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Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894.

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II. Abschnitt. Die volkswirtschaftliche Bedeutung des Waldes.
Dank erntet die Forstverwaltung ohnehin nie für ihre Leistungen, da
angeblich stets zu wenig gegeben wird, während diese doch eine Beein-
trächtigung der Gesamtheit zu gunsten einzelner Interessenten darstellen.

Von den übrigen Nebennutzungen ist nur die Torfgewinnung
in manchen Gegenden von grosser Bedeutung, zuweilen auch der Betrieb
von Steinbrüchen, Kies- und Sandgruben, welcher je nach den
lokalen Verhältnissen erhebliche Renten abwerfen kann. Ihrem Wesen
nach sind diese Nutzungen jedoch keine rein forstlichen, sondern fallen
nur zufällig in den Bereich des Forstbetriebes, wenn Torflager oder
nutzbare Gesteine u. s. w. im Walde vorkommen.

Nur unbedeutend sind im geregelten Forsthaushalte die Einnahmen
aus der Harznutzung in Nadelholzbeständen, weil die Gewinnung
des Harzes den Nutzwert des Holzes und den Zuwachs in viel höherem
Masse beeinträchtigt, als der Ertrag ist, den die Harznutzung abwirft.
Diese Nutzung gilt daher bei den in Deutschland bestehenden Verhält-
nissen als unwirtschaftlich; anders liegt die Sache da, wo das Holz
noch einen erheblich geringeren Wert hat, wie z. B. in Russland und in
Nordamerika, oder bei Holzarten, welche die Harznutzung besser ohne
Schädigung der Holzqualität vertragen, wie z. B. Pinus australis und wahr-
scheinlich auch die meisten übrigen Kiefernarten. Die ausgedehnten Wal-
dungen der Seestrandskiefer (Pinus maritima) im westlichen und südwest-
lichen Frankreich liefern durch die Harznutzung sehr bedeutende Erträge.

Die Früchte der Waldbäume werden entweder zum Zwecke
der künstlichen Holzzucht oder als Futterstoffe für die Landwirtschaft
gesammelt, die Gewinnung von Öl aus den Bucheln spielt z. Z. nirgends
eine bedeutende Rolle. Der Ertrag dieser Nutzungen ist im grossen
Forsthaushalte nur geringfügig.

Hoch geschätzt werden dagegen die Beerenfrüchte des Waldes,
welche für die ärmere Bevölkerung der Waldgegenden sehr bedeutende
Erträge liefern, deren Grösse nur selten voll gewürdigt wird. So werden
z. B. nach den angestellten Erhebungen für die in der Oberförsterei
Eggesin (Pommern) gesammelten Heidelbeeren an Ort und Stelle den
Sammlern von den aufkaufenden Händlern je nach dem Ausfall der
Ernte zwischen 70000 und 130000 Mk. gezahlt!

In den vier Lehrforsten bei Eberswalde sind im Rechnungsjahr 1892/93
5598 Zettel a 5 Pfennig zum Sammeln von Beeren und Pilzen ausge-
geben, hiervon in der Oberförsterei Eberswalde allein 2843. Nimmt man
an, dass die Sammelzeit etwa 20 Tage beträgt und dass der Tagesver-
dienst einer Sammlerin auf mindestens 80 Pfennig zu veranschlagen ist,
so dürfte hier diese Nutzung etwa 90000 Mark eingebracht haben.

Schliesslich ist noch eine Einnahmequelle aus dem Walde zu er-
wähnen, welche weder zu den Haupt- noch zu den Nebennutzungen gezählt
wird, nämlich die Jagd. Näheres hierüber findet sich unten im II. Buch.


II. Abschnitt. Die volkswirtschaftliche Bedeutung des Waldes.
Dank erntet die Forstverwaltung ohnehin nie für ihre Leistungen, da
angeblich stets zu wenig gegeben wird, während diese doch eine Beein-
trächtigung der Gesamtheit zu gunsten einzelner Interessenten darstellen.

Von den übrigen Nebennutzungen ist nur die Torfgewinnung
in manchen Gegenden von groſser Bedeutung, zuweilen auch der Betrieb
von Steinbrüchen, Kies- und Sandgruben, welcher je nach den
lokalen Verhältnissen erhebliche Renten abwerfen kann. Ihrem Wesen
nach sind diese Nutzungen jedoch keine rein forstlichen, sondern fallen
nur zufällig in den Bereich des Forstbetriebes, wenn Torflager oder
nutzbare Gesteine u. s. w. im Walde vorkommen.

Nur unbedeutend sind im geregelten Forsthaushalte die Einnahmen
aus der Harznutzung in Nadelholzbeständen, weil die Gewinnung
des Harzes den Nutzwert des Holzes und den Zuwachs in viel höherem
Maſse beeinträchtigt, als der Ertrag ist, den die Harznutzung abwirft.
Diese Nutzung gilt daher bei den in Deutschland bestehenden Verhält-
nissen als unwirtschaftlich; anders liegt die Sache da, wo das Holz
noch einen erheblich geringeren Wert hat, wie z. B. in Ruſsland und in
Nordamerika, oder bei Holzarten, welche die Harznutzung besser ohne
Schädigung der Holzqualität vertragen, wie z. B. Pinus australis und wahr-
scheinlich auch die meisten übrigen Kiefernarten. Die ausgedehnten Wal-
dungen der Seestrandskiefer (Pinus maritima) im westlichen und südwest-
lichen Frankreich liefern durch die Harznutzung sehr bedeutende Erträge.

Die Früchte der Waldbäume werden entweder zum Zwecke
der künstlichen Holzzucht oder als Futterstoffe für die Landwirtschaft
gesammelt, die Gewinnung von Öl aus den Bucheln spielt z. Z. nirgends
eine bedeutende Rolle. Der Ertrag dieser Nutzungen ist im groſsen
Forsthaushalte nur geringfügig.

Hoch geschätzt werden dagegen die Beerenfrüchte des Waldes,
welche für die ärmere Bevölkerung der Waldgegenden sehr bedeutende
Erträge liefern, deren Gröſse nur selten voll gewürdigt wird. So werden
z. B. nach den angestellten Erhebungen für die in der Oberförsterei
Eggesin (Pommern) gesammelten Heidelbeeren an Ort und Stelle den
Sammlern von den aufkaufenden Händlern je nach dem Ausfall der
Ernte zwischen 70000 und 130000 Mk. gezahlt!

In den vier Lehrforsten bei Eberswalde sind im Rechnungsjahr 1892/93
5598 Zettel à 5 Pfennig zum Sammeln von Beeren und Pilzen ausge-
geben, hiervon in der Oberförsterei Eberswalde allein 2843. Nimmt man
an, daſs die Sammelzeit etwa 20 Tage beträgt und daſs der Tagesver-
dienst einer Sammlerin auf mindestens 80 Pfennig zu veranschlagen ist,
so dürfte hier diese Nutzung etwa 90000 Mark eingebracht haben.

Schlieſslich ist noch eine Einnahmequelle aus dem Walde zu er-
wähnen, welche weder zu den Haupt- noch zu den Nebennutzungen gezählt
wird, nämlich die Jagd. Näheres hierüber findet sich unten im II. Buch.


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[43/0061] II. Abschnitt. Die volkswirtschaftliche Bedeutung des Waldes. Dank erntet die Forstverwaltung ohnehin nie für ihre Leistungen, da angeblich stets zu wenig gegeben wird, während diese doch eine Beein- trächtigung der Gesamtheit zu gunsten einzelner Interessenten darstellen. Von den übrigen Nebennutzungen ist nur die Torfgewinnung in manchen Gegenden von groſser Bedeutung, zuweilen auch der Betrieb von Steinbrüchen, Kies- und Sandgruben, welcher je nach den lokalen Verhältnissen erhebliche Renten abwerfen kann. Ihrem Wesen nach sind diese Nutzungen jedoch keine rein forstlichen, sondern fallen nur zufällig in den Bereich des Forstbetriebes, wenn Torflager oder nutzbare Gesteine u. s. w. im Walde vorkommen. Nur unbedeutend sind im geregelten Forsthaushalte die Einnahmen aus der Harznutzung in Nadelholzbeständen, weil die Gewinnung des Harzes den Nutzwert des Holzes und den Zuwachs in viel höherem Maſse beeinträchtigt, als der Ertrag ist, den die Harznutzung abwirft. Diese Nutzung gilt daher bei den in Deutschland bestehenden Verhält- nissen als unwirtschaftlich; anders liegt die Sache da, wo das Holz noch einen erheblich geringeren Wert hat, wie z. B. in Ruſsland und in Nordamerika, oder bei Holzarten, welche die Harznutzung besser ohne Schädigung der Holzqualität vertragen, wie z. B. Pinus australis und wahr- scheinlich auch die meisten übrigen Kiefernarten. Die ausgedehnten Wal- dungen der Seestrandskiefer (Pinus maritima) im westlichen und südwest- lichen Frankreich liefern durch die Harznutzung sehr bedeutende Erträge. Die Früchte der Waldbäume werden entweder zum Zwecke der künstlichen Holzzucht oder als Futterstoffe für die Landwirtschaft gesammelt, die Gewinnung von Öl aus den Bucheln spielt z. Z. nirgends eine bedeutende Rolle. Der Ertrag dieser Nutzungen ist im groſsen Forsthaushalte nur geringfügig. Hoch geschätzt werden dagegen die Beerenfrüchte des Waldes, welche für die ärmere Bevölkerung der Waldgegenden sehr bedeutende Erträge liefern, deren Gröſse nur selten voll gewürdigt wird. So werden z. B. nach den angestellten Erhebungen für die in der Oberförsterei Eggesin (Pommern) gesammelten Heidelbeeren an Ort und Stelle den Sammlern von den aufkaufenden Händlern je nach dem Ausfall der Ernte zwischen 70000 und 130000 Mk. gezahlt! In den vier Lehrforsten bei Eberswalde sind im Rechnungsjahr 1892/93 5598 Zettel à 5 Pfennig zum Sammeln von Beeren und Pilzen ausge- geben, hiervon in der Oberförsterei Eberswalde allein 2843. Nimmt man an, daſs die Sammelzeit etwa 20 Tage beträgt und daſs der Tagesver- dienst einer Sammlerin auf mindestens 80 Pfennig zu veranschlagen ist, so dürfte hier diese Nutzung etwa 90000 Mark eingebracht haben. Schlieſslich ist noch eine Einnahmequelle aus dem Walde zu er- wähnen, welche weder zu den Haupt- noch zu den Nebennutzungen gezählt wird, nämlich die Jagd. Näheres hierüber findet sich unten im II. Buch.

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Zitationshilfe: Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwappach_forstpolitik_1894/61>, abgerufen am 23.11.2024.