Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894.

Bild:
<< vorherige Seite
I. Abschnitt. Forstwirtschaftspflege.

Der Wert der deutschen Einfuhr wurde in den Vereinigten Staaten
1890 auf rund 31/2 Millionen M. geschätzt.

Da das Holz nunmehr Welthandelsware geworden ist, so wird der
Holzhandel durch alle jene Momente beeinflusst, welche überhaupt die
internationalen Handelsbeziehungen regeln. Die allgemeinen politischen
und wirtschaftlichen Verhältnisse machen sich hier ebenso fühlbar, wie
bei jedem andern Artikel des Welthandels.

Die Richtung des Holzhandels wird in erster Linie in Europa durch
die Produktionsverhältnisse bestimmt. Für Europa liegen, wie
bereits bemerkt, die grossen Holzexportländer im Norden und Osten.
Demnächst kommen in Betracht: die Transportbedingungen und
zwar vor allem die Möglichkeit des Wassertransportes, sowie die Eisen-
bahntarife, ferner die Zollpolitik und endlich die Valutaschwan-
kungen
.

Die Zollpolitik ist demnach nur ein, und zwar keineswegs immer
der wichtigste Faktor, welcher die internationalen Holzhandelsbe-
ziehungen regelt.

Bei Bemessung der Zollsätze für Holz ist noch zu berücksichtigen,
dass die Forstwirtschaft nur ein Glied der allgemeinen Volkswirtschaft
ist, und dass die Zollpolitik die Interessen des gesamten Wirtschafts-
gebietes gleichmässig berücksichtigen muss. Eine zu weit getriebene
Nachgiebigkeit gegen die Wünsche einzelner Interessentenkreise kann
sich unter Umständen weithin sehr verhängnisvoll fühlbar machen. Noch
schwieriger werden diese Erwägungen, wenn nicht die Aufstellung eines
autonomen Zolltarifes, sondern der Abschluss von Handelsverträgen in
Betracht kommt, da hier eine Ausgleichung der einander oft schroff
gegenüberstehenden Forderungen nur im Wege der Kompromisse mög-
lich ist. Bei Abschluss der Handelsverträge mit Oesterreich-Ungarn
und Russland z. B. hat gerade das Holz als ein wichtiges Ausgleichs-
objekt funktioniert.

8. Kapitel. Die Waldgrundgerechtigkeiten.

§ 1. Geschichtliches. Bereits im frühen Mittelalter wurde einzelnen
Personen, meist Geistlichen, oder Klöstern gestattet, ihren Bedarf an
Waldnutzungen aus einem fremden Walde zu befriedigen. In dem
Masse, als sich späterhin die Bevölkerung vermehrte und der Wert des
Waldes stieg, nahm auch die Zahl der Verleihungen von Waldnutzungs-
rechten zu, während früher mehr die Schenkung des Waldeigentumes
selbst üblich war.

Auch im späteren Mittelalter waren es hauptsächlich Klöster,
Kirchen und milde Stiftungen, deren Bedarf an Waldnutzungen auf
diese Weise gedeckt wurde; bald erhielten aber auch Städte und Dörfer

I. Abschnitt. Forstwirtschaftspflege.

Der Wert der deutschen Einfuhr wurde in den Vereinigten Staaten
1890 auf rund 3½ Millionen M. geschätzt.

Da das Holz nunmehr Welthandelsware geworden ist, so wird der
Holzhandel durch alle jene Momente beeinfluſst, welche überhaupt die
internationalen Handelsbeziehungen regeln. Die allgemeinen politischen
und wirtschaftlichen Verhältnisse machen sich hier ebenso fühlbar, wie
bei jedem andern Artikel des Welthandels.

Die Richtung des Holzhandels wird in erster Linie in Europa durch
die Produktionsverhältnisse bestimmt. Für Europa liegen, wie
bereits bemerkt, die groſsen Holzexportländer im Norden und Osten.
Demnächst kommen in Betracht: die Transportbedingungen und
zwar vor allem die Möglichkeit des Wassertransportes, sowie die Eisen-
bahntarife, ferner die Zollpolitik und endlich die Valutaschwan-
kungen
.

Die Zollpolitik ist demnach nur ein, und zwar keineswegs immer
der wichtigste Faktor, welcher die internationalen Holzhandelsbe-
ziehungen regelt.

Bei Bemessung der Zollsätze für Holz ist noch zu berücksichtigen,
daſs die Forstwirtschaft nur ein Glied der allgemeinen Volkswirtschaft
ist, und daſs die Zollpolitik die Interessen des gesamten Wirtschafts-
gebietes gleichmäſsig berücksichtigen muſs. Eine zu weit getriebene
Nachgiebigkeit gegen die Wünsche einzelner Interessentenkreise kann
sich unter Umständen weithin sehr verhängnisvoll fühlbar machen. Noch
schwieriger werden diese Erwägungen, wenn nicht die Aufstellung eines
autonomen Zolltarifes, sondern der Abschluſs von Handelsverträgen in
Betracht kommt, da hier eine Ausgleichung der einander oft schroff
gegenüberstehenden Forderungen nur im Wege der Kompromisse mög-
lich ist. Bei Abschluſs der Handelsverträge mit Oesterreich-Ungarn
und Ruſsland z. B. hat gerade das Holz als ein wichtiges Ausgleichs-
objekt funktioniert.

8. Kapitel. Die Waldgrundgerechtigkeiten.

§ 1. Geschichtliches. Bereits im frühen Mittelalter wurde einzelnen
Personen, meist Geistlichen, oder Klöstern gestattet, ihren Bedarf an
Waldnutzungen aus einem fremden Walde zu befriedigen. In dem
Maſse, als sich späterhin die Bevölkerung vermehrte und der Wert des
Waldes stieg, nahm auch die Zahl der Verleihungen von Waldnutzungs-
rechten zu, während früher mehr die Schenkung des Waldeigentumes
selbst üblich war.

Auch im späteren Mittelalter waren es hauptsächlich Klöster,
Kirchen und milde Stiftungen, deren Bedarf an Waldnutzungen auf
diese Weise gedeckt wurde; bald erhielten aber auch Städte und Dörfer

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <pb facs="#f0189" n="171"/>
              <fw place="top" type="header">I. Abschnitt. Forstwirtschaftspflege.</fw><lb/>
              <p>Der Wert der deutschen Einfuhr wurde in den Vereinigten Staaten<lb/>
1890 auf rund 3½ Millionen M. geschätzt.</p><lb/>
              <p>Da das Holz nunmehr Welthandelsware geworden ist, so wird der<lb/>
Holzhandel durch alle jene Momente beeinflu&#x017F;st, welche überhaupt die<lb/>
internationalen Handelsbeziehungen regeln. Die allgemeinen politischen<lb/>
und wirtschaftlichen Verhältnisse machen sich hier ebenso fühlbar, wie<lb/>
bei jedem andern Artikel des Welthandels.</p><lb/>
              <p>Die Richtung des Holzhandels wird in erster Linie in Europa durch<lb/>
die <hi rendition="#g">Produktionsverhältnisse</hi> bestimmt. Für Europa liegen, wie<lb/>
bereits bemerkt, die gro&#x017F;sen Holzexportländer im Norden und Osten.<lb/>
Demnächst kommen in Betracht: die <hi rendition="#g">Transportbedingungen</hi> und<lb/>
zwar vor allem die Möglichkeit des Wassertransportes, sowie die Eisen-<lb/>
bahntarife, ferner die <hi rendition="#g">Zollpolitik</hi> und endlich die <hi rendition="#g">Valutaschwan-<lb/>
kungen</hi>.</p><lb/>
              <p>Die Zollpolitik ist demnach nur ein, und zwar keineswegs immer<lb/>
der wichtigste Faktor, welcher die internationalen Holzhandelsbe-<lb/>
ziehungen regelt.</p><lb/>
              <p>Bei Bemessung der Zollsätze für Holz ist noch zu berücksichtigen,<lb/>
da&#x017F;s die Forstwirtschaft nur ein Glied der allgemeinen Volkswirtschaft<lb/>
ist, und da&#x017F;s die Zollpolitik die Interessen des gesamten Wirtschafts-<lb/>
gebietes <hi rendition="#g">gleichmä&#x017F;sig</hi> berücksichtigen mu&#x017F;s. Eine zu weit getriebene<lb/>
Nachgiebigkeit gegen die Wünsche einzelner Interessentenkreise kann<lb/>
sich unter Umständen weithin sehr verhängnisvoll fühlbar machen. Noch<lb/>
schwieriger werden diese Erwägungen, wenn nicht die Aufstellung eines<lb/>
autonomen Zolltarifes, sondern der Abschlu&#x017F;s von Handelsverträgen in<lb/>
Betracht kommt, da hier eine Ausgleichung der einander oft schroff<lb/>
gegenüberstehenden Forderungen nur im Wege der Kompromisse mög-<lb/>
lich ist. Bei Abschlu&#x017F;s der Handelsverträge mit Oesterreich-Ungarn<lb/>
und Ru&#x017F;sland z. B. hat gerade das Holz als ein wichtiges Ausgleichs-<lb/>
objekt funktioniert.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>8. Kapitel. <hi rendition="#b">Die Waldgrundgerechtigkeiten.</hi></head><lb/>
              <p>§ 1. <hi rendition="#i">Geschichtliches.</hi> Bereits im frühen Mittelalter wurde einzelnen<lb/>
Personen, meist Geistlichen, oder Klöstern gestattet, ihren Bedarf an<lb/>
Waldnutzungen aus einem fremden Walde zu befriedigen. In dem<lb/>
Ma&#x017F;se, als sich späterhin die Bevölkerung vermehrte und der Wert des<lb/>
Waldes stieg, nahm auch die Zahl der Verleihungen von Waldnutzungs-<lb/>
rechten zu, während früher mehr die Schenkung des Waldeigentumes<lb/>
selbst üblich war.</p><lb/>
              <p>Auch im späteren Mittelalter waren es hauptsächlich Klöster,<lb/>
Kirchen und milde Stiftungen, deren Bedarf an Waldnutzungen auf<lb/>
diese Weise gedeckt wurde; bald erhielten aber auch Städte und Dörfer<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[171/0189] I. Abschnitt. Forstwirtschaftspflege. Der Wert der deutschen Einfuhr wurde in den Vereinigten Staaten 1890 auf rund 3½ Millionen M. geschätzt. Da das Holz nunmehr Welthandelsware geworden ist, so wird der Holzhandel durch alle jene Momente beeinfluſst, welche überhaupt die internationalen Handelsbeziehungen regeln. Die allgemeinen politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse machen sich hier ebenso fühlbar, wie bei jedem andern Artikel des Welthandels. Die Richtung des Holzhandels wird in erster Linie in Europa durch die Produktionsverhältnisse bestimmt. Für Europa liegen, wie bereits bemerkt, die groſsen Holzexportländer im Norden und Osten. Demnächst kommen in Betracht: die Transportbedingungen und zwar vor allem die Möglichkeit des Wassertransportes, sowie die Eisen- bahntarife, ferner die Zollpolitik und endlich die Valutaschwan- kungen. Die Zollpolitik ist demnach nur ein, und zwar keineswegs immer der wichtigste Faktor, welcher die internationalen Holzhandelsbe- ziehungen regelt. Bei Bemessung der Zollsätze für Holz ist noch zu berücksichtigen, daſs die Forstwirtschaft nur ein Glied der allgemeinen Volkswirtschaft ist, und daſs die Zollpolitik die Interessen des gesamten Wirtschafts- gebietes gleichmäſsig berücksichtigen muſs. Eine zu weit getriebene Nachgiebigkeit gegen die Wünsche einzelner Interessentenkreise kann sich unter Umständen weithin sehr verhängnisvoll fühlbar machen. Noch schwieriger werden diese Erwägungen, wenn nicht die Aufstellung eines autonomen Zolltarifes, sondern der Abschluſs von Handelsverträgen in Betracht kommt, da hier eine Ausgleichung der einander oft schroff gegenüberstehenden Forderungen nur im Wege der Kompromisse mög- lich ist. Bei Abschluſs der Handelsverträge mit Oesterreich-Ungarn und Ruſsland z. B. hat gerade das Holz als ein wichtiges Ausgleichs- objekt funktioniert. 8. Kapitel. Die Waldgrundgerechtigkeiten. § 1. Geschichtliches. Bereits im frühen Mittelalter wurde einzelnen Personen, meist Geistlichen, oder Klöstern gestattet, ihren Bedarf an Waldnutzungen aus einem fremden Walde zu befriedigen. In dem Maſse, als sich späterhin die Bevölkerung vermehrte und der Wert des Waldes stieg, nahm auch die Zahl der Verleihungen von Waldnutzungs- rechten zu, während früher mehr die Schenkung des Waldeigentumes selbst üblich war. Auch im späteren Mittelalter waren es hauptsächlich Klöster, Kirchen und milde Stiftungen, deren Bedarf an Waldnutzungen auf diese Weise gedeckt wurde; bald erhielten aber auch Städte und Dörfer

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schwappach_forstpolitik_1894
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schwappach_forstpolitik_1894/189
Zitationshilfe: Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894, S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwappach_forstpolitik_1894/189>, abgerufen am 22.12.2024.