Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schwann, Theodor: Mikroskopische Untersuchungen über die Uebereinstimmung in der Struktur und dem Wachsthum der Thiere und Pflanzen. Berlin, 1839.

Bild:
<< vorherige Seite

erwarten, auch bei der mikroskopischen Untersuchung die
weisse Substanz der Nervenfasern weniger vollständig oder
gar nicht entwickelt zu finden. Breitet man einen Nerven
von einem etwa 6 Zoll langen Schweinefötus nach der
gewöhnlichen Präparationsmethode durch Zerren und un-
ter Anwendung von Wasser aus, so sieht man einzelne
Nervenfasern, denen des Erwachsenen sehr ähnlich und mit
fast eben so dunkeln Konturen versehen. Der grösste Theil
der Substanz aber bildet keine zusammenhängende Fasern,
sondern besteht aus einzelnen runden Kugeln, oder mehr oder
weniger langen, unregelmässigen Cylinderchen, die nach
der Länge des Nerven liegen, übrigens aber so dunkle
Konturen, wie die Nervenfasern haben. Diese scheinen
das zu sein, worauf sich Remak in der oben erwähnten
Beschreibung bezieht. Ausserdem aber sieht man eine
Substanz von ganz anderem Ansehn, ohne die dunkeln
Konturen nicht durchsichtig, sondern granulirt aussehend,
und in dieser erkennt man deutlich Zellenkerne. Man
übersieht sie leicht oder hält sie für etwas Fremdartiges,
wenn die übrigen Bestandtheile vorwalten. Sie ist aber in
der That das Primitive der Nerven, denn ihre relative
Menge ist um so grösser, je jünger der Fötus ist, und bei
einem Schweinefötus von 3 Zoll Länge fand ich sie als
alleiniges Konstituens der Nerven, so dass noch gar keine
mit so dunkeln Konturen versehene Fasern, Cylinder oder
Kugeln zu sehen waren. Doch scheint die Entwickelung
der Nerven nicht bei allen Individuen gleichmässig zu er-
folgen; denn bei anderen, kaum grösseren Schweinefötus
waren schon solche dunkle Kugeln und Cylinder da. Tab. IV.
Fig. 6 stellt ein Stückchen von N. ischiadicus, und Fig. 7 vom
N. brachialis jenes Schweinefötus dar. Man sieht einen ziemlich
blassen, sehr fein granulirten Strang, der durch gewisse Schat-
tirungen nach seiner Länge, wie sie die Abbildung dar-
stellt, den Ausdruck einer groben Faserung zeigt. Ge-
wöhnlich im Laufe der schattirten Stellen, und zwar in
der ganzen Dicke des Stranges, sieht man runde oder
meistens ovale Körperchen, die man sogleich als Zellen-

erwarten, auch bei der mikroskopischen Untersuchung die
weiſse Substanz der Nervenfasern weniger vollständig oder
gar nicht entwickelt zu finden. Breitet man einen Nerven
von einem etwa 6 Zoll langen Schweinefötus nach der
gewöhnlichen Präparationsmethode durch Zerren und un-
ter Anwendung von Wasser aus, so sieht man einzelne
Nervenfasern, denen des Erwachsenen sehr ähnlich und mit
fast eben so dunkeln Konturen versehen. Der gröſste Theil
der Substanz aber bildet keine zusammenhängende Fasern,
sondern besteht aus einzelnen runden Kugeln, oder mehr oder
weniger langen, unregelmäſsigen Cylinderchen, die nach
der Länge des Nerven liegen, übrigens aber so dunkle
Konturen, wie die Nervenfasern haben. Diese scheinen
das zu sein, worauf sich Remak in der oben erwähnten
Beschreibung bezieht. Auſserdem aber sieht man eine
Substanz von ganz anderem Ansehn, ohne die dunkeln
Konturen nicht durchsichtig, sondern granulirt aussehend,
und in dieser erkennt man deutlich Zellenkerne. Man
übersieht sie leicht oder hält sie für etwas Fremdartiges,
wenn die übrigen Bestandtheile vorwalten. Sie ist aber in
der That das Primitive der Nerven, denn ihre relative
Menge ist um so grösser, je jünger der Fötus ist, und bei
einem Schweinefötus von 3 Zoll Länge fand ich sie als
alleiniges Konstituens der Nerven, so daſs noch gar keine
mit so dunkeln Konturen versehene Fasern, Cylinder oder
Kugeln zu sehen waren. Doch scheint die Entwickelung
der Nerven nicht bei allen Individuen gleichmäſsig zu er-
folgen; denn bei anderen, kaum gröſseren Schweinefötus
waren schon solche dunkle Kugeln und Cylinder da. Tab. IV.
Fig. 6 stellt ein Stückchen von N. ischiadicus, und Fig. 7 vom
N. brachialis jenes Schweinefötus dar. Man sieht einen ziemlich
blassen, sehr fein granulirten Strang, der durch gewisse Schat-
tirungen nach seiner Länge, wie sie die Abbildung dar-
stellt, den Ausdruck einer groben Faserung zeigt. Ge-
wöhnlich im Laufe der schattirten Stellen, und zwar in
der ganzen Dicke des Stranges, sieht man runde oder
meistens ovale Körperchen, die man sogleich als Zellen-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0195" n="171"/>
erwarten, auch bei der mikroskopischen Untersuchung die<lb/>
wei&#x017F;se Substanz der Nervenfasern weniger vollständig oder<lb/>
gar nicht entwickelt zu finden. Breitet man einen Nerven<lb/>
von einem etwa 6 Zoll langen Schweinefötus nach der<lb/>
gewöhnlichen Präparationsmethode durch Zerren und un-<lb/>
ter Anwendung von Wasser aus, so sieht man einzelne<lb/>
Nervenfasern, denen des Erwachsenen sehr ähnlich und mit<lb/>
fast eben so dunkeln Konturen versehen. Der grö&#x017F;ste Theil<lb/>
der Substanz aber bildet keine zusammenhängende Fasern,<lb/>
sondern besteht aus einzelnen runden Kugeln, oder mehr oder<lb/>
weniger langen, unregelmä&#x017F;sigen Cylinderchen, die nach<lb/>
der Länge des Nerven liegen, übrigens aber so dunkle<lb/>
Konturen, wie die Nervenfasern haben. Diese scheinen<lb/>
das zu sein, worauf sich <hi rendition="#g">Remak</hi> in der oben erwähnten<lb/>
Beschreibung bezieht. Au&#x017F;serdem aber sieht man eine<lb/>
Substanz von ganz anderem Ansehn, ohne die dunkeln<lb/>
Konturen nicht durchsichtig, sondern granulirt aussehend,<lb/>
und in dieser erkennt man deutlich Zellenkerne. Man<lb/>
übersieht sie leicht oder hält sie für etwas Fremdartiges,<lb/>
wenn die übrigen Bestandtheile vorwalten. Sie ist aber in<lb/>
der That das Primitive der Nerven, denn ihre relative<lb/>
Menge ist um so grösser, je jünger der Fötus ist, und bei<lb/>
einem Schweinefötus von 3 Zoll Länge fand ich sie als<lb/>
alleiniges Konstituens der Nerven, so da&#x017F;s noch gar keine<lb/>
mit so dunkeln Konturen versehene Fasern, Cylinder oder<lb/>
Kugeln zu sehen waren. Doch scheint die Entwickelung<lb/>
der Nerven nicht bei allen Individuen gleichmä&#x017F;sig zu er-<lb/>
folgen; denn bei anderen, kaum grö&#x017F;seren Schweinefötus<lb/>
waren schon solche dunkle Kugeln und Cylinder da. Tab. IV.<lb/>
Fig. 6 stellt ein Stückchen von N. ischiadicus, und Fig. 7 vom<lb/>
N. brachialis jenes Schweinefötus dar. Man sieht einen ziemlich<lb/>
blassen, sehr fein granulirten Strang, der durch gewisse Schat-<lb/>
tirungen nach seiner Länge, wie sie die Abbildung dar-<lb/>
stellt, den Ausdruck einer groben Faserung zeigt. Ge-<lb/>
wöhnlich im Laufe der schattirten Stellen, und zwar in<lb/>
der ganzen Dicke des Stranges, sieht man runde oder<lb/>
meistens ovale Körperchen, die man sogleich als Zellen-<lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[171/0195] erwarten, auch bei der mikroskopischen Untersuchung die weiſse Substanz der Nervenfasern weniger vollständig oder gar nicht entwickelt zu finden. Breitet man einen Nerven von einem etwa 6 Zoll langen Schweinefötus nach der gewöhnlichen Präparationsmethode durch Zerren und un- ter Anwendung von Wasser aus, so sieht man einzelne Nervenfasern, denen des Erwachsenen sehr ähnlich und mit fast eben so dunkeln Konturen versehen. Der gröſste Theil der Substanz aber bildet keine zusammenhängende Fasern, sondern besteht aus einzelnen runden Kugeln, oder mehr oder weniger langen, unregelmäſsigen Cylinderchen, die nach der Länge des Nerven liegen, übrigens aber so dunkle Konturen, wie die Nervenfasern haben. Diese scheinen das zu sein, worauf sich Remak in der oben erwähnten Beschreibung bezieht. Auſserdem aber sieht man eine Substanz von ganz anderem Ansehn, ohne die dunkeln Konturen nicht durchsichtig, sondern granulirt aussehend, und in dieser erkennt man deutlich Zellenkerne. Man übersieht sie leicht oder hält sie für etwas Fremdartiges, wenn die übrigen Bestandtheile vorwalten. Sie ist aber in der That das Primitive der Nerven, denn ihre relative Menge ist um so grösser, je jünger der Fötus ist, und bei einem Schweinefötus von 3 Zoll Länge fand ich sie als alleiniges Konstituens der Nerven, so daſs noch gar keine mit so dunkeln Konturen versehene Fasern, Cylinder oder Kugeln zu sehen waren. Doch scheint die Entwickelung der Nerven nicht bei allen Individuen gleichmäſsig zu er- folgen; denn bei anderen, kaum gröſseren Schweinefötus waren schon solche dunkle Kugeln und Cylinder da. Tab. IV. Fig. 6 stellt ein Stückchen von N. ischiadicus, und Fig. 7 vom N. brachialis jenes Schweinefötus dar. Man sieht einen ziemlich blassen, sehr fein granulirten Strang, der durch gewisse Schat- tirungen nach seiner Länge, wie sie die Abbildung dar- stellt, den Ausdruck einer groben Faserung zeigt. Ge- wöhnlich im Laufe der schattirten Stellen, und zwar in der ganzen Dicke des Stranges, sieht man runde oder meistens ovale Körperchen, die man sogleich als Zellen-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schwann_mikroskopische_1839
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schwann_mikroskopische_1839/195
Zitationshilfe: Schwann, Theodor: Mikroskopische Untersuchungen über die Uebereinstimmung in der Struktur und dem Wachsthum der Thiere und Pflanzen. Berlin, 1839, S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwann_mikroskopische_1839/195>, abgerufen am 22.11.2024.