ist nur gradweise verschieden von der, wie sie sich in der ganzen, auch in der anorganischen Natur zeigt, und die Erklärung, dass die Organismen, wie alle Erscheinungen in der anorganischen Natur, durch das Wirken blinder, mit der Materie gesetzter Kräfte entstehn, kann als un- möglich nicht zurückgewiesen werden. Die Vernunft for- dert allerdings einen Grund dieser Zweckmässigkeit; allein für sie ist die Annahme hinreichend, dass die Materie mit den ihr inwohnenden Kräften ihre Existenz einem vernünf- Wesen verdankt. Einmal geschaffen und in ihrer Integri- tät erhalten, können diese Kräfte dann sehr wohl nach ihren unveränderlichen Gesetzen der blinden Nothwendig- keit Kombinationen hervorbringen, die selbst einen hohen Grad individueller Zweckmässigkeit zeigen. Tritt aber die vernünftige Kraft nach der Schöpfung nur als erhaltend, nicht als unmittelbar thätig auf, so kann auf naturwissen- schaftlichem Gebiete vollkommen von ihr abstrahirt werden.
Die teleologische Ansicht führt aber ausserdem auf Schwierigkeiten in der Erklärung und zwar zunächst bei der Zeugung. Nimmt man an, dass jedem Organismus eine Kraft zu Grunde liegt, welche denselben nach einer ihr vorschwebenden Idee bildet, so kann allerdings bei der Zeugung auch ein Theil dieser Kraft in dem Ei enthalten sein; allein man muss dann diesem Theile der ursprüngli- chen Kraft bei der Trennung des Eies vom mütterlichen Körper die Fähigkeit zuschreiben, einen ähnlichen Orga- nismus hervorbringen zu können wie die Kraft, von der sie nur ein Theil ist, d. h. man muss annehmen, dass diese Kraft ins Unendliche theilbar ist, und dass dennoch jeder Theil dieselben Wirkungen hervorbringen kann, wie die ganze Kraft. Ist dagegen die Kraft der Organismen ebenso wie die physikalischen Kräfte in der Materie als solcher enthalten, und wird sie nur durch eine gewisse Kombination der Moleküle frei, wie etwa z. B. durch Kombination einer Zink- und Kupferplatte Elektricität frei wird, so kann du[ - 3 Zeichen fehlen] die Zusammenfügung der Moleküle zu einem Ei auch [ - 3 Zeichen fehlen] Kraft frei werden, wodurch das Ei neue Moleküle anzu-
ist nur gradweise verschieden von der, wie sie sich in der ganzen, auch in der anorganischen Natur zeigt, und die Erklärung, daſs die Organismen, wie alle Erscheinungen in der anorganischen Natur, durch das Wirken blinder, mit der Materie gesetzter Kräfte entstehn, kann als un- möglich nicht zurückgewiesen werden. Die Vernunft for- dert allerdings einen Grund dieser Zweckmäſsigkeit; allein für sie ist die Annahme hinreichend, daſs die Materie mit den ihr inwohnenden Kräften ihre Existenz einem vernünf- Wesen verdankt. Einmal geschaffen und in ihrer Integri- tät erhalten, können diese Kräfte dann sehr wohl nach ihren unveränderlichen Gesetzen der blinden Nothwendig- keit Kombinationen hervorbringen, die selbst einen hohen Grad individueller Zweckmäſsigkeit zeigen. Tritt aber die vernünftige Kraft nach der Schöpfung nur als erhaltend, nicht als unmittelbar thätig auf, so kann auf naturwissen- schaftlichem Gebiete vollkommen von ihr abstrahirt werden.
Die teleologische Ansicht führt aber auſserdem auf Schwierigkeiten in der Erklärung und zwar zunächst bei der Zeugung. Nimmt man an, daſs jedem Organismus eine Kraft zu Grunde liegt, welche denselben nach einer ihr vorschwebenden Idee bildet, so kann allerdings bei der Zeugung auch ein Theil dieser Kraft in dem Ei enthalten sein; allein man muſs dann diesem Theile der ursprüngli- chen Kraft bei der Trennung des Eies vom mütterlichen Körper die Fähigkeit zuschreiben, einen ähnlichen Orga- nismus hervorbringen zu können wie die Kraft, von der sie nur ein Theil ist, d. h. man muſs annehmen, daſs diese Kraft ins Unendliche theilbar ist, und daſs dennoch jeder Theil dieselben Wirkungen hervorbringen kann, wie die ganze Kraft. Ist dagegen die Kraft der Organismen ebenso wie die physikalischen Kräfte in der Materie als solcher enthalten, und wird sie nur durch eine gewisse Kombination der Moleküle frei, wie etwa z. B. durch Kombination einer Zink- und Kupferplatte Elektricität frei wird, so kann du[ – 3 Zeichen fehlen] die Zusammenfügung der Moleküle zu einem Ei auch [ – 3 Zeichen fehlen] Kraft frei werden, wodurch das Ei neue Moleküle anzu-
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ist nur gradweise verschieden von der, wie sie sich in der
ganzen, auch in der anorganischen Natur zeigt, und die
Erklärung, daſs die Organismen, wie alle Erscheinungen
in der anorganischen Natur, durch das Wirken blinder,
mit der Materie gesetzter Kräfte entstehn, kann als un-
möglich nicht zurückgewiesen werden. Die Vernunft for-
dert allerdings einen Grund dieser Zweckmäſsigkeit; allein
für sie ist die Annahme hinreichend, daſs die Materie mit
den ihr inwohnenden Kräften ihre Existenz einem vernünf-
Wesen verdankt. Einmal geschaffen und in ihrer Integri-
tät erhalten, können diese Kräfte dann sehr wohl nach
ihren unveränderlichen Gesetzen der blinden Nothwendig-
keit Kombinationen hervorbringen, die selbst einen hohen
Grad individueller Zweckmäſsigkeit zeigen. Tritt aber die
vernünftige Kraft nach der Schöpfung nur als erhaltend,
nicht als unmittelbar thätig auf, so kann auf naturwissen-
schaftlichem Gebiete vollkommen von ihr abstrahirt werden.
Die teleologische Ansicht führt aber auſserdem auf
Schwierigkeiten in der Erklärung und zwar zunächst bei
der Zeugung. Nimmt man an, daſs jedem Organismus eine
Kraft zu Grunde liegt, welche denselben nach einer ihr
vorschwebenden Idee bildet, so kann allerdings bei der
Zeugung auch ein Theil dieser Kraft in dem Ei enthalten
sein; allein man muſs dann diesem Theile der ursprüngli-
chen Kraft bei der Trennung des Eies vom mütterlichen
Körper die Fähigkeit zuschreiben, einen ähnlichen Orga-
nismus hervorbringen zu können wie die Kraft, von der
sie nur ein Theil ist, d. h. man muſs annehmen, daſs diese
Kraft ins Unendliche theilbar ist, und daſs dennoch jeder
Theil dieselben Wirkungen hervorbringen kann, wie die
ganze Kraft. Ist dagegen die Kraft der Organismen ebenso
wie die physikalischen Kräfte in der Materie als solcher
enthalten, und wird sie nur durch eine gewisse Kombination
der Moleküle frei, wie etwa z. B. durch Kombination einer
Zink- und Kupferplatte Elektricität frei wird, so kann du___
die Zusammenfügung der Moleküle zu einem Ei auch ___
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Schwann, Theodor: Mikroskopische Untersuchungen über die Uebereinstimmung in der Struktur und dem Wachsthum der Thiere und Pflanzen. Berlin, 1839, S. 224. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwann_mikroskopische_1839/248>, abgerufen am 24.11.2024.
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