formen gleich den Sandformen einen Ueberzug, doch reicht in diesem Falle Kohlen- staub nicht aus und muß an dessen Stelle ein Anstrich von Thon- und Graphit- mehl in Wasser treten. ... Was schließlich die Lehmformen anbetrifft, muß das hierzu verwendete Material scharf ausgetrocknet und schwach gebrannt werden. Um das "Schwinden" nach Thunlichkeit zu paralysiren, mengt man genügend Sand bei. Außerdem wird durch Beimengung von faserigen organischen Substanzen (Kuh- haaren, Pferdemist u. s. w.) die Bildung von klaffenden Sprüngen beim Trocknen verhindert. In gebrannten Formen kühlt sich das Eisen am langsamsten ab und es bleibt seine Oberfläche für nachträgliche Bearbeitung weich.
Zur Erzeugung einfacher Gegenstände genügt der Abdruck des Modells in den auf dem Boden der Formhalle -- dem Herde -- liegenden Sand. Es ist dies der sogenannte "Herdguß", im Gegensatze zum "Kastenguß", der bei Gegenständen von complicirterer Gestalt in Anwendung kommt und mit Hilfe von geschlossenen Formen in eisernen Rahmen -- Formkästen, Gießflaschen -- bewerkstelligt wird. Sie werden durch Splinte, Keile, Schrauben genau zusammengepaßt, mit ausge- schnittenen Querleisten zum Halten des Sandes, ferner mit Handhaben und Dreh- achsenansätzen zum Aufheben, Umkehren u. s. w. versehen. Große Formkästen müssen hierbei mittelst eines Krahnes gehandhabt werden.
Der Vorgang beim Gusse ist der folgende: Das betreffende Modell wird auf ein Brett gebracht, der Rahmen darübergestürzt und der Raum mit Formsand aus- gestampft. Hierauf wendet man das Ganze um, setzt einen genau auf den ersten Rahmen passenden zweiten Rahmen auf und stampft ihn ebenfalls aus. Auf diese Weise ist das ganze Modell von Formsand dicht umschlossen. Schließlich wird der Oberkasten vom Unterkasten abgehoben, das Modell entfernt und der Hohlraum durch einen im Formsand freigelassenen Eingußtrichter ausgegossen. Nicht jedes Modell läßt sich ohne weiters ausheben und müssen solche, welche eine complicirte Gestalt haben, in mehrere Theile zerlegt und diese einzeln ausgehoben werden. Auch die Formkästen sind mitunter mehrtheilig.
Das Formen ist eine sehr umständliche Arbeit und erfordert geschickte Leute, die entsprechend hoch entlohnt werden müssen. Durch Erfindung mechanischer Vor- richtungen -- Formmaschinen -- welche die jeweils erforderlichen Formen in tadelloser Ausführung zuwege bringen, ist die Handformerei ganz in den Hinter- grund gedrängt worden. Dazu kommt, daß selbst der geschickteste Former beim Ausheben des Modells (z. B. durch leises Schwanken der Hand) die Form be- schädigen kann, was bei den Maschinen nicht vorkommt. Nach Entfernung des Modells wird die Form festgestampft, doch übernehmen manche Formmaschinen auch diese Arbeit, indem sie den Sand zusammendrücken.
Bei den Formmaschinen liegt die wesentlichste Verbesserung darin, daß die meist aus Eisen gearbeiteten Modelle in entsprechende Ausschnitte der Formplatte eintreten und durch eine Zahnstange, eine Kurbel oder einen Excenter in Leitschienen nach unten herausgezogen werden. Selbstverständlich wird dasselbe erreicht, wenn
Formgebungsarbeiten.
formen gleich den Sandformen einen Ueberzug, doch reicht in dieſem Falle Kohlen- ſtaub nicht aus und muß an deſſen Stelle ein Anſtrich von Thon- und Graphit- mehl in Waſſer treten. ... Was ſchließlich die Lehmformen anbetrifft, muß das hierzu verwendete Material ſcharf ausgetrocknet und ſchwach gebrannt werden. Um das »Schwinden« nach Thunlichkeit zu paralyſiren, mengt man genügend Sand bei. Außerdem wird durch Beimengung von faſerigen organiſchen Subſtanzen (Kuh- haaren, Pferdemiſt u. ſ. w.) die Bildung von klaffenden Sprüngen beim Trocknen verhindert. In gebrannten Formen kühlt ſich das Eiſen am langſamſten ab und es bleibt ſeine Oberfläche für nachträgliche Bearbeitung weich.
Zur Erzeugung einfacher Gegenſtände genügt der Abdruck des Modells in den auf dem Boden der Formhalle — dem Herde — liegenden Sand. Es iſt dies der ſogenannte »Herdguß«, im Gegenſatze zum »Kaſtenguß«, der bei Gegenſtänden von complicirterer Geſtalt in Anwendung kommt und mit Hilfe von geſchloſſenen Formen in eiſernen Rahmen — Formkäſten, Gießflaſchen — bewerkſtelligt wird. Sie werden durch Splinte, Keile, Schrauben genau zuſammengepaßt, mit ausge- ſchnittenen Querleiſten zum Halten des Sandes, ferner mit Handhaben und Dreh- achſenanſätzen zum Aufheben, Umkehren u. ſ. w. verſehen. Große Formkäſten müſſen hierbei mittelſt eines Krahnes gehandhabt werden.
Der Vorgang beim Guſſe iſt der folgende: Das betreffende Modell wird auf ein Brett gebracht, der Rahmen darübergeſtürzt und der Raum mit Formſand aus- geſtampft. Hierauf wendet man das Ganze um, ſetzt einen genau auf den erſten Rahmen paſſenden zweiten Rahmen auf und ſtampft ihn ebenfalls aus. Auf dieſe Weiſe iſt das ganze Modell von Formſand dicht umſchloſſen. Schließlich wird der Oberkaſten vom Unterkaſten abgehoben, das Modell entfernt und der Hohlraum durch einen im Formſand freigelaſſenen Eingußtrichter ausgegoſſen. Nicht jedes Modell läßt ſich ohne weiters ausheben und müſſen ſolche, welche eine complicirte Geſtalt haben, in mehrere Theile zerlegt und dieſe einzeln ausgehoben werden. Auch die Formkäſten ſind mitunter mehrtheilig.
Das Formen iſt eine ſehr umſtändliche Arbeit und erfordert geſchickte Leute, die entſprechend hoch entlohnt werden müſſen. Durch Erfindung mechaniſcher Vor- richtungen — Formmaſchinen — welche die jeweils erforderlichen Formen in tadelloſer Ausführung zuwege bringen, iſt die Handformerei ganz in den Hinter- grund gedrängt worden. Dazu kommt, daß ſelbſt der geſchickteſte Former beim Ausheben des Modells (z. B. durch leiſes Schwanken der Hand) die Form be- ſchädigen kann, was bei den Maſchinen nicht vorkommt. Nach Entfernung des Modells wird die Form feſtgeſtampft, doch übernehmen manche Formmaſchinen auch dieſe Arbeit, indem ſie den Sand zuſammendrücken.
Bei den Formmaſchinen liegt die weſentlichſte Verbeſſerung darin, daß die meiſt aus Eiſen gearbeiteten Modelle in entſprechende Ausſchnitte der Formplatte eintreten und durch eine Zahnſtange, eine Kurbel oder einen Excenter in Leitſchienen nach unten herausgezogen werden. Selbſtverſtändlich wird dasſelbe erreicht, wenn
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Formgebungsarbeiten.
formen gleich den Sandformen einen Ueberzug, doch reicht in dieſem Falle Kohlen-
ſtaub nicht aus und muß an deſſen Stelle ein Anſtrich von Thon- und Graphit-
mehl in Waſſer treten. ... Was ſchließlich die Lehmformen anbetrifft, muß das
hierzu verwendete Material ſcharf ausgetrocknet und ſchwach gebrannt werden. Um
das »Schwinden« nach Thunlichkeit zu paralyſiren, mengt man genügend Sand
bei. Außerdem wird durch Beimengung von faſerigen organiſchen Subſtanzen (Kuh-
haaren, Pferdemiſt u. ſ. w.) die Bildung von klaffenden Sprüngen beim Trocknen
verhindert. In gebrannten Formen kühlt ſich das Eiſen am langſamſten ab und
es bleibt ſeine Oberfläche für nachträgliche Bearbeitung weich.
Zur Erzeugung einfacher Gegenſtände genügt der Abdruck des Modells in
den auf dem Boden der Formhalle — dem Herde — liegenden Sand. Es iſt dies
der ſogenannte »Herdguß«, im Gegenſatze zum »Kaſtenguß«, der bei Gegenſtänden
von complicirterer Geſtalt in Anwendung kommt und mit Hilfe von geſchloſſenen
Formen in eiſernen Rahmen — Formkäſten, Gießflaſchen — bewerkſtelligt wird.
Sie werden durch Splinte, Keile, Schrauben genau zuſammengepaßt, mit ausge-
ſchnittenen Querleiſten zum Halten des Sandes, ferner mit Handhaben und Dreh-
achſenanſätzen zum Aufheben, Umkehren u. ſ. w. verſehen. Große Formkäſten müſſen
hierbei mittelſt eines Krahnes gehandhabt werden.
Der Vorgang beim Guſſe iſt der folgende: Das betreffende Modell wird auf
ein Brett gebracht, der Rahmen darübergeſtürzt und der Raum mit Formſand aus-
geſtampft. Hierauf wendet man das Ganze um, ſetzt einen genau auf den erſten
Rahmen paſſenden zweiten Rahmen auf und ſtampft ihn ebenfalls aus. Auf dieſe
Weiſe iſt das ganze Modell von Formſand dicht umſchloſſen. Schließlich wird der
Oberkaſten vom Unterkaſten abgehoben, das Modell entfernt und der Hohlraum
durch einen im Formſand freigelaſſenen Eingußtrichter ausgegoſſen. Nicht jedes
Modell läßt ſich ohne weiters ausheben und müſſen ſolche, welche eine complicirte
Geſtalt haben, in mehrere Theile zerlegt und dieſe einzeln ausgehoben werden.
Auch die Formkäſten ſind mitunter mehrtheilig.
Das Formen iſt eine ſehr umſtändliche Arbeit und erfordert geſchickte Leute,
die entſprechend hoch entlohnt werden müſſen. Durch Erfindung mechaniſcher Vor-
richtungen — Formmaſchinen — welche die jeweils erforderlichen Formen in
tadelloſer Ausführung zuwege bringen, iſt die Handformerei ganz in den Hinter-
grund gedrängt worden. Dazu kommt, daß ſelbſt der geſchickteſte Former beim
Ausheben des Modells (z. B. durch leiſes Schwanken der Hand) die Form be-
ſchädigen kann, was bei den Maſchinen nicht vorkommt. Nach Entfernung des
Modells wird die Form feſtgeſtampft, doch übernehmen manche Formmaſchinen
auch dieſe Arbeit, indem ſie den Sand zuſammendrücken.
Bei den Formmaſchinen liegt die weſentlichſte Verbeſſerung darin, daß die
meiſt aus Eiſen gearbeiteten Modelle in entſprechende Ausſchnitte der Formplatte
eintreten und durch eine Zahnſtange, eine Kurbel oder einen Excenter in Leitſchienen
nach unten herausgezogen werden. Selbſtverſtändlich wird dasſelbe erreicht, wenn
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Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_cyklopen_1900/107>, abgerufen am 22.11.2024.
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