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Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Armenien. Ein Bild seiner Natur und seiner Bewohner. Jena, 1878.

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Zur Geschichte Erzerums.
Eufratquelle in den vergilbtesten armenischen Traditionen keinerlei
Erwähnung, bis die römischen Geschichtsschreiber, zumal Dio
Cassius1, von ihr die erste Kunde brachten. Es war indeß eine
Nachricht, die für das damalige Emporium mit einer Katastrophe
gleichbedeutend war. Schon unter Kaiser Nero wurde der
Parther-Prinz Dertad (Tiridates) von Rom aus zum Könige
von Armenien, oder richtiger zum Vasallen Roms ausgerufen,
was in der Folge unter den Parthern viel böses Blut machte,
und schließlich unter Trajans Regierung zu einer Art Auf-
forderung von Seiten des regierenden parthischen Großkönigs
an den Beherrscher Armeniens führte, seine Truppen außer Land
zu bringen und dieses ihm zu überlassen. Das aber konnte
Trajan nicht dulden und so kam es zum Kriege, der unter den
Mauern von Garin (Erzerum) sein Ende fand. Schon während
des Herannahens der Römer entsendete Khosroes, der allen
Grund hatte, Trajans Legionen zu fürchten, Boten dem römischen
Kaiser entgegen, von denen indeß dieser sich nicht beschwatzen
ließ, trotz der überbrachten Versicherung, Prinz Parthamasiris
werde als treuer Anhänger Roms Armenien im Sinne und
nach Wunsch des mächtigen Schutzherrn regieren.

Trajans Legionen erschienen im Quellbereiche des Eufrat
innerhalb der Jahre 114--117 (n. Chr.). Auf ihrem Zuge von
Antiochia längs des Eufrat herauf ergaben sich sämmtliche feste
Plätze, ohne vorhergegangene Belagerung, wie Dio Cassius ver-
sichert, und unversehens tauchte der glückliche Eroberer nördlich
der, als unpassirbar gehaltenen Eufratpässe zwischen Melitene
(Malatia) und Erzingian auf, die noch heute das weitaus Groß-
artigste sind, was Hoch-Armenien an Naturwundern besitzt. Der
Ort, wo Trajan sein Lager aufschlug, hat sich sogar dem Namen
nach bis auf den Tag erhalten. Es war Elegia, heute Ilidja2
(auch Eleja), drei Stunden westlich vom heutigen Erzerum in
sumpfiger Niederung und an einer antiken Bogenbrücke gelegen,
die daselbst den Eufrat übersetzt ... Alsbald hatte Trajan

1 Hist. Rom. Lib. LXVIII., Trajanus 19.
2 Mannert ("Geogr. d. Gr. und Röm.", V, 240) hält den gleich-
namigen Ort bei Melitene für die fragliche Localität dieses Zwischenfalles,
was schon Ritter (Erdkunde, 10) bestritten hatte.

Zur Geſchichte Erzerums.
Eufratquelle in den vergilbteſten armeniſchen Traditionen keinerlei
Erwähnung, bis die römiſchen Geſchichtsſchreiber, zumal Dio
Caſſius1, von ihr die erſte Kunde brachten. Es war indeß eine
Nachricht, die für das damalige Emporium mit einer Kataſtrophe
gleichbedeutend war. Schon unter Kaiſer Nero wurde der
Parther-Prinz Dertad (Tiridates) von Rom aus zum Könige
von Armenien, oder richtiger zum Vaſallen Roms ausgerufen,
was in der Folge unter den Parthern viel böſes Blut machte,
und ſchließlich unter Trajans Regierung zu einer Art Auf-
forderung von Seiten des regierenden parthiſchen Großkönigs
an den Beherrſcher Armeniens führte, ſeine Truppen außer Land
zu bringen und dieſes ihm zu überlaſſen. Das aber konnte
Trajan nicht dulden und ſo kam es zum Kriege, der unter den
Mauern von Garin (Erzerum) ſein Ende fand. Schon während
des Herannahens der Römer entſendete Khosroes, der allen
Grund hatte, Trajans Legionen zu fürchten, Boten dem römiſchen
Kaiſer entgegen, von denen indeß dieſer ſich nicht beſchwatzen
ließ, trotz der überbrachten Verſicherung, Prinz Parthamaſiris
werde als treuer Anhänger Roms Armenien im Sinne und
nach Wunſch des mächtigen Schutzherrn regieren.

Trajans Legionen erſchienen im Quellbereiche des Eufrat
innerhalb der Jahre 114—117 (n. Chr.). Auf ihrem Zuge von
Antiochia längs des Eufrat herauf ergaben ſich ſämmtliche feſte
Plätze, ohne vorhergegangene Belagerung, wie Dio Caſſius ver-
ſichert, und unverſehens tauchte der glückliche Eroberer nördlich
der, als unpaſſirbar gehaltenen Eufratpäſſe zwiſchen Melitene
(Malatia) und Erzingian auf, die noch heute das weitaus Groß-
artigſte ſind, was Hoch-Armenien an Naturwundern beſitzt. Der
Ort, wo Trajan ſein Lager aufſchlug, hat ſich ſogar dem Namen
nach bis auf den Tag erhalten. Es war Elegia, heute Ilidja2
(auch Eleja), drei Stunden weſtlich vom heutigen Erzerum in
ſumpfiger Niederung und an einer antiken Bogenbrücke gelegen,
die daſelbſt den Eufrat überſetzt … Alsbald hatte Trajan

1 Hist. Rom. Lib. LXVIII., Trajanus 19.
2 Mannert („Geogr. d. Gr. und Röm.“, V, 240) hält den gleich-
namigen Ort bei Melitene für die fragliche Localität dieſes Zwiſchenfalles,
was ſchon Ritter (Erdkunde, 10) beſtritten hatte.
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[53/0085] Zur Geſchichte Erzerums. Eufratquelle in den vergilbteſten armeniſchen Traditionen keinerlei Erwähnung, bis die römiſchen Geſchichtsſchreiber, zumal Dio Caſſius 1, von ihr die erſte Kunde brachten. Es war indeß eine Nachricht, die für das damalige Emporium mit einer Kataſtrophe gleichbedeutend war. Schon unter Kaiſer Nero wurde der Parther-Prinz Dertad (Tiridates) von Rom aus zum Könige von Armenien, oder richtiger zum Vaſallen Roms ausgerufen, was in der Folge unter den Parthern viel böſes Blut machte, und ſchließlich unter Trajans Regierung zu einer Art Auf- forderung von Seiten des regierenden parthiſchen Großkönigs an den Beherrſcher Armeniens führte, ſeine Truppen außer Land zu bringen und dieſes ihm zu überlaſſen. Das aber konnte Trajan nicht dulden und ſo kam es zum Kriege, der unter den Mauern von Garin (Erzerum) ſein Ende fand. Schon während des Herannahens der Römer entſendete Khosroes, der allen Grund hatte, Trajans Legionen zu fürchten, Boten dem römiſchen Kaiſer entgegen, von denen indeß dieſer ſich nicht beſchwatzen ließ, trotz der überbrachten Verſicherung, Prinz Parthamaſiris werde als treuer Anhänger Roms Armenien im Sinne und nach Wunſch des mächtigen Schutzherrn regieren. Trajans Legionen erſchienen im Quellbereiche des Eufrat innerhalb der Jahre 114—117 (n. Chr.). Auf ihrem Zuge von Antiochia längs des Eufrat herauf ergaben ſich ſämmtliche feſte Plätze, ohne vorhergegangene Belagerung, wie Dio Caſſius ver- ſichert, und unverſehens tauchte der glückliche Eroberer nördlich der, als unpaſſirbar gehaltenen Eufratpäſſe zwiſchen Melitene (Malatia) und Erzingian auf, die noch heute das weitaus Groß- artigſte ſind, was Hoch-Armenien an Naturwundern beſitzt. Der Ort, wo Trajan ſein Lager aufſchlug, hat ſich ſogar dem Namen nach bis auf den Tag erhalten. Es war Elegia, heute Ilidja 2 (auch Eleja), drei Stunden weſtlich vom heutigen Erzerum in ſumpfiger Niederung und an einer antiken Bogenbrücke gelegen, die daſelbſt den Eufrat überſetzt … Alsbald hatte Trajan 1 Hist. Rom. Lib. LXVIII., Trajanus 19. 2 Mannert („Geogr. d. Gr. und Röm.“, V, 240) hält den gleich- namigen Ort bei Melitene für die fragliche Localität dieſes Zwiſchenfalles, was ſchon Ritter (Erdkunde, 10) beſtritten hatte.

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Zitationshilfe: Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Armenien. Ein Bild seiner Natur und seiner Bewohner. Jena, 1878, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_armenien_1878/85>, abgerufen am 23.11.2024.