d. h. in die Zeit der Erfindung des Hochofenprocesses, der es ermöglichte, flüssiges Eisen darzustellen. Der Grund für die spätere Verwendung des Eisens zum Gießen ist zweifellos in der Untauglichkeit des zuerst erblasenen weißen Roheisens zu suchen. Erst als durch Erhöhung der Oefen die Temperatur im Schmelzherde stieg, konnte Silicium reducirt und somit graues Roheisen gewonnen werden, d. h. diejenige Roheisensorte, dem unter allen allein die Eigenschaft zukommt, beim Erstarren sich auszudehnen, die feinsten Vertiefungen der Form scharf auszufüllen und in Folge seiner Weichheit sich leicht bearbeiten zu lassen.
Damit ist die Operation schon in ihren Hauptzügen gekennzeichnet: um durch Guß eine zweckmäßige Gestalt zu erzeugen, bedarf man vor Allem der Feststellung dieser Form im Modell, alsdann der Form, welche dieses Modell umschließt, endlich des Materiales, mittelst welchem die Form ausgegossen wird. Das End- resultat ist dann der fertige Guß, der die Gestalt des Modells angenommen hat. Man kann indeß unter einigen gewissen Voraussetzungen das Modell entbehren, indem man die Schablone anwendet, wie dies vorzugsweise bei Rotationskörpern und solchen Objecten vorkommt, die man durch Fortbewegen eines Profils, an einer Leitlinie entstanden, denken kann. Unter freien Formen endlich versteht man solche Lehmformen, welche mit Ausschluß eines Modells oder einer Schablone nur nach der Zeichnung mit Zuhilfenahme von Maßstab, Zirkel, Lehren u. s. w. aus Stein und Lehm aufgebaut werden.
Was zunächst die Formen anbetrifft, unterscheidet man dieselben in bleibende und in nur einmal benützbare. Erstere werden entweder gleich den Modellen durch Handarbeit allein in Metall, Stein, Thon u. s. w. ausgeführt oder selbst durch Guß aus Eisen erzeugt und enthalten bei Hohlformen Außen- und Innen- form zugleich. Zu den nur einmal benützten Formen gehören die aus Formsand, aus Masse, aus Lehm und anderen plastischen Materialien, endlich die Gypsformen für Guß bei höherer Temperatur, die nur einmal aushalten können. Der Form- sand muß vorzugsweise aus Quarz bestehen und ein gleichförmiges feines Korn zeigen. Ein Gehalt von etwa 10 % feinstem Staubsand und 2--3 % Thon tragen zum Zusammenhalten desselben im feuchten Zustande bei. Er muß sich leicht in der Hand halten lassen und der Zertrümmerung beim Herabfallen von etwa Spanhöhe Widerstand leisten.
Formsand giebt im feuchten Zustande die Eindrücke des Modells sehr genau wieder und widersteht dem Drucke geschmolzenen Metalls mindestens so lange, bis dieses zu der gewünschten Gestalt erstarrt ist. Auch ist es porös genug, um die Luft der Form und die beim Gießen entwickelten Gase leicht entweichen zu lassen. Seine Qualität wird durch eine gewisse Beimischung von Kohlenstaub oder Graphit, die zum Auskleiden der Form verwendet werden, nur verbessert. ... Die Masse ist ein Gemisch von gemahlener Chamotte (feuerfestem gebrannten Thon) und festem, ungebranntem, feuerfestem Thon. Da die Masse für Gase undurchdringlich ist, müssen Formen dieser Art gut ausgetrocknet sein. Gegen das Anbrennen erhalten die Masse-
Vierter Abſchnitt.
d. h. in die Zeit der Erfindung des Hochofenproceſſes, der es ermöglichte, flüſſiges Eiſen darzuſtellen. Der Grund für die ſpätere Verwendung des Eiſens zum Gießen iſt zweifellos in der Untauglichkeit des zuerſt erblaſenen weißen Roheiſens zu ſuchen. Erſt als durch Erhöhung der Oefen die Temperatur im Schmelzherde ſtieg, konnte Silicium reducirt und ſomit graues Roheiſen gewonnen werden, d. h. diejenige Roheiſenſorte, dem unter allen allein die Eigenſchaft zukommt, beim Erſtarren ſich auszudehnen, die feinſten Vertiefungen der Form ſcharf auszufüllen und in Folge ſeiner Weichheit ſich leicht bearbeiten zu laſſen.
Damit iſt die Operation ſchon in ihren Hauptzügen gekennzeichnet: um durch Guß eine zweckmäßige Geſtalt zu erzeugen, bedarf man vor Allem der Feſtſtellung dieſer Form im Modell, alsdann der Form, welche dieſes Modell umſchließt, endlich des Materiales, mittelſt welchem die Form ausgegoſſen wird. Das End- reſultat iſt dann der fertige Guß, der die Geſtalt des Modells angenommen hat. Man kann indeß unter einigen gewiſſen Vorausſetzungen das Modell entbehren, indem man die Schablone anwendet, wie dies vorzugsweiſe bei Rotationskörpern und ſolchen Objecten vorkommt, die man durch Fortbewegen eines Profils, an einer Leitlinie entſtanden, denken kann. Unter freien Formen endlich verſteht man ſolche Lehmformen, welche mit Ausſchluß eines Modells oder einer Schablone nur nach der Zeichnung mit Zuhilfenahme von Maßſtab, Zirkel, Lehren u. ſ. w. aus Stein und Lehm aufgebaut werden.
Was zunächſt die Formen anbetrifft, unterſcheidet man dieſelben in bleibende und in nur einmal benützbare. Erſtere werden entweder gleich den Modellen durch Handarbeit allein in Metall, Stein, Thon u. ſ. w. ausgeführt oder ſelbſt durch Guß aus Eiſen erzeugt und enthalten bei Hohlformen Außen- und Innen- form zugleich. Zu den nur einmal benützten Formen gehören die aus Formſand, aus Maſſe, aus Lehm und anderen plaſtiſchen Materialien, endlich die Gypsformen für Guß bei höherer Temperatur, die nur einmal aushalten können. Der Form- ſand muß vorzugsweiſe aus Quarz beſtehen und ein gleichförmiges feines Korn zeigen. Ein Gehalt von etwa 10 % feinſtem Staubſand und 2—3 % Thon tragen zum Zuſammenhalten desſelben im feuchten Zuſtande bei. Er muß ſich leicht in der Hand halten laſſen und der Zertrümmerung beim Herabfallen von etwa Spanhöhe Widerſtand leiſten.
Formſand giebt im feuchten Zuſtande die Eindrücke des Modells ſehr genau wieder und widerſteht dem Drucke geſchmolzenen Metalls mindeſtens ſo lange, bis dieſes zu der gewünſchten Geſtalt erſtarrt iſt. Auch iſt es porös genug, um die Luft der Form und die beim Gießen entwickelten Gaſe leicht entweichen zu laſſen. Seine Qualität wird durch eine gewiſſe Beimiſchung von Kohlenſtaub oder Graphit, die zum Auskleiden der Form verwendet werden, nur verbeſſert. ... Die Maſſe iſt ein Gemiſch von gemahlener Chamotte (feuerfeſtem gebrannten Thon) und feſtem, ungebranntem, feuerfeſtem Thon. Da die Maſſe für Gaſe undurchdringlich iſt, müſſen Formen dieſer Art gut ausgetrocknet ſein. Gegen das Anbrennen erhalten die Maſſe-
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[84/0106]
Vierter Abſchnitt.
d. h. in die Zeit der Erfindung des Hochofenproceſſes, der es ermöglichte, flüſſiges
Eiſen darzuſtellen. Der Grund für die ſpätere Verwendung des Eiſens zum Gießen
iſt zweifellos in der Untauglichkeit des zuerſt erblaſenen weißen Roheiſens zu ſuchen.
Erſt als durch Erhöhung der Oefen die Temperatur im Schmelzherde ſtieg, konnte
Silicium reducirt und ſomit graues Roheiſen gewonnen werden, d. h. diejenige
Roheiſenſorte, dem unter allen allein die Eigenſchaft zukommt, beim Erſtarren ſich
auszudehnen, die feinſten Vertiefungen der Form ſcharf auszufüllen und in Folge
ſeiner Weichheit ſich leicht bearbeiten zu laſſen.
Damit iſt die Operation ſchon in ihren Hauptzügen gekennzeichnet: um durch
Guß eine zweckmäßige Geſtalt zu erzeugen, bedarf man vor Allem der Feſtſtellung
dieſer Form im Modell, alsdann der Form, welche dieſes Modell umſchließt,
endlich des Materiales, mittelſt welchem die Form ausgegoſſen wird. Das End-
reſultat iſt dann der fertige Guß, der die Geſtalt des Modells angenommen hat.
Man kann indeß unter einigen gewiſſen Vorausſetzungen das Modell entbehren,
indem man die Schablone anwendet, wie dies vorzugsweiſe bei Rotationskörpern
und ſolchen Objecten vorkommt, die man durch Fortbewegen eines Profils, an einer
Leitlinie entſtanden, denken kann. Unter freien Formen endlich verſteht man ſolche
Lehmformen, welche mit Ausſchluß eines Modells oder einer Schablone nur nach
der Zeichnung mit Zuhilfenahme von Maßſtab, Zirkel, Lehren u. ſ. w. aus Stein
und Lehm aufgebaut werden.
Was zunächſt die Formen anbetrifft, unterſcheidet man dieſelben in bleibende
und in nur einmal benützbare. Erſtere werden entweder gleich den Modellen
durch Handarbeit allein in Metall, Stein, Thon u. ſ. w. ausgeführt oder ſelbſt
durch Guß aus Eiſen erzeugt und enthalten bei Hohlformen Außen- und Innen-
form zugleich. Zu den nur einmal benützten Formen gehören die aus Formſand,
aus Maſſe, aus Lehm und anderen plaſtiſchen Materialien, endlich die Gypsformen
für Guß bei höherer Temperatur, die nur einmal aushalten können. Der Form-
ſand muß vorzugsweiſe aus Quarz beſtehen und ein gleichförmiges feines Korn
zeigen. Ein Gehalt von etwa 10 % feinſtem Staubſand und 2—3 % Thon tragen
zum Zuſammenhalten desſelben im feuchten Zuſtande bei. Er muß ſich leicht in der
Hand halten laſſen und der Zertrümmerung beim Herabfallen von etwa Spanhöhe
Widerſtand leiſten.
Formſand giebt im feuchten Zuſtande die Eindrücke des Modells ſehr genau
wieder und widerſteht dem Drucke geſchmolzenen Metalls mindeſtens ſo lange, bis
dieſes zu der gewünſchten Geſtalt erſtarrt iſt. Auch iſt es porös genug, um die Luft
der Form und die beim Gießen entwickelten Gaſe leicht entweichen zu laſſen. Seine
Qualität wird durch eine gewiſſe Beimiſchung von Kohlenſtaub oder Graphit, die
zum Auskleiden der Form verwendet werden, nur verbeſſert. ... Die Maſſe iſt
ein Gemiſch von gemahlener Chamotte (feuerfeſtem gebrannten Thon) und feſtem,
ungebranntem, feuerfeſtem Thon. Da die Maſſe für Gaſe undurchdringlich iſt, müſſen
Formen dieſer Art gut ausgetrocknet ſein. Gegen das Anbrennen erhalten die Maſſe-
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Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_cyklopen_1900/106>, abgerufen am 24.11.2024.
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