I. Abschnitt. Produktionsverhältnisse der Forstwirtschaft.
Wenn nun solche Flächen in eine lichtere Stellung gekommen waren, so fand sich die Verjüngung teils infolge Samenabfalles, teils (bei Laub- holz) auch durch Stockausschlag ein.
Es zeigte sich aber, dass, wenn die Fällungen ein gewisses Mass überschritten, die Verjüngung wegen Mangels an Samen nur in unge- nügender Weise erfolgte, sowie dass die fortwährenden Hauungen den jungen Anflug und die frischen Ausschläge stark beschädigten. Weiter erwies sich auch die Weide in solchen Beständen als der Verjüngung höchst nachteilig.
Infolgedessen wurden schon seit dem 12. Jahrhundert Waldorte, in denen die jüngeren Altersklassen vorherrschten, in Schonung gelegt. In diesen Hegewäldern, Bannwäldern, war sowohl die Holznutzung als die Weideausübung untersagt.
Die Fähigkeit des Laubholzes, vom Stock auszuschlagen und so in einfachster Weise eine Verjüngung herbeizuführen, musste nament- lich bei jenen Waldungen, welche wegen der Nähe der Ortschaften be- sonders stark ausgenutzt wurden, auffallen und führte hier frühzeitig zur Entwicklung von nieder- und mittelwaldähnlichen Betriebs- formen (bayerisches Landrecht 1346, Erfurt 1359).
Gegen das Ende des 16. Jahrhunderts erscheint bereits mehrfach die Vorschrift, dass bei den Fällungen für jede Flächeneinheit eine An- zahl Stämme (Überhälter) zur Besamung der Abtriebsfläche belassen wer- den sollten.
Die leichte Verjüngungsweise des Nadelholzes durch Saat veran- lasste schon in der Mitte des 14. Jahrhunderts (Nürnberg 1368) künst- lichen Nadelholzanbau auszuführen; von hier aus verbreitete sich diese Methode im 15. Jahrhundert in West- und Süddeutschland.
Ziemlich gleichzeitig mit den Fortschritten der waldbaulichen Technik kam auch der Wunsch zur Geltung, eine gewisse Ordnung und Regel- mässigkeit in die Abnutzung zu bringen. Zuerst erfolgte dieses unter den einfachsten Verhältnissen, wie sie der Niederwald mit kurzen Um- trieben bietet, durch eine Teilung der Waldfläche entsprechend der Anzahl der Jahre, welche die Umtriebszeit umfasst (Erfurt 1359).
Im grossen und ganzen waren aber doch von ganz vereinzelten Ausnahmen abgesehen, regelloser Plänterbetrieb und mittel- waldähnliche Formen jene Methoden der Waldwirtschaft, welche nicht nur das ganze Mittelalter hindurch allein bekannt waren, sondern auch noch jahrhundertelang nachher im grössten Teile der deutschen Waldungen geübt wurden.
Die weiteren Fortschritte der Waldbehandlung begannen zwar schon im 16. Jahrhundert, allein die eigentliche Entwickelung der waldbau- lichen Technik erfolgte doch erst, nachdem der Rückschlag, welchen
I. Abschnitt. Produktionsverhältnisse der Forstwirtschaft.
Wenn nun solche Flächen in eine lichtere Stellung gekommen waren, so fand sich die Verjüngung teils infolge Samenabfalles, teils (bei Laub- holz) auch durch Stockausschlag ein.
Es zeigte sich aber, daſs, wenn die Fällungen ein gewisses Maſs überschritten, die Verjüngung wegen Mangels an Samen nur in unge- nügender Weise erfolgte, sowie daſs die fortwährenden Hauungen den jungen Anflug und die frischen Ausschläge stark beschädigten. Weiter erwies sich auch die Weide in solchen Beständen als der Verjüngung höchst nachteilig.
Infolgedessen wurden schon seit dem 12. Jahrhundert Waldorte, in denen die jüngeren Altersklassen vorherrschten, in Schonung gelegt. In diesen Hegewäldern, Bannwäldern, war sowohl die Holznutzung als die Weideausübung untersagt.
Die Fähigkeit des Laubholzes, vom Stock auszuschlagen und so in einfachster Weise eine Verjüngung herbeizuführen, muſste nament- lich bei jenen Waldungen, welche wegen der Nähe der Ortschaften be- sonders stark ausgenutzt wurden, auffallen und führte hier frühzeitig zur Entwicklung von nieder- und mittelwaldähnlichen Betriebs- formen (bayerisches Landrecht 1346, Erfurt 1359).
Gegen das Ende des 16. Jahrhunderts erscheint bereits mehrfach die Vorschrift, daſs bei den Fällungen für jede Flächeneinheit eine An- zahl Stämme (Überhälter) zur Besamung der Abtriebsfläche belassen wer- den sollten.
Die leichte Verjüngungsweise des Nadelholzes durch Saat veran- laſste schon in der Mitte des 14. Jahrhunderts (Nürnberg 1368) künst- lichen Nadelholzanbau auszuführen; von hier aus verbreitete sich diese Methode im 15. Jahrhundert in West- und Süddeutschland.
Ziemlich gleichzeitig mit den Fortschritten der waldbaulichen Technik kam auch der Wunsch zur Geltung, eine gewisse Ordnung und Regel- mäſsigkeit in die Abnutzung zu bringen. Zuerst erfolgte dieses unter den einfachsten Verhältnissen, wie sie der Niederwald mit kurzen Um- trieben bietet, durch eine Teilung der Waldfläche entsprechend der Anzahl der Jahre, welche die Umtriebszeit umfaſst (Erfurt 1359).
Im groſsen und ganzen waren aber doch von ganz vereinzelten Ausnahmen abgesehen, regelloser Plänterbetrieb und mittel- waldähnliche Formen jene Methoden der Waldwirtschaft, welche nicht nur das ganze Mittelalter hindurch allein bekannt waren, sondern auch noch jahrhundertelang nachher im gröſsten Teile der deutschen Waldungen geübt wurden.
Die weiteren Fortschritte der Waldbehandlung begannen zwar schon im 16. Jahrhundert, allein die eigentliche Entwickelung der waldbau- lichen Technik erfolgte doch erst, nachdem der Rückschlag, welchen
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I. Abschnitt. Produktionsverhältnisse der Forstwirtschaft.
Wenn nun solche Flächen in eine lichtere Stellung gekommen waren,
so fand sich die Verjüngung teils infolge Samenabfalles, teils (bei Laub-
holz) auch durch Stockausschlag ein.
Es zeigte sich aber, daſs, wenn die Fällungen ein gewisses Maſs
überschritten, die Verjüngung wegen Mangels an Samen nur in unge-
nügender Weise erfolgte, sowie daſs die fortwährenden Hauungen den
jungen Anflug und die frischen Ausschläge stark beschädigten. Weiter
erwies sich auch die Weide in solchen Beständen als der Verjüngung
höchst nachteilig.
Infolgedessen wurden schon seit dem 12. Jahrhundert Waldorte, in
denen die jüngeren Altersklassen vorherrschten, in Schonung gelegt. In
diesen Hegewäldern, Bannwäldern, war sowohl die Holznutzung
als die Weideausübung untersagt.
Die Fähigkeit des Laubholzes, vom Stock auszuschlagen und so
in einfachster Weise eine Verjüngung herbeizuführen, muſste nament-
lich bei jenen Waldungen, welche wegen der Nähe der Ortschaften be-
sonders stark ausgenutzt wurden, auffallen und führte hier frühzeitig zur
Entwicklung von nieder- und mittelwaldähnlichen Betriebs-
formen (bayerisches Landrecht 1346, Erfurt 1359).
Gegen das Ende des 16. Jahrhunderts erscheint bereits mehrfach
die Vorschrift, daſs bei den Fällungen für jede Flächeneinheit eine An-
zahl Stämme (Überhälter) zur Besamung der Abtriebsfläche belassen wer-
den sollten.
Die leichte Verjüngungsweise des Nadelholzes durch Saat veran-
laſste schon in der Mitte des 14. Jahrhunderts (Nürnberg 1368) künst-
lichen Nadelholzanbau auszuführen; von hier aus verbreitete sich
diese Methode im 15. Jahrhundert in West- und Süddeutschland.
Ziemlich gleichzeitig mit den Fortschritten der waldbaulichen Technik
kam auch der Wunsch zur Geltung, eine gewisse Ordnung und Regel-
mäſsigkeit in die Abnutzung zu bringen. Zuerst erfolgte dieses unter
den einfachsten Verhältnissen, wie sie der Niederwald mit kurzen Um-
trieben bietet, durch eine Teilung der Waldfläche entsprechend
der Anzahl der Jahre, welche die Umtriebszeit umfaſst
(Erfurt 1359).
Im groſsen und ganzen waren aber doch von ganz vereinzelten
Ausnahmen abgesehen, regelloser Plänterbetrieb und mittel-
waldähnliche Formen jene Methoden der Waldwirtschaft, welche
nicht nur das ganze Mittelalter hindurch allein bekannt waren, sondern
auch noch jahrhundertelang nachher im gröſsten Teile der deutschen
Waldungen geübt wurden.
Die weiteren Fortschritte der Waldbehandlung begannen zwar schon
im 16. Jahrhundert, allein die eigentliche Entwickelung der waldbau-
lichen Technik erfolgte doch erst, nachdem der Rückschlag, welchen
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Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwappach_forstpolitik_1894/47>, abgerufen am 16.02.2025.
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