lager der Oberwalze drücken, allmählich einander genähert werden. Indem beide Schrauben durch eine gemeinsame Transmission (z. B. eingreifende Wurmräder auf gemeinsamer Achse) gedreht werden, bleiben die Walzen parallel. Die Streckung erfolgt vorwaltend in der Längsrichtung, es müssen daher die Bleche oder Blech- packete bei jedem Stich um 90° gedreht werden, so daß das Stück einmal in der Längsrichtung, das andere Mal in der Breiterichtung passirt. Natürlich hat das ein Ende, wenn das Walzstück mit den Walzen gleiche Länge angenommen hat.
Es wurde vorstehend flüchtig erwähnt, daß nicht nur einzelne Bleche, sondern ganze Blechpackete auf einmal gestochen werden. Das bedarf einer Erklärung. Werden nämlich Bleche sehr weit ausgestreckt, so ist die Abnahme von einem Stiche zum anderen sehr gering und die Anstellung der Walzen mittelst der Schrauben für ein Blech nicht mehr ausführbar. Dann "doppelt" man, d. h. man legt 2, 4, 8, auch 16 Bleche aufeinander und walzt sie gemeinschaftlich weiter aus. Fein- bleche, d. h. solche von weniger als 1 Millimeter Durchmesser, werden kalt gewalzt; um ihnen die dadurch erhaltene Härte und Sprödigkeit zu benehmen, werden sie hinterher unter Luftabschluß ausgeglüht.
Die Vereinigung mehrerer, je ein Walzenpaar oder Walzentrio enthaltender Gerüste zu einem Ganzen wird Walzenstraße genannt. Man findet Constructionen, bei denen eine einzige Maschine alle Walzenstraßen durch Transmissionen betreibt. Bequemer ist es, wenn für jede Walzenstraße eine Maschine vorhanden ist. Meistens sind mehrere Walzen in der Längsrichtung gekuppelt, was durch gegossene Ueber- schiebmuffen, die über die kleeblattförmig gestalteten Enden der Walzen geschoben werden, geschieht. Gewöhnlich wird die untere Walzenreihe direct von der Maschine getrieben, während die oberen Walzen durch aufgeschobene Zahnräder mitgenommen werden. Beim Abdrehen der Blechwalzen muß auf den Parallelismus der Mantel- fläche mit der Achse geachtet werden, da sonst ungleich starkes Blech entstünde, was sich leicht nach der Seite verschiebt.
Die Blechwalzen sind nicht die einzige Anordnung derartiger Werke. Um allseitig begrenzte Querschnittsformen, wie die der Stabeisensorten, der Baueisen, der Eisenbahnschienen u. s. w., herzustellen, bedarf man einer besonderen Einrichtung, der sogenannten calibrirten Walzen. Unter "Caliber" versteht man eine von beiden Walzenmänteln umschlossene Oeffnung, durch welche das Eisen, unter gleich- zeitiger Annahme ihrer Gestalt zur Querschnittsform, hindurchgezwängt wird. Die Caliber sind entweder halbirt, so daß in jeder Walze die Hälfte desselben aus- gespart ist, oder es greifen Leisten der einen Walze in Rinnen der anderen ein, oder es ist das ganze Caliber in die untere Walze verlegt und nach oben durch die glatte Oberwalze abgeschlossen.
Nur in den seltensten Fällen ist es möglich, das geforderte Querschnitts- profil bei einem einzigen Passiren der Walzen zu erzielen. Man stuft daher die Caliber vom größten bis zum kleinsten, vom einfachsten bis zum complicirtesten -- welche das Eisenstück alle nacheinander passiren muß -- allmählich ab. Um Wal
Formgebungsarbeiten.
lager der Oberwalze drücken, allmählich einander genähert werden. Indem beide Schrauben durch eine gemeinſame Transmiſſion (z. B. eingreifende Wurmräder auf gemeinſamer Achſe) gedreht werden, bleiben die Walzen parallel. Die Streckung erfolgt vorwaltend in der Längsrichtung, es müſſen daher die Bleche oder Blech- packete bei jedem Stich um 90° gedreht werden, ſo daß das Stück einmal in der Längsrichtung, das andere Mal in der Breiterichtung paſſirt. Natürlich hat das ein Ende, wenn das Walzſtück mit den Walzen gleiche Länge angenommen hat.
Es wurde vorſtehend flüchtig erwähnt, daß nicht nur einzelne Bleche, ſondern ganze Blechpackete auf einmal geſtochen werden. Das bedarf einer Erklärung. Werden nämlich Bleche ſehr weit ausgeſtreckt, ſo iſt die Abnahme von einem Stiche zum anderen ſehr gering und die Anſtellung der Walzen mittelſt der Schrauben für ein Blech nicht mehr ausführbar. Dann »doppelt« man, d. h. man legt 2, 4, 8, auch 16 Bleche aufeinander und walzt ſie gemeinſchaftlich weiter aus. Fein- bleche, d. h. ſolche von weniger als 1 Millimeter Durchmeſſer, werden kalt gewalzt; um ihnen die dadurch erhaltene Härte und Sprödigkeit zu benehmen, werden ſie hinterher unter Luftabſchluß ausgeglüht.
Die Vereinigung mehrerer, je ein Walzenpaar oder Walzentrio enthaltender Gerüſte zu einem Ganzen wird Walzenſtraße genannt. Man findet Conſtructionen, bei denen eine einzige Maſchine alle Walzenſtraßen durch Transmiſſionen betreibt. Bequemer iſt es, wenn für jede Walzenſtraße eine Maſchine vorhanden iſt. Meiſtens ſind mehrere Walzen in der Längsrichtung gekuppelt, was durch gegoſſene Ueber- ſchiebmuffen, die über die kleeblattförmig geſtalteten Enden der Walzen geſchoben werden, geſchieht. Gewöhnlich wird die untere Walzenreihe direct von der Maſchine getrieben, während die oberen Walzen durch aufgeſchobene Zahnräder mitgenommen werden. Beim Abdrehen der Blechwalzen muß auf den Parallelismus der Mantel- fläche mit der Achſe geachtet werden, da ſonſt ungleich ſtarkes Blech entſtünde, was ſich leicht nach der Seite verſchiebt.
Die Blechwalzen ſind nicht die einzige Anordnung derartiger Werke. Um allſeitig begrenzte Querſchnittsformen, wie die der Stabeiſenſorten, der Baueiſen, der Eiſenbahnſchienen u. ſ. w., herzuſtellen, bedarf man einer beſonderen Einrichtung, der ſogenannten calibrirten Walzen. Unter »Caliber« verſteht man eine von beiden Walzenmänteln umſchloſſene Oeffnung, durch welche das Eiſen, unter gleich- zeitiger Annahme ihrer Geſtalt zur Querſchnittsform, hindurchgezwängt wird. Die Caliber ſind entweder halbirt, ſo daß in jeder Walze die Hälfte desſelben aus- geſpart iſt, oder es greifen Leiſten der einen Walze in Rinnen der anderen ein, oder es iſt das ganze Caliber in die untere Walze verlegt und nach oben durch die glatte Oberwalze abgeſchloſſen.
Nur in den ſeltenſten Fällen iſt es möglich, das geforderte Querſchnitts- profil bei einem einzigen Paſſiren der Walzen zu erzielen. Man ſtuft daher die Caliber vom größten bis zum kleinſten, vom einfachſten bis zum complicirteſten — welche das Eiſenſtück alle nacheinander paſſiren muß — allmählich ab. Um Wal
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Formgebungsarbeiten.
lager der Oberwalze drücken, allmählich einander genähert werden. Indem beide
Schrauben durch eine gemeinſame Transmiſſion (z. B. eingreifende Wurmräder
auf gemeinſamer Achſe) gedreht werden, bleiben die Walzen parallel. Die Streckung
erfolgt vorwaltend in der Längsrichtung, es müſſen daher die Bleche oder Blech-
packete bei jedem Stich um 90° gedreht werden, ſo daß das Stück einmal in der
Längsrichtung, das andere Mal in der Breiterichtung paſſirt. Natürlich hat das
ein Ende, wenn das Walzſtück mit den Walzen gleiche Länge angenommen hat.
Es wurde vorſtehend flüchtig erwähnt, daß nicht nur einzelne Bleche, ſondern
ganze Blechpackete auf einmal geſtochen werden. Das bedarf einer Erklärung.
Werden nämlich Bleche ſehr weit ausgeſtreckt, ſo iſt die Abnahme von einem Stiche
zum anderen ſehr gering und die Anſtellung der Walzen mittelſt der Schrauben
für ein Blech nicht mehr ausführbar. Dann »doppelt« man, d. h. man legt 2, 4,
8, auch 16 Bleche aufeinander und walzt ſie gemeinſchaftlich weiter aus. Fein-
bleche, d. h. ſolche von weniger als 1 Millimeter Durchmeſſer, werden kalt gewalzt;
um ihnen die dadurch erhaltene Härte und Sprödigkeit zu benehmen, werden ſie
hinterher unter Luftabſchluß ausgeglüht.
Die Vereinigung mehrerer, je ein Walzenpaar oder Walzentrio enthaltender
Gerüſte zu einem Ganzen wird Walzenſtraße genannt. Man findet Conſtructionen,
bei denen eine einzige Maſchine alle Walzenſtraßen durch Transmiſſionen betreibt.
Bequemer iſt es, wenn für jede Walzenſtraße eine Maſchine vorhanden iſt. Meiſtens
ſind mehrere Walzen in der Längsrichtung gekuppelt, was durch gegoſſene Ueber-
ſchiebmuffen, die über die kleeblattförmig geſtalteten Enden der Walzen geſchoben
werden, geſchieht. Gewöhnlich wird die untere Walzenreihe direct von der Maſchine
getrieben, während die oberen Walzen durch aufgeſchobene Zahnräder mitgenommen
werden. Beim Abdrehen der Blechwalzen muß auf den Parallelismus der Mantel-
fläche mit der Achſe geachtet werden, da ſonſt ungleich ſtarkes Blech entſtünde, was
ſich leicht nach der Seite verſchiebt.
Die Blechwalzen ſind nicht die einzige Anordnung derartiger Werke. Um
allſeitig begrenzte Querſchnittsformen, wie die der Stabeiſenſorten, der Baueiſen,
der Eiſenbahnſchienen u. ſ. w., herzuſtellen, bedarf man einer beſonderen Einrichtung,
der ſogenannten calibrirten Walzen. Unter »Caliber« verſteht man eine von
beiden Walzenmänteln umſchloſſene Oeffnung, durch welche das Eiſen, unter gleich-
zeitiger Annahme ihrer Geſtalt zur Querſchnittsform, hindurchgezwängt wird. Die
Caliber ſind entweder halbirt, ſo daß in jeder Walze die Hälfte desſelben aus-
geſpart iſt, oder es greifen Leiſten der einen Walze in Rinnen der anderen ein,
oder es iſt das ganze Caliber in die untere Walze verlegt und nach oben durch
die glatte Oberwalze abgeſchloſſen.
Nur in den ſeltenſten Fällen iſt es möglich, das geforderte Querſchnitts-
profil bei einem einzigen Paſſiren der Walzen zu erzielen. Man ſtuft daher die
Caliber vom größten bis zum kleinſten, vom einfachſten bis zum complicirteſten —
welche das Eiſenſtück alle nacheinander paſſiren muß — allmählich ab. Um Wal
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Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_cyklopen_1900/131>, abgerufen am 24.11.2024.
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