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Schwann, Theodor: Mikroskopische Untersuchungen über die Uebereinstimmung in der Struktur und dem Wachsthum der Thiere und Pflanzen. Berlin, 1839.

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Die Anziehungskraft in den Zellen wirkt so, dass sie
den Ansatz der neuen Moleküle in doppelter Weise be-
wirkt, erstens in Schichten, zweitens in den einzelnen
Schichten so, dass die neuen Moleküle zwischen die schon
vorhandenen abgelagert werden. Es ist diess nur ein Aus-
spruch des Faktums; das einfachere Gesetz, wesshalh sich
mehrere Schichten bilden, und die neuen Moleküle sich
nicht alle zwischen die vorhandenen ablagern, lässt sich
noch nicht nachweisen. Die Schichtenbildung kann sich
ein, zwei oder dreimal wiederholen. Beim Wachsthum
der einzelnen Schichten findet das Gesetz statt, dass der
Absatz der neuen Moleküle da am stärksten geschieht,
wo die Nahrungsflüssigkeit am konzentrirtesten vorhanden
ist. Daher kondensirt sich, sowohl von der dem Kern,
als von der der Zelle entsprechenden Schichte, vorzugs-
weise der äussere Theil zu einer Membran, weil die er-
nährende Flüssigkeit von aussen eindringt, sie also im äu-
ssern Theil jeder Schichte konzentrirter ist, als im innern
Theil derselben Schichte. Aus demselben Grunde wächst
der Kern, so lange die Zellenschichte sich noch nicht um ihn
gebildet hat, schnell, hört aber ganz auf zu wachsen oder
wächst wenigstens viel langsamer, sobald sich die Zellen-
schichte niedergeschlagen hat; denn dann ist die Zellen-
schichte diejenige, welche zuerst den Nahrungsstoff, welche
ihn also in konzentrirterer Form empfängt. Daher bil-
det sich überhaupt die Zelle viel vollständiger aus, wäh-
rend die Kernschichte gewöhnlich auf einer Entwicklungs-
stufe stehn bleibt, wie die Zellenschichte in ihrer frühern
Periode. Was die Art des Ansatzes der neuen Moleküle
anbelangt, so geschieht er in der Art, dass ein stärkeres
Wachsthum der Schichten nach der Fläche, als nach der
Dicke stattfindet, so dass ein Zwischenraum zwischen jeder
Schichte und der vorhergehenden entsteht, wodurch erst
Zellen und Kern zu wirklichen hohlen Bläschen werden.
Diess setzt also voraus, dass die Anlage der neuen Mo-
leküle zwischen die nach der Fläche der Membran neben-
einanderliegenden stärker ist, als zwischen die nach der

Die Anziehungskraft in den Zellen wirkt so, daſs sie
den Ansatz der neuen Moleküle in doppelter Weise be-
wirkt, erstens in Schichten, zweitens in den einzelnen
Schichten so, daſs die neuen Moleküle zwischen die schon
vorhandenen abgelagert werden. Es ist dieſs nur ein Aus-
spruch des Faktums; das einfachere Gesetz, weſshalh sich
mehrere Schichten bilden, und die neuen Moleküle sich
nicht alle zwischen die vorhandenen ablagern, läſst sich
noch nicht nachweisen. Die Schichtenbildung kann sich
ein, zwei oder dreimal wiederholen. Beim Wachsthum
der einzelnen Schichten findet das Gesetz statt, daſs der
Absatz der neuen Moleküle da am stärksten geschieht,
wo die Nahrungsflüssigkeit am konzentrirtesten vorhanden
ist. Daher kondensirt sich, sowohl von der dem Kern,
als von der der Zelle entsprechenden Schichte, vorzugs-
weise der äuſsere Theil zu einer Membran, weil die er-
nährende Flüssigkeit von auſsen eindringt, sie also im äu-
ſsern Theil jeder Schichte konzentrirter ist, als im innern
Theil derselben Schichte. Aus demselben Grunde wächst
der Kern, so lange die Zellenschichte sich noch nicht um ihn
gebildet hat, schnell, hört aber ganz auf zu wachsen oder
wächst wenigstens viel langsamer, sobald sich die Zellen-
schichte niedergeschlagen hat; denn dann ist die Zellen-
schichte diejenige, welche zuerst den Nahrungsstoff, welche
ihn also in konzentrirterer Form empfängt. Daher bil-
det sich überhaupt die Zelle viel vollständiger aus, wäh-
rend die Kernschichte gewöhnlich auf einer Entwicklungs-
stufe stehn bleibt, wie die Zellenschichte in ihrer frühern
Periode. Was die Art des Ansatzes der neuen Moleküle
anbelangt, so geschieht er in der Art, daſs ein stärkeres
Wachsthum der Schichten nach der Fläche, als nach der
Dicke stattfindet, so daſs ein Zwischenraum zwischen jeder
Schichte und der vorhergehenden entsteht, wodurch erst
Zellen und Kern zu wirklichen hohlen Bläschen werden.
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[232/0256] Die Anziehungskraft in den Zellen wirkt so, daſs sie den Ansatz der neuen Moleküle in doppelter Weise be- wirkt, erstens in Schichten, zweitens in den einzelnen Schichten so, daſs die neuen Moleküle zwischen die schon vorhandenen abgelagert werden. Es ist dieſs nur ein Aus- spruch des Faktums; das einfachere Gesetz, weſshalh sich mehrere Schichten bilden, und die neuen Moleküle sich nicht alle zwischen die vorhandenen ablagern, läſst sich noch nicht nachweisen. Die Schichtenbildung kann sich ein, zwei oder dreimal wiederholen. Beim Wachsthum der einzelnen Schichten findet das Gesetz statt, daſs der Absatz der neuen Moleküle da am stärksten geschieht, wo die Nahrungsflüssigkeit am konzentrirtesten vorhanden ist. Daher kondensirt sich, sowohl von der dem Kern, als von der der Zelle entsprechenden Schichte, vorzugs- weise der äuſsere Theil zu einer Membran, weil die er- nährende Flüssigkeit von auſsen eindringt, sie also im äu- ſsern Theil jeder Schichte konzentrirter ist, als im innern Theil derselben Schichte. Aus demselben Grunde wächst der Kern, so lange die Zellenschichte sich noch nicht um ihn gebildet hat, schnell, hört aber ganz auf zu wachsen oder wächst wenigstens viel langsamer, sobald sich die Zellen- schichte niedergeschlagen hat; denn dann ist die Zellen- schichte diejenige, welche zuerst den Nahrungsstoff, welche ihn also in konzentrirterer Form empfängt. Daher bil- det sich überhaupt die Zelle viel vollständiger aus, wäh- rend die Kernschichte gewöhnlich auf einer Entwicklungs- stufe stehn bleibt, wie die Zellenschichte in ihrer frühern Periode. Was die Art des Ansatzes der neuen Moleküle anbelangt, so geschieht er in der Art, daſs ein stärkeres Wachsthum der Schichten nach der Fläche, als nach der Dicke stattfindet, so daſs ein Zwischenraum zwischen jeder Schichte und der vorhergehenden entsteht, wodurch erst Zellen und Kern zu wirklichen hohlen Bläschen werden. Dieſs setzt also voraus, daſs die Anlage der neuen Mo- leküle zwischen die nach der Fläche der Membran neben- einanderliegenden stärker ist, als zwischen die nach der

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Zitationshilfe: Schwann, Theodor: Mikroskopische Untersuchungen über die Uebereinstimmung in der Struktur und dem Wachsthum der Thiere und Pflanzen. Berlin, 1839, S. 232. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwann_mikroskopische_1839/256>, abgerufen am 25.07.2024.