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Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 3. Stuttgart, 1840.

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trat an den Altar des Apollo, der vor dem Pallaste wie
vor allen Häusern der Griechen aufgestellt war, Haus
und Straße zu behüten. Das Opfer, das sie dar¬
brachte, war bestimmt, den Gott der Weissagungen
wegen des Traumgesichtes zu versöhnen, das ihr in der
letzten Schreckensnacht im Schlafe vorgekommen war.

Und es schien als wolle der Gott sie erhören.
Noch hatte sie nicht ausgeopfert, als ein fremder Mann
auf die sie begleitenden Dienerinnen zuschritt und nach
der Königswohnung des Aegisthus sich erkundigte. Von
diesen an die Fürstin des Hauses gewiesen, beugte er
die Kniee vor ihr und sprach: "Heil dir, o Königin,
ich bin gekommen, dir ein willkommenes Wort von dei¬
nem und deines Gemahles Freunde zu verkündigen.
Mich sendet der König Strophius aus Phanote: es
starb Orestes; damit ist mein Auftrag zu Ende." "Dieß
Wort ist mein Tod," seufzte Elektra und sank an den
Stufen des Pallastes nieder. "Was sagst du, Freund,"
sprach hastig Klytämnestra, den Altar mit einem Sprunge
verlassend. "Kümmere dich nicht um jene Närrin dort!
Erzähle mir, erzähle!"

"Dein Sohn Orestes," hub jener an, "von Ruhm¬
begier getrieben, war nach Delphi zu den heiligen Spielen
gekommen. Als der Herold den Anfang des Wettlaufes
verkündigte, so trat er herein in den Kreis, eine glän¬
zende Gestalt, von Allen angestaunt. Ehe man ihn recht
seinen Anlauf nehmen sah, dem Wind oder dem Blitze
gleich, war er am Ziele und trug den Siegespreis davon.
Ja, so viel der Kampfrichter Heroldsrufe ergehen ließ,
in dem ganzen fünffachen Kampfe der doppelten Renn¬
bahn, erschallte jedesmal als Name des Siegers,

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trat an den Altar des Apollo, der vor dem Pallaſte wie
vor allen Häuſern der Griechen aufgeſtellt war, Haus
und Straße zu behüten. Das Opfer, das ſie dar¬
brachte, war beſtimmt, den Gott der Weiſſagungen
wegen des Traumgeſichtes zu verſöhnen, das ihr in der
letzten Schreckensnacht im Schlafe vorgekommen war.

Und es ſchien als wolle der Gott ſie erhören.
Noch hatte ſie nicht ausgeopfert, als ein fremder Mann
auf die ſie begleitenden Dienerinnen zuſchritt und nach
der Königswohnung des Aegiſthus ſich erkundigte. Von
dieſen an die Fürſtin des Hauſes gewieſen, beugte er
die Kniee vor ihr und ſprach: „Heil dir, o Königin,
ich bin gekommen, dir ein willkommenes Wort von dei¬
nem und deines Gemahles Freunde zu verkündigen.
Mich ſendet der König Strophius aus Phanote: es
ſtarb Oreſtes; damit iſt mein Auftrag zu Ende.“ „Dieß
Wort iſt mein Tod,“ ſeufzte Elektra und ſank an den
Stufen des Pallaſtes nieder. „Was ſagſt du, Freund,“
ſprach haſtig Klytämneſtra, den Altar mit einem Sprunge
verlaſſend. „Kümmere dich nicht um jene Närrin dort!
Erzähle mir, erzähle!“

„Dein Sohn Oreſtes,“ hub jener an, „von Ruhm¬
begier getrieben, war nach Delphi zu den heiligen Spielen
gekommen. Als der Herold den Anfang des Wettlaufes
verkündigte, ſo trat er herein in den Kreis, eine glän¬
zende Geſtalt, von Allen angeſtaunt. Ehe man ihn recht
ſeinen Anlauf nehmen ſah, dem Wind oder dem Blitze
gleich, war er am Ziele und trug den Siegespreis davon.
Ja, ſo viel der Kampfrichter Heroldsrufe ergehen ließ,
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bahn, erſchallte jedesmal als Name des Siegers,

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[19/0041] trat an den Altar des Apollo, der vor dem Pallaſte wie vor allen Häuſern der Griechen aufgeſtellt war, Haus und Straße zu behüten. Das Opfer, das ſie dar¬ brachte, war beſtimmt, den Gott der Weiſſagungen wegen des Traumgeſichtes zu verſöhnen, das ihr in der letzten Schreckensnacht im Schlafe vorgekommen war. Und es ſchien als wolle der Gott ſie erhören. Noch hatte ſie nicht ausgeopfert, als ein fremder Mann auf die ſie begleitenden Dienerinnen zuſchritt und nach der Königswohnung des Aegiſthus ſich erkundigte. Von dieſen an die Fürſtin des Hauſes gewieſen, beugte er die Kniee vor ihr und ſprach: „Heil dir, o Königin, ich bin gekommen, dir ein willkommenes Wort von dei¬ nem und deines Gemahles Freunde zu verkündigen. Mich ſendet der König Strophius aus Phanote: es ſtarb Oreſtes; damit iſt mein Auftrag zu Ende.“ „Dieß Wort iſt mein Tod,“ ſeufzte Elektra und ſank an den Stufen des Pallaſtes nieder. „Was ſagſt du, Freund,“ ſprach haſtig Klytämneſtra, den Altar mit einem Sprunge verlaſſend. „Kümmere dich nicht um jene Närrin dort! Erzähle mir, erzähle!“ „Dein Sohn Oreſtes,“ hub jener an, „von Ruhm¬ begier getrieben, war nach Delphi zu den heiligen Spielen gekommen. Als der Herold den Anfang des Wettlaufes verkündigte, ſo trat er herein in den Kreis, eine glän¬ zende Geſtalt, von Allen angeſtaunt. Ehe man ihn recht ſeinen Anlauf nehmen ſah, dem Wind oder dem Blitze gleich, war er am Ziele und trug den Siegespreis davon. Ja, ſo viel der Kampfrichter Heroldsrufe ergehen ließ, in dem ganzen fünffachen Kampfe der doppelten Renn¬ bahn, erſchallte jedesmal als Name des Siegers, 2 *

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Zitationshilfe: Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 3. Stuttgart, 1840, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwab_sagen03_1840/41>, abgerufen am 22.11.2024.