm.) erforderlich, ſo erfolgt die Erzeugung ſolcher
Röhren durch Aneinanderſchweißen der Blechkanten auf der Ziehbank. Je mehr nun
bei dieſem Verfahren die Wandſtärke abnimmt und je weiter die Anſprüche bezüg-
lich der Feſtigkeit der Schweißfuge gehen, deſto unverläßlicher wird das Ergebniß.
Ein Schweißen mit dem Hammer würde zwar den durch das Verfahren auf der
Ziehbank ſich ergebenden Mangel zu compenſiren geeignet ſein, doch wird dies bei
geringen Wandſtärken unmöglich.
In dieſem Falle übernimmt das Röhrenwalzwerk die Arbeit. Sie erfolgt
in der Weiſe, daß flache, ſtarke Stäbe (»Platinen«), an ihren Längsrändern zuge-
ſchrägt, in einem Ofen glühend gemacht, vorgerundet, wieder erhitzt und durch eine
Ziehdütte vollends übereinander gerollt werden, wobei ſich die zugeſchrägten Seiten
überlappen und eine breite Schweißfuge bilden. Nachdem man die ſo vorbereiteten
Stücke in Schweißhitze gebracht hat, gelangen ſie ins Walzwerk, deſſen Walzen die
Geſtalt von Scheiben mit halbkreisförmiger Furche am Umfange haben und zu-
ſammen ein kreisrundes Caliber umſchließen, welches das Rohr paſſiren muß.
Nun liegt es auf der Hand, daß ohne weitere Einrichtung die Rohrwan-
dung eingedrückt würde. Man läßt daher entweder einen Dorn gleichzeitig mit
dem Rohre durch die Walze gehen, oder bringt denſelben in einem Gerüſte hinter
den Walzen derart an, daß er in das Caliber hineinragt und das Rohr ſich auf
den Dorn aufſchiebt. Durch den Dorn wird — bei großer Umdrehungsgeſchwin-
digkeit der Walzen — eine vollkommen dichte Schweißnaht hergeſtellt, vornehmlich
durch die ſucceſſive Anwendung immer dickerer Dorne. Den im Vorhinein genau
gegebenen Durchmeſſer erhält man durch nachträgliches mehrmaliges Ziehen.
Schließlich werden die Röhren von dem ihnen anhaftenden Glühſpan gereinigt,
abgeſchnitten und unter hohem Waſſerdruck auf die Dichtigkeit der Schweiß-
fuge geprüft.
In den letzten Jahren iſt in der Technik der Walzröhren ein neues Ver-
fahren aufgetaucht, deren Urheber die Firma Mannesmann in Remſcheid iſt.
Nach Ueberwindung unzähliger Schwierigkeiten gelang es den Erfindern, Röhren
aus dem vollen Block, ohne Naht, zu walzen, welche fünf bis ſechsmal haltbarer
ſind als die geſchweißten. Das Verfahren beſteht darin, daß ein glühender Metall-
ſtab in ähnlicher Weiſe bearbeitet wird, wie dies die Spinnmaſchine mit dem
Geſpinnſtfaden bewerkſtelligt, d. h. der Stab wird derart verdreht, daß ſich deſſen
Faſern kreuzen, faſt wie in einem Gewebe. Dieſe Faſerlage iſt es, im Vereine
mit dem Wegfall der Naht, welche den neuen Röhren eine ſo erſtaunliche Feſtig-
keit verleiht.
Dies geſchieht wie folgt: Zieht man einen Metallſtab durch ein Walzenpaar,
wobei der Stab ungehindert durchgeht, ſo erhält man ein Arbeitsſtück, deſſen
Querſchnitt dem des lichten Raumes zwiſchen den Walzen genau entſpricht. Ganz
anders bei dem Mannesmann'ſchen Verfahren. Bei demſelben werden Walzen
von keſſelförmiger Geſtalt, die überdies etwas ſchräg geſtellt und mit Nuthen ver-
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Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_cyklopen_1900/137>, abgerufen am 22.11.2024.
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