der Bildung und Entwicklung der Zellen vorkommen. Die zur Erklärung dieser Erscheinungen in den Zellen voraus- zusetzende unbekannte Ursache kann man die plastische Kraft der Zellen nennen. Wir wollen nun sehen, welche nähere Bestimmungen dieser Kraft sich aus den angeführten Erscheinungen deduciren lassen.
Es ist erstens eine Anziehungskraft, welche im ersten Anfange der Zelle, im Kernkörperchen, schon wirkt und den Ansatz neuer Moleküle an die vorhandenen veranlasst. Die erste Bildung des Kernkörperchens selbst kann man sich als eine Art Herauskrystallisiren aus einer konzen- trirten Flüssigkeit denken. Ist nämlich eine Flüssigkeit so konzentrirt, dass die Moleküle der aufgelösten Substanz stärker einander anziehn, als die Moleküle der letztern und des Lösungsmittels, so muss sich ein Theil der festen Substanz niederschlagen. Man begreift leicht, dass die Flüssigkeit konzentrirter sein muss, wenn sich neue Zellen darin bilden, als wenn die vorhandenen bloss wachsen sol- len. Denn ist schon etwas von der Zelle gebildet, so übt diess eine Anziehung auf die noch aufgelöste Substanz aus. Es ist also hier eine Ursache zum Absatz dieser Substanz da, welche nicht mitwirkt, wenn noch nichts von der Zelle gebildet ist. Je grösser daher diese Anziehung der Zelle ist, um so geringer braucht die Konzentration der Flüssigkeit zu sein, während zum Anfange der Bildung einer Zelle die Flüssigkeit mehr als konzentrirt sein muss. Dieser aus der Anziehungskraft der Zelle unmittelbar zu ziehende Schluss lässt sich aber auch durch die Beobach- tung rechtfertigen. Ueberall, wo die ernährende Flüssig- keit nicht gleichmässig in einem Gewebe vertheilt ist, ent- stehen die neuen Zellen da, wo die Flüssigkeit zunächst in das Gewebe dringt, wo sie also am konzentrirtesten ist. Hierauf beruhte, wie wir sahen, der Unterschied zwi- schen dem Wachsthum der organisirten und der nicht orga- nisirten Gewebe. S. oben pag. 201. Die Bestätigung des obigen Schlusses durch die Erfahrung spricht also auch für die Richtigkeit der Schlussfolge selbst.
der Bildung und Entwicklung der Zellen vorkommen. Die zur Erklärung dieser Erscheinungen in den Zellen voraus- zusetzende unbekannte Ursache kann man die plastische Kraft der Zellen nennen. Wir wollen nun sehen, welche nähere Bestimmungen dieser Kraft sich aus den angeführten Erscheinungen deduciren lassen.
Es ist erstens eine Anziehungskraft, welche im ersten Anfange der Zelle, im Kernkörperchen, schon wirkt und den Ansatz neuer Moleküle an die vorhandenen veranlaſst. Die erste Bildung des Kernkörperchens selbst kann man sich als eine Art Herauskrystallisiren aus einer konzen- trirten Flüssigkeit denken. Ist nämlich eine Flüssigkeit so konzentrirt, daſs die Moleküle der aufgelösten Substanz stärker einander anziehn, als die Moleküle der letztern und des Lösungsmittels, so muſs sich ein Theil der festen Substanz niederschlagen. Man begreift leicht, daſs die Flüssigkeit konzentrirter sein muſs, wenn sich neue Zellen darin bilden, als wenn die vorhandenen bloſs wachsen sol- len. Denn ist schon etwas von der Zelle gebildet, so übt dieſs eine Anziehung auf die noch aufgelöste Substanz aus. Es ist also hier eine Ursache zum Absatz dieser Substanz da, welche nicht mitwirkt, wenn noch nichts von der Zelle gebildet ist. Je gröſser daher diese Anziehung der Zelle ist, um so geringer braucht die Konzentration der Flüssigkeit zu sein, während zum Anfange der Bildung einer Zelle die Flüssigkeit mehr als konzentrirt sein muſs. Dieser aus der Anziehungskraft der Zelle unmittelbar zu ziehende Schluſs läſst sich aber auch durch die Beobach- tung rechtfertigen. Ueberall, wo die ernährende Flüssig- keit nicht gleichmäſsig in einem Gewebe vertheilt ist, ent- stehen die neuen Zellen da, wo die Flüssigkeit zunächst in das Gewebe dringt, wo sie also am konzentrirtesten ist. Hierauf beruhte, wie wir sahen, der Unterschied zwi- schen dem Wachsthum der organisirten und der nicht orga- nisirten Gewebe. S. oben pag. 201. Die Bestätigung des obigen Schlusses durch die Erfahrung spricht also auch für die Richtigkeit der Schluſsfolge selbst.
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der Bildung und Entwicklung der Zellen vorkommen. Die
zur Erklärung dieser Erscheinungen in den Zellen voraus-
zusetzende unbekannte Ursache kann man die plastische
Kraft der Zellen nennen. Wir wollen nun sehen, welche
nähere Bestimmungen dieser Kraft sich aus den angeführten
Erscheinungen deduciren lassen.
Es ist erstens eine Anziehungskraft, welche im ersten
Anfange der Zelle, im Kernkörperchen, schon wirkt und
den Ansatz neuer Moleküle an die vorhandenen veranlaſst.
Die erste Bildung des Kernkörperchens selbst kann man
sich als eine Art Herauskrystallisiren aus einer konzen-
trirten Flüssigkeit denken. Ist nämlich eine Flüssigkeit
so konzentrirt, daſs die Moleküle der aufgelösten Substanz
stärker einander anziehn, als die Moleküle der letztern
und des Lösungsmittels, so muſs sich ein Theil der festen
Substanz niederschlagen. Man begreift leicht, daſs die
Flüssigkeit konzentrirter sein muſs, wenn sich neue Zellen
darin bilden, als wenn die vorhandenen bloſs wachsen sol-
len. Denn ist schon etwas von der Zelle gebildet, so übt
dieſs eine Anziehung auf die noch aufgelöste Substanz
aus. Es ist also hier eine Ursache zum Absatz dieser
Substanz da, welche nicht mitwirkt, wenn noch nichts von
der Zelle gebildet ist. Je gröſser daher diese Anziehung
der Zelle ist, um so geringer braucht die Konzentration
der Flüssigkeit zu sein, während zum Anfange der Bildung
einer Zelle die Flüssigkeit mehr als konzentrirt sein muſs.
Dieser aus der Anziehungskraft der Zelle unmittelbar zu
ziehende Schluſs läſst sich aber auch durch die Beobach-
tung rechtfertigen. Ueberall, wo die ernährende Flüssig-
keit nicht gleichmäſsig in einem Gewebe vertheilt ist, ent-
stehen die neuen Zellen da, wo die Flüssigkeit zunächst
in das Gewebe dringt, wo sie also am konzentrirtesten
ist. Hierauf beruhte, wie wir sahen, der Unterschied zwi-
schen dem Wachsthum der organisirten und der nicht orga-
nisirten Gewebe. S. oben pag. 201. Die Bestätigung des
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Schwann, Theodor: Mikroskopische Untersuchungen über die Uebereinstimmung in der Struktur und dem Wachsthum der Thiere und Pflanzen. Berlin, 1839, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwann_mikroskopische_1839/255>, abgerufen am 28.11.2024.
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