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Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894.

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Einleitung.

Schon im frühen Mittelalter wussten sich die Könige das ausschliess-
liche Jagdrecht in ihren eigenen Waldungen erfolgreich zu sichern, wel-
ches dann bald durch die Anwendung des Begriffs der Immunität
den Schutz eines besonderen Rechtsinstituts erhielt, dessen Verletzung
wenig später mit der Strafe des Königsbannes bedroht wurde.

Die Waldungen und auch sonstige Gebiete, in welchen das Jagd-
recht ausschliesslich dem Könige oder dem von ihm Beliehenen zustand
und durch den Königsbann geschützt wurde, hiessen Bannforsten.

Die Institution der Bannforsten entwickelte sich zu Anfang des
9. Jahrhunderts und gewann rasch ungemeine Verbreitung, ungeachtet
des Widerspruchs der bisherigen Jagdberechtigten.

Vom 10. bis 12. Jahrhundert wurden zahlreiche Bannforsten teils
für den König, teils für andere Grosse des Reiches errichtet.

Das Recht, Bannforsten zu errichten (bannus ferinus, Wildbann),
wurde stets als ein wesentliches Hoheitsrecht betrachtet und ging mit
den übrigen Regalien bei der Entwickelung der Landeshoheit vom
Kaiser an die Landesherren über.

Seit jener Zeit (etwa seit der Mitte des 13. Jahrhunderts) fanden
Neuerrichtungen von Bannforsten kaum noch statt, dagegen gaben die
Fürsten dem Hoheitsrechte des Wildbannes nunmehr allmählich eine
Ausdehnung, welche von weittragender Bedeutung wurde.

Sie leiteten nämlich aus diesem Hoheitsrechte die Befugnis ab, die
Ausübung der Jagd in ihrem ganzen Gebiete als ein Regal für sich
in Anspruch zu nehmen, ebenso begann gegen Ende des Mittelalters
der Erlass von allgemein verbindlichen jagdpolizeilichen Vorschriften.

Jahrhunderte hindurch hat der Kampf zwischen den Landesherren
und den Jagdberechtigten gedauert; derselbe veranlasste laute Klagen
und vielfache Beschwerden, indessen gelang es doch meist nur den
mächtigen Vasallen, erfolgreichen Widerstand zu leisten und ihr Jagd-
recht mehr oder minder eingeschränkt, zu behaupten.

Thatsächlich erfreuten sich die Landesherren seit dem 16. Jahr-
hundert des ausgedehntesten Jagdrechtes. Dasselbe stand ihnen zu-
nächst auf ihren allodialen und lehensrechtlichen Besitzungen sowie in
den Bannforsten zu, welche sie aus früherer Verleihung besassen. Fer-
ner hatten die Landesherren schon seit alter Zeit als Obermärker ge-
wisse Jagdrechte in den betreffenden Markgenossenschaften ausgeübt,
welche sie immer mehr auszudehnen wussten; nach dem 30jährigen
Kriege verloren die Bauern auch die noch vorhandenen dürftigen Reste
ihres früheren Jagdrechts. Hierzu kam noch das Jagdrecht in jenen
Landesteilen, in welchen es die Fürsten auf Grund des Jagdregals in
Anspruch nahmen.

Wenn es auch den Landesherren nur ausnahmsweise und höchstens
in den kleinsten Staaten gelang, das Jagdregal im vollen Umfange

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Einleitung.

Schon im frühen Mittelalter wuſsten sich die Könige das ausschlieſs-
liche Jagdrecht in ihren eigenen Waldungen erfolgreich zu sichern, wel-
ches dann bald durch die Anwendung des Begriffs der Immunität
den Schutz eines besonderen Rechtsinstituts erhielt, dessen Verletzung
wenig später mit der Strafe des Königsbannes bedroht wurde.

Die Waldungen und auch sonstige Gebiete, in welchen das Jagd-
recht ausschlieſslich dem Könige oder dem von ihm Beliehenen zustand
und durch den Königsbann geschützt wurde, hieſsen Bannforsten.

Die Institution der Bannforsten entwickelte sich zu Anfang des
9. Jahrhunderts und gewann rasch ungemeine Verbreitung, ungeachtet
des Widerspruchs der bisherigen Jagdberechtigten.

Vom 10. bis 12. Jahrhundert wurden zahlreiche Bannforsten teils
für den König, teils für andere Groſse des Reiches errichtet.

Das Recht, Bannforsten zu errichten (bannus ferinus, Wildbann),
wurde stets als ein wesentliches Hoheitsrecht betrachtet und ging mit
den übrigen Regalien bei der Entwickelung der Landeshoheit vom
Kaiser an die Landesherren über.

Seit jener Zeit (etwa seit der Mitte des 13. Jahrhunderts) fanden
Neuerrichtungen von Bannforsten kaum noch statt, dagegen gaben die
Fürsten dem Hoheitsrechte des Wildbannes nunmehr allmählich eine
Ausdehnung, welche von weittragender Bedeutung wurde.

Sie leiteten nämlich aus diesem Hoheitsrechte die Befugnis ab, die
Ausübung der Jagd in ihrem ganzen Gebiete als ein Regal für sich
in Anspruch zu nehmen, ebenso begann gegen Ende des Mittelalters
der Erlaſs von allgemein verbindlichen jagdpolizeilichen Vorschriften.

Jahrhunderte hindurch hat der Kampf zwischen den Landesherren
und den Jagdberechtigten gedauert; derselbe veranlaſste laute Klagen
und vielfache Beschwerden, indessen gelang es doch meist nur den
mächtigen Vasallen, erfolgreichen Widerstand zu leisten und ihr Jagd-
recht mehr oder minder eingeschränkt, zu behaupten.

Thatsächlich erfreuten sich die Landesherren seit dem 16. Jahr-
hundert des ausgedehntesten Jagdrechtes. Dasselbe stand ihnen zu-
nächst auf ihren allodialen und lehensrechtlichen Besitzungen sowie in
den Bannforsten zu, welche sie aus früherer Verleihung besaſsen. Fer-
ner hatten die Landesherren schon seit alter Zeit als Obermärker ge-
wisse Jagdrechte in den betreffenden Markgenossenschaften ausgeübt,
welche sie immer mehr auszudehnen wuſsten; nach dem 30jährigen
Kriege verloren die Bauern auch die noch vorhandenen dürftigen Reste
ihres früheren Jagdrechts. Hierzu kam noch das Jagdrecht in jenen
Landesteilen, in welchen es die Fürsten auf Grund des Jagdregals in
Anspruch nahmen.

Wenn es auch den Landesherren nur ausnahmsweise und höchstens
in den kleinsten Staaten gelang, das Jagdregal im vollen Umfange

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[307/0325] Einleitung. Schon im frühen Mittelalter wuſsten sich die Könige das ausschlieſs- liche Jagdrecht in ihren eigenen Waldungen erfolgreich zu sichern, wel- ches dann bald durch die Anwendung des Begriffs der Immunität den Schutz eines besonderen Rechtsinstituts erhielt, dessen Verletzung wenig später mit der Strafe des Königsbannes bedroht wurde. Die Waldungen und auch sonstige Gebiete, in welchen das Jagd- recht ausschlieſslich dem Könige oder dem von ihm Beliehenen zustand und durch den Königsbann geschützt wurde, hieſsen Bannforsten. Die Institution der Bannforsten entwickelte sich zu Anfang des 9. Jahrhunderts und gewann rasch ungemeine Verbreitung, ungeachtet des Widerspruchs der bisherigen Jagdberechtigten. Vom 10. bis 12. Jahrhundert wurden zahlreiche Bannforsten teils für den König, teils für andere Groſse des Reiches errichtet. Das Recht, Bannforsten zu errichten (bannus ferinus, Wildbann), wurde stets als ein wesentliches Hoheitsrecht betrachtet und ging mit den übrigen Regalien bei der Entwickelung der Landeshoheit vom Kaiser an die Landesherren über. Seit jener Zeit (etwa seit der Mitte des 13. Jahrhunderts) fanden Neuerrichtungen von Bannforsten kaum noch statt, dagegen gaben die Fürsten dem Hoheitsrechte des Wildbannes nunmehr allmählich eine Ausdehnung, welche von weittragender Bedeutung wurde. Sie leiteten nämlich aus diesem Hoheitsrechte die Befugnis ab, die Ausübung der Jagd in ihrem ganzen Gebiete als ein Regal für sich in Anspruch zu nehmen, ebenso begann gegen Ende des Mittelalters der Erlaſs von allgemein verbindlichen jagdpolizeilichen Vorschriften. Jahrhunderte hindurch hat der Kampf zwischen den Landesherren und den Jagdberechtigten gedauert; derselbe veranlaſste laute Klagen und vielfache Beschwerden, indessen gelang es doch meist nur den mächtigen Vasallen, erfolgreichen Widerstand zu leisten und ihr Jagd- recht mehr oder minder eingeschränkt, zu behaupten. Thatsächlich erfreuten sich die Landesherren seit dem 16. Jahr- hundert des ausgedehntesten Jagdrechtes. Dasselbe stand ihnen zu- nächst auf ihren allodialen und lehensrechtlichen Besitzungen sowie in den Bannforsten zu, welche sie aus früherer Verleihung besaſsen. Fer- ner hatten die Landesherren schon seit alter Zeit als Obermärker ge- wisse Jagdrechte in den betreffenden Markgenossenschaften ausgeübt, welche sie immer mehr auszudehnen wuſsten; nach dem 30jährigen Kriege verloren die Bauern auch die noch vorhandenen dürftigen Reste ihres früheren Jagdrechts. Hierzu kam noch das Jagdrecht in jenen Landesteilen, in welchen es die Fürsten auf Grund des Jagdregals in Anspruch nahmen. Wenn es auch den Landesherren nur ausnahmsweise und höchstens in den kleinsten Staaten gelang, das Jagdregal im vollen Umfange 20*

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Zitationshilfe: Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894, S. 307. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwappach_forstpolitik_1894/325>, abgerufen am 27.11.2024.