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Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894.

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A. Erster (allgemeiner) Teil.

Die Beobachtungen über die Niederschlagsmenge auf einer Wald-
blösse ergeben allerdings grössere Zahlen als jene auf freiem Felde in
genügender Entfernung vom Walde und zwar aus folgendem Grunde:

Der Wald übt eine mechanische Wirkung, indem er vermöge
seines Kronendaches die Windstärke vermindert und die durchstreichen-
den Luftströmungen veranlasst, feintropfigen Regen bezw. kleine
Eiskrystalle abzusetzen. Infolge des Windschutzes zeigen die Regen-
messer
im Walde grössere Niederschlagsmengen als auf unbewaldetem
Terrain.

Auf diese rein mechanische Wirkung ist jedenfalls die von Müttrich
(in der Zeitschr. für Forst- und Jagdwesen, 1892. S. 27) mitgeteilte
Einwirkung der Aufforstungen in der Lüneburger Heide zurückzuführen,
wo eben bei der lebhaften Luftbewegung an der Küste der beruhigende
Einfluss des Waldes besonders fühlbar wird. Wenn schon die durch-
schnittlich 12jährigen Kiefernkulturen die erhebliche Vermehrung der
Regenhöhe von 6 % veranlassen würde, so müsste die Einwirkung
der grossen Waldungen und der Aufforstungen in anderen Gebieten so
gewaltig sein, dass sie unmöglich bisher hätte übersehen werden
können, während doch die Beobachtungen hiervon nichts erkennen lassen.

Dieses mechanische "Aussieben" der atmosphärischen Niederschläge
durch den Wald hat eine entsprechende Minderung der Regenhöhe für
die leeseitig hinter dem Walde liegenden Gebiete, einen sogen. Regen-
schatten
zur Folge, welchen u. a. Hellmann in dem hierfür sehr
geeigneten ebenen Terrain des Grunewald nachgewiesen hat.

Ausser dieser rein mechanischen Wirkung veranlasst der Wald aber
auch noch eine direkte Steigerung der Niederschlagsmengen dadurch,
dass die zwischen und unmittelbar über den Baumkronen befindliche
Luftschicht während der Vegetationszeit infolge der Transpiration sehr
wasserreich ist und infolge dessen eine Kondensation bei Abkühlungen
hier früher eintreten kann, als in den benachbarten Luftschichten. Nach
den Beobachtungen von Mathieu und Sartiaux auf der Forstdomäne
Halatte soll bei den oberhalb der Baumkronen ausgeführten Regen-
messungen ein Plus an Niederschlägen von etwa 6 % gefunden
worden sein. Jedenfalls ist diese Einwirkung des Waldes nach den
keineswegs einwandfreien Untersuchungen nur sehr gering und steht
hinter der mechanischen Aussiebung durch die Baumkronen weit zurück.

Unter den Niederschlägen ist der Hagel für die Landwirtschaft
besonders verhängnisvoll. Man hat nun mehrfach dem Walde eine
günstige Wirkung in dem Sinne zugeschrieben, dass er die Hagelbil-
dung vermindern soll, während umgekehrt nach ausgedehnten Wald-
rodungen die Hagelbeschädigungen angeblich zunehmen; ebenso wird
auch behauptet, dass Hagelstürme, wenn sie über bewaldetes Terrain
ziehen, sich häufig in Regen umwandeln, teilen oder seitwärts ziehen.


A. Erster (allgemeiner) Teil.

Die Beobachtungen über die Niederschlagsmenge auf einer Wald-
blöſse ergeben allerdings gröſsere Zahlen als jene auf freiem Felde in
genügender Entfernung vom Walde und zwar aus folgendem Grunde:

Der Wald übt eine mechanische Wirkung, indem er vermöge
seines Kronendaches die Windstärke vermindert und die durchstreichen-
den Luftströmungen veranlaſst, feintropfigen Regen bezw. kleine
Eiskrystalle abzusetzen. Infolge des Windschutzes zeigen die Regen-
messer
im Walde gröſsere Niederschlagsmengen als auf unbewaldetem
Terrain.

Auf diese rein mechanische Wirkung ist jedenfalls die von Müttrich
(in der Zeitschr. für Forst- und Jagdwesen, 1892. S. 27) mitgeteilte
Einwirkung der Aufforstungen in der Lüneburger Heide zurückzuführen,
wo eben bei der lebhaften Luftbewegung an der Küste der beruhigende
Einfluſs des Waldes besonders fühlbar wird. Wenn schon die durch-
schnittlich 12jährigen Kiefernkulturen die erhebliche Vermehrung der
Regenhöhe von 6 % veranlassen würde, so müſste die Einwirkung
der groſsen Waldungen und der Aufforstungen in anderen Gebieten so
gewaltig sein, daſs sie unmöglich bisher hätte übersehen werden
können, während doch die Beobachtungen hiervon nichts erkennen lassen.

Dieses mechanische „Aussieben“ der atmosphärischen Niederschläge
durch den Wald hat eine entsprechende Minderung der Regenhöhe für
die leeseitig hinter dem Walde liegenden Gebiete, einen sogen. Regen-
schatten
zur Folge, welchen u. a. Hellmann in dem hierfür sehr
geeigneten ebenen Terrain des Grunewald nachgewiesen hat.

Auſser dieser rein mechanischen Wirkung veranlaſst der Wald aber
auch noch eine direkte Steigerung der Niederschlagsmengen dadurch,
daſs die zwischen und unmittelbar über den Baumkronen befindliche
Luftschicht während der Vegetationszeit infolge der Transpiration sehr
wasserreich ist und infolge dessen eine Kondensation bei Abkühlungen
hier früher eintreten kann, als in den benachbarten Luftschichten. Nach
den Beobachtungen von Mathieu und Sartiaux auf der Forstdomäne
Halatte soll bei den oberhalb der Baumkronen ausgeführten Regen-
messungen ein Plus an Niederschlägen von etwa 6 % gefunden
worden sein. Jedenfalls ist diese Einwirkung des Waldes nach den
keineswegs einwandfreien Untersuchungen nur sehr gering und steht
hinter der mechanischen Aussiebung durch die Baumkronen weit zurück.

Unter den Niederschlägen ist der Hagel für die Landwirtschaft
besonders verhängnisvoll. Man hat nun mehrfach dem Walde eine
günstige Wirkung in dem Sinne zugeschrieben, daſs er die Hagelbil-
dung vermindern soll, während umgekehrt nach ausgedehnten Wald-
rodungen die Hagelbeschädigungen angeblich zunehmen; ebenso wird
auch behauptet, daſs Hagelstürme, wenn sie über bewaldetes Terrain
ziehen, sich häufig in Regen umwandeln, teilen oder seitwärts ziehen.


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[52/0070] A. Erster (allgemeiner) Teil. Die Beobachtungen über die Niederschlagsmenge auf einer Wald- blöſse ergeben allerdings gröſsere Zahlen als jene auf freiem Felde in genügender Entfernung vom Walde und zwar aus folgendem Grunde: Der Wald übt eine mechanische Wirkung, indem er vermöge seines Kronendaches die Windstärke vermindert und die durchstreichen- den Luftströmungen veranlaſst, feintropfigen Regen bezw. kleine Eiskrystalle abzusetzen. Infolge des Windschutzes zeigen die Regen- messer im Walde gröſsere Niederschlagsmengen als auf unbewaldetem Terrain. Auf diese rein mechanische Wirkung ist jedenfalls die von Müttrich (in der Zeitschr. für Forst- und Jagdwesen, 1892. S. 27) mitgeteilte Einwirkung der Aufforstungen in der Lüneburger Heide zurückzuführen, wo eben bei der lebhaften Luftbewegung an der Küste der beruhigende Einfluſs des Waldes besonders fühlbar wird. Wenn schon die durch- schnittlich 12jährigen Kiefernkulturen die erhebliche Vermehrung der Regenhöhe von 6 % veranlassen würde, so müſste die Einwirkung der groſsen Waldungen und der Aufforstungen in anderen Gebieten so gewaltig sein, daſs sie unmöglich bisher hätte übersehen werden können, während doch die Beobachtungen hiervon nichts erkennen lassen. Dieses mechanische „Aussieben“ der atmosphärischen Niederschläge durch den Wald hat eine entsprechende Minderung der Regenhöhe für die leeseitig hinter dem Walde liegenden Gebiete, einen sogen. Regen- schatten zur Folge, welchen u. a. Hellmann in dem hierfür sehr geeigneten ebenen Terrain des Grunewald nachgewiesen hat. Auſser dieser rein mechanischen Wirkung veranlaſst der Wald aber auch noch eine direkte Steigerung der Niederschlagsmengen dadurch, daſs die zwischen und unmittelbar über den Baumkronen befindliche Luftschicht während der Vegetationszeit infolge der Transpiration sehr wasserreich ist und infolge dessen eine Kondensation bei Abkühlungen hier früher eintreten kann, als in den benachbarten Luftschichten. Nach den Beobachtungen von Mathieu und Sartiaux auf der Forstdomäne Halatte soll bei den oberhalb der Baumkronen ausgeführten Regen- messungen ein Plus an Niederschlägen von etwa 6 % gefunden worden sein. Jedenfalls ist diese Einwirkung des Waldes nach den keineswegs einwandfreien Untersuchungen nur sehr gering und steht hinter der mechanischen Aussiebung durch die Baumkronen weit zurück. Unter den Niederschlägen ist der Hagel für die Landwirtschaft besonders verhängnisvoll. Man hat nun mehrfach dem Walde eine günstige Wirkung in dem Sinne zugeschrieben, daſs er die Hagelbil- dung vermindern soll, während umgekehrt nach ausgedehnten Wald- rodungen die Hagelbeschädigungen angeblich zunehmen; ebenso wird auch behauptet, daſs Hagelstürme, wenn sie über bewaldetes Terrain ziehen, sich häufig in Regen umwandeln, teilen oder seitwärts ziehen.

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Zitationshilfe: Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwappach_forstpolitik_1894/70>, abgerufen am 24.11.2024.