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Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894.

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Technik anderseits, welche weder über die Vorräte Aufschluss zu
geben, noch auch für einen Wiederersatz zu sorgen vermochte, liessen
diese Beschränkungen wenigstens bis zu einem gewissen Grade als
dringend geboten erscheinen.

Seine rechtliche Motivierung fand dieses in den wirtschaftlichen
Verhältnissen begründete Vorgehen dadurch, dass die Markgenossen-
schaften unter dem Einflusse des römischen Rechts als Korporationen
betrachtet wurden, welche unter der Obervormundschaft des Staates
standen und auf welche der Satz: universitas cum pupillo pari ambulat
passu Anwendung zu finden habe.

Abgesehen vom Erlasse von Wirtschaftsvorschriften für die Mark-
waldungen wurde im 17. und 18. Jahrhundert so ziemlich allenthalben
bestimmt, dass die Gemeinden für ihre Waldungen entweder eigene Be-
amten aufstellen sollten, oder dass die landesherrlichen Beamten die
Wirtschaft zu führen hätten. Hieraus entwickelte sich in einigen
Staaten das Prinzip der vollen Beförsterung, welches zuerst in der
hessen-kasselschen Verordnung von 1711, sowie in der badenschen
von 1787 klar ausgesprochen ist. In Preussen versuchte man in der
zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts ebenfalls die Gemeindeforstwirt-
schaft einer strengeren Beaufsichtigung zu unterwerfen, allein die Aus-
führung der betreffenden Verordnungen scheiterte an dem Mangel an
verfügbaren Mitteln.

Besser als die ländlichen Gemeinden waren die Städte hinsichtlich
der Selbständigkeit ihrer Forstwirtschaft gestellt, und zwar gilt dieses
sowohl für die landesherrlichen wie für die Reichsstädte. Letztere
unterstanden mit ihrer ganzen Administration ohnehin nur der nicht
schwer drückenden Aufsicht der Reichsbehörden.

Bemerkenswert ist hier das in Preussen 1749 eingeführte Institut
der Städteforstmeister, welches bis 1808 bestanden und sehr segens-
reich für die Ordnung der Forstwirtschaft gewirkt hat.

Durch die neuere Gemeindegesetzgebung hat die eben erwähnte
Auffassung über die rechtliche Stellung der Gemeinden eine voll-
ständige Umwandlung erfahren. An die Stelle der Bevormundung ist
der Grundsatz der Selbstverwaltung getreten sowohl bezüglich der den
Gemeinden überwiesenen politischen Aufgaben als auch hinsichtlich
ihrer Vermögensverwaltung.

Immerhin ist jedoch die Benutzung des Gemeindevermögens auch
gegenwärtig noch gewissen Beschränkungen durch den Staat unter-
worfen, um einerseits das Interesse der ewigen juristischen Persönlichkeit
gegenüber jenem des augenblicklichen Nutzniessers sicherzustellen, und
anderseits, um Konflikte zwischen dem Einzelinteresse und dem Gesamt-
interesse zu vermeiden.

Ganz besonders gilt dieses bezüglich der Gemeindewaldungen,

B. Zweiter (spezieller) Teil.
Technik anderseits, welche weder über die Vorräte Aufschluſs zu
geben, noch auch für einen Wiederersatz zu sorgen vermochte, lieſsen
diese Beschränkungen wenigstens bis zu einem gewissen Grade als
dringend geboten erscheinen.

Seine rechtliche Motivierung fand dieses in den wirtschaftlichen
Verhältnissen begründete Vorgehen dadurch, daſs die Markgenossen-
schaften unter dem Einflusse des römischen Rechts als Korporationen
betrachtet wurden, welche unter der Obervormundschaft des Staates
standen und auf welche der Satz: universitas cum pupillo pari ambulat
passu Anwendung zu finden habe.

Abgesehen vom Erlasse von Wirtschaftsvorschriften für die Mark-
waldungen wurde im 17. und 18. Jahrhundert so ziemlich allenthalben
bestimmt, daſs die Gemeinden für ihre Waldungen entweder eigene Be-
amten aufstellen sollten, oder daſs die landesherrlichen Beamten die
Wirtschaft zu führen hätten. Hieraus entwickelte sich in einigen
Staaten das Prinzip der vollen Beförsterung, welches zuerst in der
hessen-kasselschen Verordnung von 1711, sowie in der badenschen
von 1787 klar ausgesprochen ist. In Preuſsen versuchte man in der
zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts ebenfalls die Gemeindeforstwirt-
schaft einer strengeren Beaufsichtigung zu unterwerfen, allein die Aus-
führung der betreffenden Verordnungen scheiterte an dem Mangel an
verfügbaren Mitteln.

Besser als die ländlichen Gemeinden waren die Städte hinsichtlich
der Selbständigkeit ihrer Forstwirtschaft gestellt, und zwar gilt dieses
sowohl für die landesherrlichen wie für die Reichsstädte. Letztere
unterstanden mit ihrer ganzen Administration ohnehin nur der nicht
schwer drückenden Aufsicht der Reichsbehörden.

Bemerkenswert ist hier das in Preuſsen 1749 eingeführte Institut
der Städteforstmeister, welches bis 1808 bestanden und sehr segens-
reich für die Ordnung der Forstwirtschaft gewirkt hat.

Durch die neuere Gemeindegesetzgebung hat die eben erwähnte
Auffassung über die rechtliche Stellung der Gemeinden eine voll-
ständige Umwandlung erfahren. An die Stelle der Bevormundung ist
der Grundsatz der Selbstverwaltung getreten sowohl bezüglich der den
Gemeinden überwiesenen politischen Aufgaben als auch hinsichtlich
ihrer Vermögensverwaltung.

Immerhin ist jedoch die Benutzung des Gemeindevermögens auch
gegenwärtig noch gewissen Beschränkungen durch den Staat unter-
worfen, um einerseits das Interesse der ewigen juristischen Persönlichkeit
gegenüber jenem des augenblicklichen Nutznieſsers sicherzustellen, und
anderseits, um Konflikte zwischen dem Einzelinteresse und dem Gesamt-
interesse zu vermeiden.

Ganz besonders gilt dieses bezüglich der Gemeindewaldungen,

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[256/0274] B. Zweiter (spezieller) Teil. Technik anderseits, welche weder über die Vorräte Aufschluſs zu geben, noch auch für einen Wiederersatz zu sorgen vermochte, lieſsen diese Beschränkungen wenigstens bis zu einem gewissen Grade als dringend geboten erscheinen. Seine rechtliche Motivierung fand dieses in den wirtschaftlichen Verhältnissen begründete Vorgehen dadurch, daſs die Markgenossen- schaften unter dem Einflusse des römischen Rechts als Korporationen betrachtet wurden, welche unter der Obervormundschaft des Staates standen und auf welche der Satz: universitas cum pupillo pari ambulat passu Anwendung zu finden habe. Abgesehen vom Erlasse von Wirtschaftsvorschriften für die Mark- waldungen wurde im 17. und 18. Jahrhundert so ziemlich allenthalben bestimmt, daſs die Gemeinden für ihre Waldungen entweder eigene Be- amten aufstellen sollten, oder daſs die landesherrlichen Beamten die Wirtschaft zu führen hätten. Hieraus entwickelte sich in einigen Staaten das Prinzip der vollen Beförsterung, welches zuerst in der hessen-kasselschen Verordnung von 1711, sowie in der badenschen von 1787 klar ausgesprochen ist. In Preuſsen versuchte man in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts ebenfalls die Gemeindeforstwirt- schaft einer strengeren Beaufsichtigung zu unterwerfen, allein die Aus- führung der betreffenden Verordnungen scheiterte an dem Mangel an verfügbaren Mitteln. Besser als die ländlichen Gemeinden waren die Städte hinsichtlich der Selbständigkeit ihrer Forstwirtschaft gestellt, und zwar gilt dieses sowohl für die landesherrlichen wie für die Reichsstädte. Letztere unterstanden mit ihrer ganzen Administration ohnehin nur der nicht schwer drückenden Aufsicht der Reichsbehörden. Bemerkenswert ist hier das in Preuſsen 1749 eingeführte Institut der Städteforstmeister, welches bis 1808 bestanden und sehr segens- reich für die Ordnung der Forstwirtschaft gewirkt hat. Durch die neuere Gemeindegesetzgebung hat die eben erwähnte Auffassung über die rechtliche Stellung der Gemeinden eine voll- ständige Umwandlung erfahren. An die Stelle der Bevormundung ist der Grundsatz der Selbstverwaltung getreten sowohl bezüglich der den Gemeinden überwiesenen politischen Aufgaben als auch hinsichtlich ihrer Vermögensverwaltung. Immerhin ist jedoch die Benutzung des Gemeindevermögens auch gegenwärtig noch gewissen Beschränkungen durch den Staat unter- worfen, um einerseits das Interesse der ewigen juristischen Persönlichkeit gegenüber jenem des augenblicklichen Nutznieſsers sicherzustellen, und anderseits, um Konflikte zwischen dem Einzelinteresse und dem Gesamt- interesse zu vermeiden. Ganz besonders gilt dieses bezüglich der Gemeindewaldungen,

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Zitationshilfe: Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894, S. 256. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwappach_forstpolitik_1894/274>, abgerufen am 22.11.2024.