wöhnlich sind beide Arten des Wachsthums vereinigt, je- doch meistens so, dass die Ausdehnung der Zellenmembran das vorwaltende ist.
Durch den ungleichmässigen Ansatz der neuen Mole- küle können sehr mannichfaltige Formmodifikationen der Zellen hervorgebracht werden. Die Kugelform, welche die Grundform der Zellen ist, kann sich in eine polyedri- sche verwandeln, oder die Zellen platten sich zu einer runden oder ovalen oder zu einer eckigen Tafel ab, oder die Ausdehnung der Zellen findet nur nach einer oder nach zwei entgegengesetzten Seiten zu einer Faser statt, und diese Fasern können selbst wieder platt und dabei zuweilen noch seitwärts gezähnelt sein, oder endlich die Ausdehnung der Zellen zu Fasern findet nach verschiede- nen Seiten sternförmig statt. Ein Theil dieser Formver- änderungen ist ohne Zweifel eine bloss mechanische Folge. So entsteht z B. die polyedrische Form durch das dichte Zusammenliegen der kugeligen Zellen, und diese nehmen getrennt von einander zuweilen sogar ihre runde Form wieder an, z. B. die Dotterzellen. Bei anderen Verände- rungen ist eine Erklärung durch Exosmose denkbar. Wan- delt z. B. eine runde Zelle ihren Inhalt so um, dass eine Flüssigkeit in ihr entsteht, die weniger dicht ist als die umgebende Flüssigkeit, so verliert die Zelle durch Exos- mose von ihrem Inhalt und muss desshalb zusammensinken und kann sich dabei zu einer Tafel abplatten, wie etwa bei den Blutkörperchen. In den bei weitem meisten Fäl- len aber reicht man mit solchen Erklärungen nicht aus, sondern man ist anzunehmen gezwungen, dass das Wachs- thum nicht nothwendig gleichmässig nach allen Seiten hin erfolgt, sondern dass die neuen Moleküle sich vorzugsweise an einzelnen Stellen zwischen die vorhandenen ablagern können. Denken wir uns z. B. eine runde Zelle, deren Zellenmembran schon ausgebildet ist, und nun erfolgt an einer beschränkten Stelle der Zellenmembran die Ablage- rung neuer Moleküle, so wird diese Stelle der Zellenmem- bran sich ausdehnen, und dadurch eine hohle Faser aus
wöhnlich sind beide Arten des Wachsthums vereinigt, je- doch meistens so, daſs die Ausdehnung der Zellenmembran das vorwaltende ist.
Durch den ungleichmäſsigen Ansatz der neuen Mole- küle können sehr mannichfaltige Formmodifikationen der Zellen hervorgebracht werden. Die Kugelform, welche die Grundform der Zellen ist, kann sich in eine polyedri- sche verwandeln, oder die Zellen platten sich zu einer runden oder ovalen oder zu einer eckigen Tafel ab, oder die Ausdehnung der Zellen findet nur nach einer oder nach zwei entgegengesetzten Seiten zu einer Faser statt, und diese Fasern können selbst wieder platt und dabei zuweilen noch seitwärts gezähnelt sein, oder endlich die Ausdehnung der Zellen zu Fasern findet nach verschiede- nen Seiten sternförmig statt. Ein Theil dieser Formver- änderungen ist ohne Zweifel eine bloſs mechanische Folge. So entsteht z B. die polyedrische Form durch das dichte Zusammenliegen der kugeligen Zellen, und diese nehmen getrennt von einander zuweilen sogar ihre runde Form wieder an, z. B. die Dotterzellen. Bei anderen Verände- rungen ist eine Erklärung durch Exosmose denkbar. Wan- delt z. B. eine runde Zelle ihren Inhalt so um, daſs eine Flüssigkeit in ihr entsteht, die weniger dicht ist als die umgebende Flüssigkeit, so verliert die Zelle durch Exos- mose von ihrem Inhalt und muſs deſshalb zusammensinken und kann sich dabei zu einer Tafel abplatten, wie etwa bei den Blutkörperchen. In den bei weitem meisten Fäl- len aber reicht man mit solchen Erklärungen nicht aus, sondern man ist anzunehmen gezwungen, daſs das Wachs- thum nicht nothwendig gleichmäſsig nach allen Seiten hin erfolgt, sondern daſs die neuen Moleküle sich vorzugsweise an einzelnen Stellen zwischen die vorhandenen ablagern können. Denken wir uns z. B. eine runde Zelle, deren Zellenmembran schon ausgebildet ist, und nun erfolgt an einer beschränkten Stelle der Zellenmembran die Ablage- rung neuer Moleküle, so wird diese Stelle der Zellenmem- bran sich ausdehnen, und dadurch eine hohle Faser aus
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wöhnlich sind beide Arten des Wachsthums vereinigt, je-
doch meistens so, daſs die Ausdehnung der Zellenmembran
das vorwaltende ist.
Durch den ungleichmäſsigen Ansatz der neuen Mole-
küle können sehr mannichfaltige Formmodifikationen der
Zellen hervorgebracht werden. Die Kugelform, welche
die Grundform der Zellen ist, kann sich in eine polyedri-
sche verwandeln, oder die Zellen platten sich zu einer
runden oder ovalen oder zu einer eckigen Tafel ab, oder
die Ausdehnung der Zellen findet nur nach einer oder
nach zwei entgegengesetzten Seiten zu einer Faser statt,
und diese Fasern können selbst wieder platt und dabei
zuweilen noch seitwärts gezähnelt sein, oder endlich die
Ausdehnung der Zellen zu Fasern findet nach verschiede-
nen Seiten sternförmig statt. Ein Theil dieser Formver-
änderungen ist ohne Zweifel eine bloſs mechanische Folge.
So entsteht z B. die polyedrische Form durch das dichte
Zusammenliegen der kugeligen Zellen, und diese nehmen
getrennt von einander zuweilen sogar ihre runde Form
wieder an, z. B. die Dotterzellen. Bei anderen Verände-
rungen ist eine Erklärung durch Exosmose denkbar. Wan-
delt z. B. eine runde Zelle ihren Inhalt so um, daſs eine
Flüssigkeit in ihr entsteht, die weniger dicht ist als die
umgebende Flüssigkeit, so verliert die Zelle durch Exos-
mose von ihrem Inhalt und muſs deſshalb zusammensinken
und kann sich dabei zu einer Tafel abplatten, wie etwa
bei den Blutkörperchen. In den bei weitem meisten Fäl-
len aber reicht man mit solchen Erklärungen nicht aus,
sondern man ist anzunehmen gezwungen, daſs das Wachs-
thum nicht nothwendig gleichmäſsig nach allen Seiten hin
erfolgt, sondern daſs die neuen Moleküle sich vorzugsweise
an einzelnen Stellen zwischen die vorhandenen ablagern
können. Denken wir uns z. B. eine runde Zelle, deren
Zellenmembran schon ausgebildet ist, und nun erfolgt an
einer beschränkten Stelle der Zellenmembran die Ablage-
rung neuer Moleküle, so wird diese Stelle der Zellenmem-
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Schwann, Theodor: Mikroskopische Untersuchungen über die Uebereinstimmung in der Struktur und dem Wachsthum der Thiere und Pflanzen. Berlin, 1839, S. 216. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwann_mikroskopische_1839/240>, abgerufen am 24.11.2024.
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