wirkliche Kapillargefässe sind, so können sie entweder ge- wöhnliche Kapillargefässe im kontrahirten Zustande, oder sie müssen eine Entwickelungsstufe derselben sein. Ist es nun aber schon schwer denkbar, dass sich ein Kapillarge- fäss bis beinahe zur Feinheit eines Zellgewebefadens soll zusammenziehen können, so lässt sich diese Annahme gar nicht durchführen bei den blinden Aesten, welche kein anderes Kapillargefäss erreichen, wie bei d. Man könnte nun aber zugeben, dass diese Form der Kapillargefässe zwar eine Entwickelungsstufe ist, aber nicht in der oben geschilderten Weise, sondern so, dass aus den vorhandenen Kapillargefässen Aeste hervorwachsen, die sich wieder wei- ter verästeln. Dem Einwurfe, dass dadurch die verschie- dene Dicke dieser Kapillargefässe an verschiedenen Stel- len nicht erklärt wird, liesse sich durch die Annahme be- gegnen, dass diess durch die umgebende Substanz bedingt sein könnte. Desshalb ist es nothwendig, die primären Ka- pillargefässzellen vor ihrer Verbindung mit wirklichen Ka- pillargefässen zu beobachten. Es kommen nun allerdings im Schwanze der Froschlarven eine Menge sternförmiger Zellen vor. Sie liegen unter dem Epithelium und unter den Pigmentzellen im Niveau der Kapillargefässe, sind kleiner als die Pigmentzellen, enthalten kein Pigment, son- dern eine farblose oder blassgelbliche Substanz; sie schik- ken bald mehr, bald weniger Fortsetzungen nach verschie- denen Seiten ab, die aber gewöhnlich nur kurz sind und gewöhnlich nicht mit den Fortsetzungen anderer in Verbin- dung treten. Ihre Form steht in keinem Zusammenhange mit der Form der höher liegenden Pigmentzellen, so dass, wenn diese auch alle nur nach zwei Seiten hin Fortsetzungen ausschicken, wie diess bei vielen Larven der Fall ist, diese Zellen doch mehrere Fortsetzungen nach verschiedenen Sei- ten hin zeigen. Aus diesen Gründen können es keine jün- gere Pigmentzellen sein. Solche Aeste der Kapillarge- fässe, wie bei d, scheinen nun zuweilen mit einer solchen sternförmigen Zelle sich zu verbinden, und desshalb könnte man die übrigen für junge Kapillargefässzellen halten, bei
wirkliche Kapillargefäſse sind, so können sie entweder ge- wöhnliche Kapillargefäſse im kontrahirten Zustande, oder sie müssen eine Entwickelungsstufe derselben sein. Ist es nun aber schon schwer denkbar, daſs sich ein Kapillarge- fäſs bis beinahe zur Feinheit eines Zellgewebefadens soll zusammenziehen können, so läſst sich diese Annahme gar nicht durchführen bei den blinden Aesten, welche kein anderes Kapillargefäſs erreichen, wie bei d. Man könnte nun aber zugeben, daſs diese Form der Kapillargefäſse zwar eine Entwickelungsstufe ist, aber nicht in der oben geschilderten Weise, sondern so, daſs aus den vorhandenen Kapillargefäſsen Aeste hervorwachsen, die sich wieder wei- ter verästeln. Dem Einwurfe, daſs dadurch die verschie- dene Dicke dieser Kapillargefäſse an verschiedenen Stel- len nicht erklärt wird, lieſse sich durch die Annahme be- gegnen, daſs dieſs durch die umgebende Substanz bedingt sein könnte. Deſshalb ist es nothwendig, die primären Ka- pillargefäſszellen vor ihrer Verbindung mit wirklichen Ka- pillargefäſsen zu beobachten. Es kommen nun allerdings im Schwanze der Froschlarven eine Menge sternförmiger Zellen vor. Sie liegen unter dem Epithelium und unter den Pigmentzellen im Niveau der Kapillargefäſse, sind kleiner als die Pigmentzellen, enthalten kein Pigment, son- dern eine farblose oder blaſsgelbliche Substanz; sie schik- ken bald mehr, bald weniger Fortsetzungen nach verschie- denen Seiten ab, die aber gewöhnlich nur kurz sind und gewöhnlich nicht mit den Fortsetzungen anderer in Verbin- dung treten. Ihre Form steht in keinem Zusammenhange mit der Form der höher liegenden Pigmentzellen, so daſs, wenn diese auch alle nur nach zwei Seiten hin Fortsetzungen ausschicken, wie dieſs bei vielen Larven der Fall ist, diese Zellen doch mehrere Fortsetzungen nach verschiedenen Sei- ten hin zeigen. Aus diesen Gründen können es keine jün- gere Pigmentzellen sein. Solche Aeste der Kapillarge- fäſse, wie bei d, scheinen nun zuweilen mit einer solchen sternförmigen Zelle sich zu verbinden, und deſshalb könnte man die übrigen für junge Kapillargefäſszellen halten, bei
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0210"n="186"/>
wirkliche Kapillargefäſse sind, so können sie entweder ge-<lb/>
wöhnliche Kapillargefäſse im kontrahirten Zustande, oder<lb/>
sie müssen eine Entwickelungsstufe derselben sein. Ist es<lb/>
nun aber schon schwer denkbar, daſs sich ein Kapillarge-<lb/>
fäſs bis beinahe zur Feinheit eines Zellgewebefadens soll<lb/>
zusammenziehen können, so läſst sich diese Annahme gar<lb/>
nicht durchführen bei den blinden Aesten, welche kein<lb/>
anderes Kapillargefäſs erreichen, wie bei d. Man könnte<lb/>
nun aber zugeben, daſs diese Form der Kapillargefäſse<lb/>
zwar eine Entwickelungsstufe ist, aber nicht in der oben<lb/>
geschilderten Weise, sondern so, daſs aus den vorhandenen<lb/>
Kapillargefäſsen Aeste hervorwachsen, die sich wieder wei-<lb/>
ter verästeln. Dem Einwurfe, daſs dadurch die verschie-<lb/>
dene Dicke dieser Kapillargefäſse an verschiedenen Stel-<lb/>
len nicht erklärt wird, lieſse sich durch die Annahme be-<lb/>
gegnen, daſs dieſs durch die umgebende Substanz bedingt<lb/>
sein könnte. Deſshalb ist es nothwendig, die primären Ka-<lb/>
pillargefäſszellen vor ihrer Verbindung mit wirklichen Ka-<lb/>
pillargefäſsen zu beobachten. Es kommen nun allerdings<lb/>
im Schwanze der Froschlarven eine Menge sternförmiger<lb/>
Zellen vor. Sie liegen unter dem Epithelium und unter<lb/>
den Pigmentzellen im Niveau der Kapillargefäſse, sind<lb/>
kleiner als die Pigmentzellen, enthalten kein Pigment, son-<lb/>
dern eine farblose oder blaſsgelbliche Substanz; sie schik-<lb/>
ken bald mehr, bald weniger Fortsetzungen nach verschie-<lb/>
denen Seiten ab, die aber gewöhnlich nur kurz sind und<lb/>
gewöhnlich nicht mit den Fortsetzungen anderer in Verbin-<lb/>
dung treten. Ihre Form steht in keinem Zusammenhange mit<lb/>
der Form der höher liegenden Pigmentzellen, so daſs, wenn<lb/>
diese auch alle nur nach zwei Seiten hin Fortsetzungen<lb/>
ausschicken, wie dieſs bei vielen Larven der Fall ist, diese<lb/>
Zellen doch mehrere Fortsetzungen nach verschiedenen Sei-<lb/>
ten hin zeigen. Aus diesen Gründen können es keine jün-<lb/>
gere Pigmentzellen sein. Solche Aeste der Kapillarge-<lb/>
fäſse, wie bei d, scheinen nun zuweilen mit einer solchen<lb/>
sternförmigen Zelle sich zu verbinden, und deſshalb könnte<lb/>
man die übrigen für junge Kapillargefäſszellen halten, bei<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[186/0210]
wirkliche Kapillargefäſse sind, so können sie entweder ge-
wöhnliche Kapillargefäſse im kontrahirten Zustande, oder
sie müssen eine Entwickelungsstufe derselben sein. Ist es
nun aber schon schwer denkbar, daſs sich ein Kapillarge-
fäſs bis beinahe zur Feinheit eines Zellgewebefadens soll
zusammenziehen können, so läſst sich diese Annahme gar
nicht durchführen bei den blinden Aesten, welche kein
anderes Kapillargefäſs erreichen, wie bei d. Man könnte
nun aber zugeben, daſs diese Form der Kapillargefäſse
zwar eine Entwickelungsstufe ist, aber nicht in der oben
geschilderten Weise, sondern so, daſs aus den vorhandenen
Kapillargefäſsen Aeste hervorwachsen, die sich wieder wei-
ter verästeln. Dem Einwurfe, daſs dadurch die verschie-
dene Dicke dieser Kapillargefäſse an verschiedenen Stel-
len nicht erklärt wird, lieſse sich durch die Annahme be-
gegnen, daſs dieſs durch die umgebende Substanz bedingt
sein könnte. Deſshalb ist es nothwendig, die primären Ka-
pillargefäſszellen vor ihrer Verbindung mit wirklichen Ka-
pillargefäſsen zu beobachten. Es kommen nun allerdings
im Schwanze der Froschlarven eine Menge sternförmiger
Zellen vor. Sie liegen unter dem Epithelium und unter
den Pigmentzellen im Niveau der Kapillargefäſse, sind
kleiner als die Pigmentzellen, enthalten kein Pigment, son-
dern eine farblose oder blaſsgelbliche Substanz; sie schik-
ken bald mehr, bald weniger Fortsetzungen nach verschie-
denen Seiten ab, die aber gewöhnlich nur kurz sind und
gewöhnlich nicht mit den Fortsetzungen anderer in Verbin-
dung treten. Ihre Form steht in keinem Zusammenhange mit
der Form der höher liegenden Pigmentzellen, so daſs, wenn
diese auch alle nur nach zwei Seiten hin Fortsetzungen
ausschicken, wie dieſs bei vielen Larven der Fall ist, diese
Zellen doch mehrere Fortsetzungen nach verschiedenen Sei-
ten hin zeigen. Aus diesen Gründen können es keine jün-
gere Pigmentzellen sein. Solche Aeste der Kapillarge-
fäſse, wie bei d, scheinen nun zuweilen mit einer solchen
sternförmigen Zelle sich zu verbinden, und deſshalb könnte
man die übrigen für junge Kapillargefäſszellen halten, bei
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schwann, Theodor: Mikroskopische Untersuchungen über die Uebereinstimmung in der Struktur und dem Wachsthum der Thiere und Pflanzen. Berlin, 1839, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwann_mikroskopische_1839/210>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.