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Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Armenien. Ein Bild seiner Natur und seiner Bewohner. Jena, 1878.

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Ueberblick auf Gesammt-Armenien.
graphische Mittelglied Iran. Der ausgesprochene Plateau-Cha-
rakter mit seinen mehr oder minder gewaltigen Randgebirgen und
den, im Innern regellos aneinanderschließenden Gebirgsgliedern,
gestattete keine ausgedehnten Thalbildungen und somit fehlen hier
große Flußläufe. Nur gegen Osten, in Afghanistan, öffnet sich
ein kurzer aber imposanter Thalweg, jener von Kabul, der die
Verbindung mit Indien vermittelt. Er ist aber von mehr localer
Bedeutung und der eigentliche Lebensnerv als Verkehrsader war
immerdar die große Ueberlandroute, die Königsstraße, welche vom
Industhale aus das ganze iranische Tafelland nach Westen hin
durchzog. Trotz dem Mangel culturvermittelnder Ströme war
aber dem Lande eine andere Bedingung zur Vermeidung absoluter
Exclusivität gegeben, seine maritime Begrenzung im Süden
Zwar die Sandwüsten Gedrosiens und das felsige Litorale von
Mekran waren nicht darnach, diesem natürlichen Vortheile auch
wirklichen praktischen Werth zu verleihen, aber der vermittelnde
Küstenstrich lag mehr im Westen, am Persermeer, zu dem hinab
auch einzelne Binnenströme, so der zum Theile schiffbare Kharun,
ihren Lauf suchen 1. Nahezu an derselben Stelle, und zwar zuletzt
zu einer großen Wasserader vereint, ergießen sich aber die beiden
großen Ströme Vorder-Asiens, der Eufrat und Tigris, die eigent-
lichen und wahren Vermittler zwischen der sonnigen, tropischen,
arabisch-mesopotamischen Culturwelt und den rauheren Hochlän-
dern des Nordens (Armenien). Daß Mesopotamien und Iran
auch sonst ganz andere Existenzbedingungen besaßen, daß ferner
die von der Natur nur unvollkommenen von einander getrennten
Völkerschaften, durch das Bedürfniß gegenseitigen Ersetzens, oder
Tausches ihrer materiellen Mittel, häufiger in Contact geriethen

1 Auch dieser Küstenstrich dürfte kaum je ein Paradies gewesen sein.
Das Land fällt stufenförmig ab, jede Stufenfläche von einer gewaltigen
Gebirgskette getragen. Nur steile Zickzackpfade an himmelhohen Felsen
und über entsprechend tiefen Abgründen führen hindurch und hinüber
auf eine erste Stufe, wo immer noch Palmen stehen (bei den Ruinen aus
der Sassanidenzeit zu Kazerun, Schahpur etc.). Abermals folgen Gebirgs-
pfeiler mit einem Paß, wo man hinter seinem Maulthiere klettern muß,
und ein zweiter noch höherer, bevor die Thalstufe von Schiras sich auf-
thut. Noch eine Stufe höher liegt Persepolis; höher hinauf hört auch der
Anbau auf und findet nur noch Heerdentrieb statt. (Vgl. Braun, "Hi-
storische Landschaften", 263.)

Ueberblick auf Geſammt-Armenien.
graphiſche Mittelglied Iran. Der ausgeſprochene Plateau-Cha-
rakter mit ſeinen mehr oder minder gewaltigen Randgebirgen und
den, im Innern regellos aneinanderſchließenden Gebirgsgliedern,
geſtattete keine ausgedehnten Thalbildungen und ſomit fehlen hier
große Flußläufe. Nur gegen Oſten, in Afghaniſtan, öffnet ſich
ein kurzer aber impoſanter Thalweg, jener von Kabul, der die
Verbindung mit Indien vermittelt. Er iſt aber von mehr localer
Bedeutung und der eigentliche Lebensnerv als Verkehrsader war
immerdar die große Ueberlandroute, die Königsſtraße, welche vom
Industhale aus das ganze iraniſche Tafelland nach Weſten hin
durchzog. Trotz dem Mangel culturvermittelnder Ströme war
aber dem Lande eine andere Bedingung zur Vermeidung abſoluter
Excluſivität gegeben, ſeine maritime Begrenzung im Süden
Zwar die Sandwüſten Gedroſiens und das felſige Litorale von
Mekran waren nicht darnach, dieſem natürlichen Vortheile auch
wirklichen praktiſchen Werth zu verleihen, aber der vermittelnde
Küſtenſtrich lag mehr im Weſten, am Perſermeer, zu dem hinab
auch einzelne Binnenſtröme, ſo der zum Theile ſchiffbare Kharun,
ihren Lauf ſuchen 1. Nahezu an derſelben Stelle, und zwar zuletzt
zu einer großen Waſſerader vereint, ergießen ſich aber die beiden
großen Ströme Vorder-Aſiens, der Eufrat und Tigris, die eigent-
lichen und wahren Vermittler zwiſchen der ſonnigen, tropiſchen,
arabiſch-meſopotamiſchen Culturwelt und den rauheren Hochlän-
dern des Nordens (Armenien). Daß Meſopotamien und Iran
auch ſonſt ganz andere Exiſtenzbedingungen beſaßen, daß ferner
die von der Natur nur unvollkommenen von einander getrennten
Völkerſchaften, durch das Bedürfniß gegenſeitigen Erſetzens, oder
Tauſches ihrer materiellen Mittel, häufiger in Contact geriethen

1 Auch dieſer Küſtenſtrich dürfte kaum je ein Paradies geweſen ſein.
Das Land fällt ſtufenförmig ab, jede Stufenfläche von einer gewaltigen
Gebirgskette getragen. Nur ſteile Zickzackpfade an himmelhohen Felſen
und über entſprechend tiefen Abgründen führen hindurch und hinüber
auf eine erſte Stufe, wo immer noch Palmen ſtehen (bei den Ruinen aus
der Saſſanidenzeit zu Kazerun, Schahpur ꝛc.). Abermals folgen Gebirgs-
pfeiler mit einem Paß, wo man hinter ſeinem Maulthiere klettern muß,
und ein zweiter noch höherer, bevor die Thalſtufe von Schiras ſich auf-
thut. Noch eine Stufe höher liegt Perſepolis; höher hinauf hört auch der
Anbau auf und findet nur noch Heerdentrieb ſtatt. (Vgl. Braun, „Hi-
ſtoriſche Landſchaften“, 263.)
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[132/0164] Ueberblick auf Geſammt-Armenien. graphiſche Mittelglied Iran. Der ausgeſprochene Plateau-Cha- rakter mit ſeinen mehr oder minder gewaltigen Randgebirgen und den, im Innern regellos aneinanderſchließenden Gebirgsgliedern, geſtattete keine ausgedehnten Thalbildungen und ſomit fehlen hier große Flußläufe. Nur gegen Oſten, in Afghaniſtan, öffnet ſich ein kurzer aber impoſanter Thalweg, jener von Kabul, der die Verbindung mit Indien vermittelt. Er iſt aber von mehr localer Bedeutung und der eigentliche Lebensnerv als Verkehrsader war immerdar die große Ueberlandroute, die Königsſtraße, welche vom Industhale aus das ganze iraniſche Tafelland nach Weſten hin durchzog. Trotz dem Mangel culturvermittelnder Ströme war aber dem Lande eine andere Bedingung zur Vermeidung abſoluter Excluſivität gegeben, ſeine maritime Begrenzung im Süden Zwar die Sandwüſten Gedroſiens und das felſige Litorale von Mekran waren nicht darnach, dieſem natürlichen Vortheile auch wirklichen praktiſchen Werth zu verleihen, aber der vermittelnde Küſtenſtrich lag mehr im Weſten, am Perſermeer, zu dem hinab auch einzelne Binnenſtröme, ſo der zum Theile ſchiffbare Kharun, ihren Lauf ſuchen 1. Nahezu an derſelben Stelle, und zwar zuletzt zu einer großen Waſſerader vereint, ergießen ſich aber die beiden großen Ströme Vorder-Aſiens, der Eufrat und Tigris, die eigent- lichen und wahren Vermittler zwiſchen der ſonnigen, tropiſchen, arabiſch-meſopotamiſchen Culturwelt und den rauheren Hochlän- dern des Nordens (Armenien). Daß Meſopotamien und Iran auch ſonſt ganz andere Exiſtenzbedingungen beſaßen, daß ferner die von der Natur nur unvollkommenen von einander getrennten Völkerſchaften, durch das Bedürfniß gegenſeitigen Erſetzens, oder Tauſches ihrer materiellen Mittel, häufiger in Contact geriethen 1 Auch dieſer Küſtenſtrich dürfte kaum je ein Paradies geweſen ſein. Das Land fällt ſtufenförmig ab, jede Stufenfläche von einer gewaltigen Gebirgskette getragen. Nur ſteile Zickzackpfade an himmelhohen Felſen und über entſprechend tiefen Abgründen führen hindurch und hinüber auf eine erſte Stufe, wo immer noch Palmen ſtehen (bei den Ruinen aus der Saſſanidenzeit zu Kazerun, Schahpur ꝛc.). Abermals folgen Gebirgs- pfeiler mit einem Paß, wo man hinter ſeinem Maulthiere klettern muß, und ein zweiter noch höherer, bevor die Thalſtufe von Schiras ſich auf- thut. Noch eine Stufe höher liegt Perſepolis; höher hinauf hört auch der Anbau auf und findet nur noch Heerdentrieb ſtatt. (Vgl. Braun, „Hi- ſtoriſche Landſchaften“, 263.)

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Zitationshilfe: Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Armenien. Ein Bild seiner Natur und seiner Bewohner. Jena, 1878, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_armenien_1878/164>, abgerufen am 22.11.2024.