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Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900.

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Dritter Abschnitt.

Wie die Dimensionen dieser Locomotive ins Ungeheure gehen, sind auch die
Abmessungen der einzelnen Theile erstaunlich. Die Kolbenstangen haben einen
Durchmesser von 11, die Treibachse einen solchen von 30 Centimeter. Kolben-
stangen, Krummzapfen und Kreuzkopf sind aus bestem Tiegelstahl; Kolbenstangen
und Kreuzkopf sind hohl. Mit Rücksicht darauf, daß diese Locomotive bedeutende
Höhen in Gebirgsstrecken zu durchlaufen hat, wo im Winter nicht selten extrem
niedrige Temperaturen auftreten, sind zur Verhinderung des Einfrierens gewisser
Theile des Treibmechanismus Asbestfütterungen angebracht.

Die Schnelligkeit des Verkehrs ist dasjenige Element, welches wie kein
anderes im Eisenbahnwesen in der Voraussetzung einer besonderen Solidität der
Betriebsmittel fußt. Denn abgesehen von der größeren Leistungsfähigkeit der Loco-
motiven durch zweckentsprechende Dimensionirung und Ausgestaltung ihrer einzelnen
Organe, handelt es sich hierbei noch um einen weiteren, sehr wichtigen Factor:
um die Ermittelung der in Folge des Aufeinanderreibens der verschiedenen Con-
structionselemente sich ergebenden Erschwernisse in der Fortbewegung. Nur die reiche
Erfahrung im Bunde mit der wissenschaftlichen Ausgestaltung der Eisenbahntechnik
konnte diesfalls so schwer wiegende Fragen der Lösung näher bringen, welche in
der Zeit der vagen Empirie kaum in Erwägung gezogen wurden. Die Fortbewegung
wird nämlich durch eine Reihe von störenden Einwirkungen paralysirt, welche man
die "Zugwiderstände" nennt. Mit diesen wieder hängt die Abnützung der Rad-
reifen und die Veränderung der Geleisanlage zusammen, wodurch die Sicherheit
gegen Entgleisungen erheblich herabgemindert wird.

Im Schnellverkehr war England allen anderen Ländern immer weit voraus.
Dort betrug die Geschwindigkeit der Expreß- und Mailtrains 70 bis 85 Kilometer in
der Stunde. Auf dem Continente ist man fallweise diesem Tempo ziemlich nahe
gekommen, doch bleiben die meisten schnellfahrenden Züge weit hinter diesem
Maximum zurück. Bei Wettfahrten, welche vor einigen Jahren in Frankreich
angestellt wurden, durchfuhren Locomotiven für sich allein 120 bis 144 Kilometer,
Züge mit 240 Tonnen 95, mit 294 Tonnen 85 Kilometer in der Stunde. In
England sollen in einzelnen Fällen Geschwindigkeiten von 150 Kilometer verzeichnet
worden sein ... Das ist aber noch Alles nichts. Im November 1892 lief auf der
Strecke New-York--Philadelphia ein Expreßzug -- allerdings nur zur Probe --
der eine Maximalgeschwindigkeit von 160 Kilometer erreichte. Gleichwohl ist diese
Leistung nach wenigen Monaten übertroffen worden. Am 10. Mai 1893 legte
eine von der Locomotivwerkstätte der New-York Central & Hudson Railway
gebaute Maschine in der Strecke Batavia-Buffalo 179.2 Kilometer in der Stunde
zurück!

Selbstverständlich hat man es hier nur mit Experimenten zu thun. Gleich-
wohl haben sie den normalen Schnellverkehr bestimmend beeinflußt und es ist von
Interesse, die Bedingungen kennen zu lernen, unter welchen die zur Zeit schnellsten
Expreßzüge verkehren. Es sind dies der zwischen London und Exeter laufende

Dritter Abſchnitt.

Wie die Dimenſionen dieſer Locomotive ins Ungeheure gehen, ſind auch die
Abmeſſungen der einzelnen Theile erſtaunlich. Die Kolbenſtangen haben einen
Durchmeſſer von 11, die Treibachſe einen ſolchen von 30 Centimeter. Kolben-
ſtangen, Krummzapfen und Kreuzkopf ſind aus beſtem Tiegelſtahl; Kolbenſtangen
und Kreuzkopf ſind hohl. Mit Rückſicht darauf, daß dieſe Locomotive bedeutende
Höhen in Gebirgsſtrecken zu durchlaufen hat, wo im Winter nicht ſelten extrem
niedrige Temperaturen auftreten, ſind zur Verhinderung des Einfrierens gewiſſer
Theile des Treibmechanismus Asbeſtfütterungen angebracht.

Die Schnelligkeit des Verkehrs iſt dasjenige Element, welches wie kein
anderes im Eiſenbahnweſen in der Vorausſetzung einer beſonderen Solidität der
Betriebsmittel fußt. Denn abgeſehen von der größeren Leiſtungsfähigkeit der Loco-
motiven durch zweckentſprechende Dimenſionirung und Ausgeſtaltung ihrer einzelnen
Organe, handelt es ſich hierbei noch um einen weiteren, ſehr wichtigen Factor:
um die Ermittelung der in Folge des Aufeinanderreibens der verſchiedenen Con-
ſtructionselemente ſich ergebenden Erſchwerniſſe in der Fortbewegung. Nur die reiche
Erfahrung im Bunde mit der wiſſenſchaftlichen Ausgeſtaltung der Eiſenbahntechnik
konnte diesfalls ſo ſchwer wiegende Fragen der Löſung näher bringen, welche in
der Zeit der vagen Empirie kaum in Erwägung gezogen wurden. Die Fortbewegung
wird nämlich durch eine Reihe von ſtörenden Einwirkungen paralyſirt, welche man
die »Zugwiderſtände« nennt. Mit dieſen wieder hängt die Abnützung der Rad-
reifen und die Veränderung der Geleisanlage zuſammen, wodurch die Sicherheit
gegen Entgleiſungen erheblich herabgemindert wird.

Im Schnellverkehr war England allen anderen Ländern immer weit voraus.
Dort betrug die Geſchwindigkeit der Expreß- und Mailtrains 70 bis 85 Kilometer in
der Stunde. Auf dem Continente iſt man fallweiſe dieſem Tempo ziemlich nahe
gekommen, doch bleiben die meiſten ſchnellfahrenden Züge weit hinter dieſem
Maximum zurück. Bei Wettfahrten, welche vor einigen Jahren in Frankreich
angeſtellt wurden, durchfuhren Locomotiven für ſich allein 120 bis 144 Kilometer,
Züge mit 240 Tonnen 95, mit 294 Tonnen 85 Kilometer in der Stunde. In
England ſollen in einzelnen Fällen Geſchwindigkeiten von 150 Kilometer verzeichnet
worden ſein ... Das iſt aber noch Alles nichts. Im November 1892 lief auf der
Strecke New-York—Philadelphia ein Expreßzug — allerdings nur zur Probe —
der eine Maximalgeſchwindigkeit von 160 Kilometer erreichte. Gleichwohl iſt dieſe
Leiſtung nach wenigen Monaten übertroffen worden. Am 10. Mai 1893 legte
eine von der Locomotivwerkſtätte der New-York Central & Hudson Railway
gebaute Maſchine in der Strecke Batavia-Buffalo 179‧2 Kilometer in der Stunde
zurück!

Selbſtverſtändlich hat man es hier nur mit Experimenten zu thun. Gleich-
wohl haben ſie den normalen Schnellverkehr beſtimmend beeinflußt und es iſt von
Intereſſe, die Bedingungen kennen zu lernen, unter welchen die zur Zeit ſchnellſten
Expreßzüge verkehren. Es ſind dies der zwiſchen London und Exeter laufende

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[928/1010] Dritter Abſchnitt. Wie die Dimenſionen dieſer Locomotive ins Ungeheure gehen, ſind auch die Abmeſſungen der einzelnen Theile erſtaunlich. Die Kolbenſtangen haben einen Durchmeſſer von 11, die Treibachſe einen ſolchen von 30 Centimeter. Kolben- ſtangen, Krummzapfen und Kreuzkopf ſind aus beſtem Tiegelſtahl; Kolbenſtangen und Kreuzkopf ſind hohl. Mit Rückſicht darauf, daß dieſe Locomotive bedeutende Höhen in Gebirgsſtrecken zu durchlaufen hat, wo im Winter nicht ſelten extrem niedrige Temperaturen auftreten, ſind zur Verhinderung des Einfrierens gewiſſer Theile des Treibmechanismus Asbeſtfütterungen angebracht. Die Schnelligkeit des Verkehrs iſt dasjenige Element, welches wie kein anderes im Eiſenbahnweſen in der Vorausſetzung einer beſonderen Solidität der Betriebsmittel fußt. Denn abgeſehen von der größeren Leiſtungsfähigkeit der Loco- motiven durch zweckentſprechende Dimenſionirung und Ausgeſtaltung ihrer einzelnen Organe, handelt es ſich hierbei noch um einen weiteren, ſehr wichtigen Factor: um die Ermittelung der in Folge des Aufeinanderreibens der verſchiedenen Con- ſtructionselemente ſich ergebenden Erſchwerniſſe in der Fortbewegung. Nur die reiche Erfahrung im Bunde mit der wiſſenſchaftlichen Ausgeſtaltung der Eiſenbahntechnik konnte diesfalls ſo ſchwer wiegende Fragen der Löſung näher bringen, welche in der Zeit der vagen Empirie kaum in Erwägung gezogen wurden. Die Fortbewegung wird nämlich durch eine Reihe von ſtörenden Einwirkungen paralyſirt, welche man die »Zugwiderſtände« nennt. Mit dieſen wieder hängt die Abnützung der Rad- reifen und die Veränderung der Geleisanlage zuſammen, wodurch die Sicherheit gegen Entgleiſungen erheblich herabgemindert wird. Im Schnellverkehr war England allen anderen Ländern immer weit voraus. Dort betrug die Geſchwindigkeit der Expreß- und Mailtrains 70 bis 85 Kilometer in der Stunde. Auf dem Continente iſt man fallweiſe dieſem Tempo ziemlich nahe gekommen, doch bleiben die meiſten ſchnellfahrenden Züge weit hinter dieſem Maximum zurück. Bei Wettfahrten, welche vor einigen Jahren in Frankreich angeſtellt wurden, durchfuhren Locomotiven für ſich allein 120 bis 144 Kilometer, Züge mit 240 Tonnen 95, mit 294 Tonnen 85 Kilometer in der Stunde. In England ſollen in einzelnen Fällen Geſchwindigkeiten von 150 Kilometer verzeichnet worden ſein ... Das iſt aber noch Alles nichts. Im November 1892 lief auf der Strecke New-York—Philadelphia ein Expreßzug — allerdings nur zur Probe — der eine Maximalgeſchwindigkeit von 160 Kilometer erreichte. Gleichwohl iſt dieſe Leiſtung nach wenigen Monaten übertroffen worden. Am 10. Mai 1893 legte eine von der Locomotivwerkſtätte der New-York Central & Hudson Railway gebaute Maſchine in der Strecke Batavia-Buffalo 179‧2 Kilometer in der Stunde zurück! Selbſtverſtändlich hat man es hier nur mit Experimenten zu thun. Gleich- wohl haben ſie den normalen Schnellverkehr beſtimmend beeinflußt und es iſt von Intereſſe, die Bedingungen kennen zu lernen, unter welchen die zur Zeit ſchnellſten Expreßzüge verkehren. Es ſind dies der zwiſchen London und Exeter laufende

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Zitationshilfe: Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900, S. 928. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_cyklopen_1900/1010>, abgerufen am 27.11.2024.