gleichzeitig entwickeln, aber die Zelle bis zur vollständi- gen Entwicklung des Kerns diesen so dicht umschliesst, dass sie als etwas Getrenntes nicht unterschieden werden kann. Diese Erklärung ist sowohl bei den Knorpeln als bei den Pflanzenzellen möglich, lässt sich aber solange nicht behaupten, als nicht die Duplicität der Wand des Kerns nachgewiesen ist. Wollen wir nicht über die Beob- achtung hinausgehn, so bleibt uns nur der dritte Fall übrig, dass der Kern zuerst da ist und sich um ihn die Zelle bildet. Diese Bildung der Zelle um den Kern kann dann entweder so erklärt werden, dass der Kern gleich bei seiner Bildung eine doppelte Wand hat, von denen, wenn der Kern eine bestimmte Grösse erreicht hat, sich die äussere zu einer Zelle ausdehnt oder, was wahrschein- licher ist, auf einer gewissen Entwicklungsstufe des Kerns spaltet sich seine Wand in zwei Lamellen oder es konden- sirt sich auf seiner äussern Fläche eine neue Schichte festerer Substanz und entweder diese äussere Lamelle oder diese neue Schichte dehnt sich zur Zelle aus. Jedenfalls stimmen die Beobachtungen über die Entstehung der jun- gen Zellen in den Knorpeln mit den Beobachtungen von Schleiden über die Entstehung der Pflanzenzellen über- ein. Auch darin liegt eine Uebereinstimmung, dass sich jüngere Zellen in den schon gebildeten Zellen entwickeln. Ich will nicht behaupten, dass diese jungen Zellen wirk- lich Knorpelzellen sind; allein darin liegt auch nicht die Uebereinstimmung, sondern bloss in der Entwicklung von Zellen in Zellen. Stimmten bei den Phanerogamen, wo sich nach Schleiden nur Zellen in Zellen bilden, die jungen Zellen immer mit den alten überein, so könnte nie eine Differenz in den Zellen zu Stande kommen *). Bei
*) Diese Bemerkung gilt für den ganzen Aufsatz. Ueberall, wo von jungen Zellen gesprochen wird, ist darin der Begriff nicht eingeschlossen, dass diese Zellen dieselbe Bedeutung wie die Mutterzellen haben, d. h. bei weiterem Wachsthum Knorpel- substanz u. s. w. bilden würden. Es soll dadurch nur das Ver-
gleichzeitig entwickeln, aber die Zelle bis zur vollständi- gen Entwicklung des Kerns diesen so dicht umschlieſst, daſs sie als etwas Getrenntes nicht unterschieden werden kann. Diese Erklärung ist sowohl bei den Knorpeln als bei den Pflanzenzellen möglich, läſst sich aber solange nicht behaupten, als nicht die Duplicität der Wand des Kerns nachgewiesen ist. Wollen wir nicht über die Beob- achtung hinausgehn, so bleibt uns nur der dritte Fall übrig, daſs der Kern zuerst da ist und sich um ihn die Zelle bildet. Diese Bildung der Zelle um den Kern kann dann entweder so erklärt werden, daſs der Kern gleich bei seiner Bildung eine doppelte Wand hat, von denen, wenn der Kern eine bestimmte Gröſse erreicht hat, sich die äuſsere zu einer Zelle ausdehnt oder, was wahrschein- licher ist, auf einer gewissen Entwicklungsstufe des Kerns spaltet sich seine Wand in zwei Lamellen oder es konden- sirt sich auf seiner äuſsern Fläche eine neue Schichte festerer Substanz und entweder diese äuſsere Lamelle oder diese neue Schichte dehnt sich zur Zelle aus. Jedenfalls stimmen die Beobachtungen über die Entstehung der jun- gen Zellen in den Knorpeln mit den Beobachtungen von Schleiden über die Entstehung der Pflanzenzellen über- ein. Auch darin liegt eine Uebereinstimmung, daſs sich jüngere Zellen in den schon gebildeten Zellen entwickeln. Ich will nicht behaupten, daſs diese jungen Zellen wirk- lich Knorpelzellen sind; allein darin liegt auch nicht die Uebereinstimmung, sondern bloſs in der Entwicklung von Zellen in Zellen. Stimmten bei den Phanerogamen, wo sich nach Schleiden nur Zellen in Zellen bilden, die jungen Zellen immer mit den alten überein, so könnte nie eine Differenz in den Zellen zu Stande kommen *). Bei
*) Diese Bemerkung gilt für den ganzen Aufsatz. Ueberall, wo von jungen Zellen gesprochen wird, ist darin der Begriff nicht eingeschlossen, daſs diese Zellen dieselbe Bedeutung wie die Mutterzellen haben, d. h. bei weiterem Wachsthum Knorpel- substanz u. s. w. bilden würden. Es soll dadurch nur das Ver-
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gleichzeitig entwickeln, aber die Zelle bis zur vollständi-
gen Entwicklung des Kerns diesen so dicht umschlieſst,
daſs sie als etwas Getrenntes nicht unterschieden werden
kann. Diese Erklärung ist sowohl bei den Knorpeln als
bei den Pflanzenzellen möglich, läſst sich aber solange
nicht behaupten, als nicht die Duplicität der Wand des
Kerns nachgewiesen ist. Wollen wir nicht über die Beob-
achtung hinausgehn, so bleibt uns nur der dritte Fall
übrig, daſs der Kern zuerst da ist und sich um ihn die
Zelle bildet. Diese Bildung der Zelle um den Kern kann
dann entweder so erklärt werden, daſs der Kern gleich
bei seiner Bildung eine doppelte Wand hat, von denen,
wenn der Kern eine bestimmte Gröſse erreicht hat, sich
die äuſsere zu einer Zelle ausdehnt oder, was wahrschein-
licher ist, auf einer gewissen Entwicklungsstufe des Kerns
spaltet sich seine Wand in zwei Lamellen oder es konden-
sirt sich auf seiner äuſsern Fläche eine neue Schichte
festerer Substanz und entweder diese äuſsere Lamelle oder
diese neue Schichte dehnt sich zur Zelle aus. Jedenfalls
stimmen die Beobachtungen über die Entstehung der jun-
gen Zellen in den Knorpeln mit den Beobachtungen von
Schleiden über die Entstehung der Pflanzenzellen über-
ein. Auch darin liegt eine Uebereinstimmung, daſs sich
jüngere Zellen in den schon gebildeten Zellen entwickeln.
Ich will nicht behaupten, daſs diese jungen Zellen wirk-
lich Knorpelzellen sind; allein darin liegt auch nicht die
Uebereinstimmung, sondern bloſs in der Entwicklung von
Zellen in Zellen. Stimmten bei den Phanerogamen, wo
sich nach Schleiden nur Zellen in Zellen bilden, die
jungen Zellen immer mit den alten überein, so könnte
nie eine Differenz in den Zellen zu Stande kommen *). Bei
*) Diese Bemerkung gilt für den ganzen Aufsatz. Ueberall,
wo von jungen Zellen gesprochen wird, ist darin der Begriff
nicht eingeschlossen, daſs diese Zellen dieselbe Bedeutung wie
die Mutterzellen haben, d. h. bei weiterem Wachsthum Knorpel-
substanz u. s. w. bilden würden. Es soll dadurch nur das Ver-
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Schwann, Theodor: Mikroskopische Untersuchungen über die Uebereinstimmung in der Struktur und dem Wachsthum der Thiere und Pflanzen. Berlin, 1839, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwann_mikroskopische_1839/49>, abgerufen am 23.07.2024.
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