Schweder, Christoph Hermann von: Theatrum Historicum [...] Oder Historischer Schauplatz der Ansprüche und Streitigkeiten Hoher Potentaten. Leipzig, 1712.Siebenzehende Section, Von denen Praetensionen der Fürsten zu Lichtenstein Gundackerscher Linie. Erstes Capitel/ Von der Fürsten zu Lichtenstein Praetension auff die Grafschafft Ritberg. Zu mehrer Erläuterung dieser Praetension kan folgende Genealogische Tabell dienen. Johann Graf zu Ritberg. [unleserliches Material] Historie. DIe Grafschafft Ritberg hatte ehemahlen ihre eigene Grafen, von welchen Graf Conrad dieselbe anno 1456 gegen eine gewisse Summa Geldes an Landgraf Ludwig zu Hessen verkauffte, und von diesem wieder zu einem Erb-Mann-Lehen empfieng. Als nun anno 1562 der letzte Graf zu Ritberg, Johann, ohne männliche Leibes-Lehens-Erben verstarb, zog Landgraf Philipp zu Hessen die Grafsachafft, als ein vacant gewordenes Lehen ein, und trug solches dem Röm. Reich zu einem Mann-Lehen auff. Es hatte aber obgedachter Graf Johannes zu Ritberg 2 Töchter hinterlassen, Ermengatd und Walpurgis, davon jene anfänglich an Graf Erich zu Hoya, und hernach an Graf Simon zur Lippe, diese aber an Graf Enno zu Ost-Frießland verehliget, welche bey Hessen umb die Belehnung inständig anhielten, solche auch endlich anno 1565 auff Mann-Leibes-Lehens-Erben, und in eventum Töchter, erhielten. Ermgard starb anno 1584 ohne Leibes-Erben, und kam die Grafschafft also auff dero jüngere Schwester Gräfin Walpurg zu Ost-Frießland. Walpurgis gieng anno 1586 mit Tode ab, hinterlassend 2 Töchter, davon die eine Sabina Catharina die Grafschafft Ritberg bekam, und sich nachgehends an ihren leiblichen Vater-Bruder Graf Johann zu Ost-Frießland verheyrathete; die andere Agnes ward an Gundaccerum, Freyherrn von Lichtenstein, vermählet, von welcher die Fürsten zu Lichtenstein, welche itzo Praetension auff Ritberg machen, abstammen. Es kamen aber beyde Schwestern mit dem Lehen-Herren, Landgraf Moritz zu Heßen, in Streitigkeit, nehmlich Catharina Sabina dahero, weil ihre incestuose Verheyrathung an ihres Vaters leiblichen Bruder pro felonia ausgegeben wurde; Agnes aber super formula des Fürstl. Heßischen Lehn-Brieffes über die Grafschafft Ritberg. Ob nun der Landgraf zwar anno 1603 2 Mann- und Lehen-Gerichte anordnete, und diese Streitigkeiten darinnen ventiliren ließ; so wurden dieselbe doch nachdem in Güte gehoben, und zwar die mit der Agnes dergestalt, daß ihren Nachkommen auff gewissen Art eine simultanea Investitura, (welches jedoch Hessischer Seiten noch nicht allerdings gestanden werden will) gegeben worden; jene aber mit der Catharina Sabina, in puncto Incestus, continuirte nebst Führung eines weitläufftigen Processes biß anno 1645, da sich endlich vielgedachter Sabinae Catharinae Söhne, Graf Ferdinand Frantz, und Graf Johann zu Ost- Siebenzehende Section, Von denen Praetensionen der Fürsten zu Lichtenstein Gundackerscher Linie. Erstes Capitel/ Von der Fürsten zu Lichtenstein Praetension auff die Grafschafft Ritberg. Zu mehrer Erläuterung dieser Praetension kan folgende Genealogische Tabell dienen. Johann Graf zu Ritberg. [unleserliches Material] Historie. DIe Grafschafft Ritberg hatte ehemahlen ihre eigene Grafen, von welchen Graf Conrad dieselbe anno 1456 gegen eine gewisse Summa Geldes an Landgraf Ludwig zu Hessen verkauffte, und von diesem wieder zu einem Erb-Mann-Lehen empfieng. Als nun anno 1562 der letzte Graf zu Ritberg, Johann, ohne männliche Leibes-Lehens-Erben verstarb, zog Landgraf Philipp zu Hessen die Grafsachafft, als ein vacant gewordenes Lehen ein, und trug solches dem Röm. Reich zu einem Mann-Lehen auff. Es hatte aber obgedachter Graf Johannes zu Ritberg 2 Töchter hinterlassen, Ermengatd und Walpurgis, davon jene anfänglich an Graf Erich zu Hoya, und hernach an Graf Simon zur Lippe, diese aber an Graf Enno zu Ost-Frießland verehliget, welche bey Hessen umb die Belehnung inständig anhielten, solche auch endlich anno 1565 auff Mann-Leibes-Lehens-Erben, und in eventum Töchter, erhielten. Ermgard starb anno 1584 ohne Leibes-Erben, und kam die Grafschafft also auff dero jüngere Schwester Gräfin Walpurg zu Ost-Frießland. Walpurgis gieng anno 1586 mit Tode ab, hinterlassend 2 Töchter, davon die eine Sabina Catharina die Grafschafft Ritberg bekam, und sich nachgehends an ihren leiblichen Vater-Bruder Graf Johann zu Ost-Frießland verheyrathete; die andere Agnes ward an Gundaccerum, Freyherrn von Lichtenstein, vermählet, von welcher die Fürsten zu Lichtenstein, welche itzo Praetension auff Ritberg machen, abstammen. Es kamen aber beyde Schwestern mit dem Lehen-Herren, Landgraf Moritz zu Heßen, in Streitigkeit, nehmlich Catharina Sabina dahero, weil ihre incestuose Verheyrathung an ihres Vaters leiblichen Bruder pro felonia ausgegeben wurde; Agnes aber super formulâ des Fürstl. Heßischen Lehn-Brieffes über die Grafschafft Ritberg. Ob nun der Landgraf zwar anno 1603 2 Mann- und Lehen-Gerichte anordnete, und diese Streitigkeiten darinnen ventiliren ließ; so wurden dieselbe doch nachdem in Güte gehoben, und zwar die mit der Agnes dergestalt, daß ihren Nachkommen auff gewissen Art eine simultanea Investitura, (welches jedoch Hessischer Seiten noch nicht allerdings gestanden werden will) gegeben worden; jene aber mit der Catharina Sabina, in puncto Incestus, continuirte nebst Führung eines weitläufftigen Processes biß anno 1645, da sich endlich vielgedachter Sabinae Catharinae Söhne, Graf Ferdinand Frantz, und Graf Johann zu Ost- <TEI> <text> <body> <div> <pb facs="#f0554" n="643"/> <head>Siebenzehende Section, Von denen Praetensionen der Fürsten zu Lichtenstein Gundackerscher Linie.</head> <p>Erstes Capitel/ Von der Fürsten zu Lichtenstein Praetension auff die Grafschafft Ritberg.</p> <p>Zu mehrer Erläuterung dieser Praetension kan folgende Genealogische Tabell dienen.</p> <p>Johann Graf zu Ritberg. <gap reason="illegible"/></p> <p><note place="left">Historie.</note> DIe Grafschafft Ritberg hatte ehemahlen ihre eigene Grafen, von welchen Graf Conrad dieselbe anno 1456 gegen eine gewisse Summa Geldes an Landgraf Ludwig zu Hessen verkauffte, und von diesem wieder zu einem Erb-Mann-Lehen empfieng. Als nun anno 1562 der letzte Graf zu Ritberg, Johann, ohne männliche Leibes-Lehens-Erben verstarb, zog Landgraf Philipp zu Hessen die Grafsachafft, als ein vacant gewordenes Lehen ein, und trug solches dem Röm. Reich zu einem Mann-Lehen auff. Es hatte aber obgedachter Graf Johannes zu Ritberg 2 Töchter hinterlassen, Ermengatd und Walpurgis, davon jene anfänglich an Graf Erich zu Hoya, und hernach an Graf Simon zur Lippe, diese aber an Graf Enno zu Ost-Frießland verehliget, welche bey Hessen umb die Belehnung inständig anhielten, solche auch endlich anno 1565 auff Mann-Leibes-Lehens-Erben, und in eventum Töchter, erhielten. Ermgard starb anno 1584 ohne Leibes-Erben, und kam die Grafschafft also auff dero jüngere Schwester Gräfin Walpurg zu Ost-Frießland. Walpurgis gieng anno 1586 mit Tode ab, hinterlassend 2 Töchter, davon die eine Sabina Catharina die Grafschafft Ritberg bekam, und sich nachgehends an ihren leiblichen Vater-Bruder Graf Johann zu Ost-Frießland verheyrathete; die andere Agnes ward an Gundaccerum, Freyherrn von Lichtenstein, vermählet, von welcher die Fürsten zu Lichtenstein, welche itzo Praetension auff Ritberg machen, abstammen. Es kamen aber beyde Schwestern mit dem Lehen-Herren, Landgraf Moritz zu Heßen, in Streitigkeit, nehmlich Catharina Sabina dahero, weil ihre incestuose Verheyrathung an ihres Vaters leiblichen Bruder pro felonia ausgegeben wurde; Agnes aber super formulâ des Fürstl. Heßischen Lehn-Brieffes über die Grafschafft Ritberg. Ob nun der Landgraf zwar anno 1603 2 Mann- und Lehen-Gerichte anordnete, und diese Streitigkeiten darinnen ventiliren ließ; so wurden dieselbe doch nachdem in Güte gehoben, und zwar die mit der Agnes dergestalt, daß ihren Nachkommen auff gewissen Art eine simultanea Investitura, (welches jedoch Hessischer Seiten noch nicht allerdings gestanden werden will) gegeben worden; jene aber mit der Catharina Sabina, in puncto Incestus, continuirte nebst Führung eines weitläufftigen Processes biß anno 1645, da sich endlich vielgedachter Sabinae Catharinae Söhne, Graf Ferdinand Frantz, und Graf Johann zu Ost- </p> </div> </body> </text> </TEI> [643/0554]
Siebenzehende Section, Von denen Praetensionen der Fürsten zu Lichtenstein Gundackerscher Linie. Erstes Capitel/ Von der Fürsten zu Lichtenstein Praetension auff die Grafschafft Ritberg.
Zu mehrer Erläuterung dieser Praetension kan folgende Genealogische Tabell dienen.
Johann Graf zu Ritberg. _
DIe Grafschafft Ritberg hatte ehemahlen ihre eigene Grafen, von welchen Graf Conrad dieselbe anno 1456 gegen eine gewisse Summa Geldes an Landgraf Ludwig zu Hessen verkauffte, und von diesem wieder zu einem Erb-Mann-Lehen empfieng. Als nun anno 1562 der letzte Graf zu Ritberg, Johann, ohne männliche Leibes-Lehens-Erben verstarb, zog Landgraf Philipp zu Hessen die Grafsachafft, als ein vacant gewordenes Lehen ein, und trug solches dem Röm. Reich zu einem Mann-Lehen auff. Es hatte aber obgedachter Graf Johannes zu Ritberg 2 Töchter hinterlassen, Ermengatd und Walpurgis, davon jene anfänglich an Graf Erich zu Hoya, und hernach an Graf Simon zur Lippe, diese aber an Graf Enno zu Ost-Frießland verehliget, welche bey Hessen umb die Belehnung inständig anhielten, solche auch endlich anno 1565 auff Mann-Leibes-Lehens-Erben, und in eventum Töchter, erhielten. Ermgard starb anno 1584 ohne Leibes-Erben, und kam die Grafschafft also auff dero jüngere Schwester Gräfin Walpurg zu Ost-Frießland. Walpurgis gieng anno 1586 mit Tode ab, hinterlassend 2 Töchter, davon die eine Sabina Catharina die Grafschafft Ritberg bekam, und sich nachgehends an ihren leiblichen Vater-Bruder Graf Johann zu Ost-Frießland verheyrathete; die andere Agnes ward an Gundaccerum, Freyherrn von Lichtenstein, vermählet, von welcher die Fürsten zu Lichtenstein, welche itzo Praetension auff Ritberg machen, abstammen. Es kamen aber beyde Schwestern mit dem Lehen-Herren, Landgraf Moritz zu Heßen, in Streitigkeit, nehmlich Catharina Sabina dahero, weil ihre incestuose Verheyrathung an ihres Vaters leiblichen Bruder pro felonia ausgegeben wurde; Agnes aber super formulâ des Fürstl. Heßischen Lehn-Brieffes über die Grafschafft Ritberg. Ob nun der Landgraf zwar anno 1603 2 Mann- und Lehen-Gerichte anordnete, und diese Streitigkeiten darinnen ventiliren ließ; so wurden dieselbe doch nachdem in Güte gehoben, und zwar die mit der Agnes dergestalt, daß ihren Nachkommen auff gewissen Art eine simultanea Investitura, (welches jedoch Hessischer Seiten noch nicht allerdings gestanden werden will) gegeben worden; jene aber mit der Catharina Sabina, in puncto Incestus, continuirte nebst Führung eines weitläufftigen Processes biß anno 1645, da sich endlich vielgedachter Sabinae Catharinae Söhne, Graf Ferdinand Frantz, und Graf Johann zu Ost-
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