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Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 3. Stuttgart, 1840.

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Erzählung seines Schicksals aus dem Munde ihres
Sohnes, dessen Klage sie jedoch bald unterbrach: "Wenn
meine Eltern mich nicht umsonst die Deutung des Vo¬
gelflugs gelehrt haben", sagte sie, "so verkündige ich
dir die Rettung deiner verschlagenen Schiffe, und die
Rückkehr deiner Freunde. Denn ich sah am offenen
Himmel in freudigem Zuge zwölf Schwäne fliegend,
die kurz zuvor ein Adler, der Vogel Jupiters, ausein¬
ander gescheucht hatte. In langem Zuge suchten sie
theils das Land zu gewinnen, theils schwebten sie schon
über dem gewonnenen: so erreichten auch deine Genossen
schon zum Theile den Hafen, zum Theil nähern sie sich
ihm mit vollen Segeln. Du aber geh immerhin auf
dem betretenen Pfade fort." So sprach die Jungfrau
und wandte sich um. Ihr rosiger Nacken erglänzte von
überirdischem Licht, ihre ambrosischen Locken verbreiteten
einen himmlischen Wohlgeruch, ihr Kleid wallte blendend
zu den Fersen hernieder, ihre Gestalt erschien übermensch¬
lich, ihr ganzer Weggang verkündigte die Göttin. Jetzt
erkannte Aeneas plötzlich seine Mutter, und rief die
Fliehende vergebens zurück. Diese aber umhüllte die
Wanderer mit einer dichten Umkleidung von Nebel, daß
Niemand sie schauen und ihre Absichten erforschen könnte.
Sie selbst schwebte hoch durch die Lüfte nach ihrem
Lieblingssitze Paphos.


Erzählung ſeines Schickſals aus dem Munde ihres
Sohnes, deſſen Klage ſie jedoch bald unterbrach: „Wenn
meine Eltern mich nicht umſonſt die Deutung des Vo¬
gelflugs gelehrt haben“, ſagte ſie, „ſo verkündige ich
dir die Rettung deiner verſchlagenen Schiffe, und die
Rückkehr deiner Freunde. Denn ich ſah am offenen
Himmel in freudigem Zuge zwölf Schwäne fliegend,
die kurz zuvor ein Adler, der Vogel Jupiters, ausein¬
ander geſcheucht hatte. In langem Zuge ſuchten ſie
theils das Land zu gewinnen, theils ſchwebten ſie ſchon
über dem gewonnenen: ſo erreichten auch deine Genoſſen
ſchon zum Theile den Hafen, zum Theil nähern ſie ſich
ihm mit vollen Segeln. Du aber geh immerhin auf
dem betretenen Pfade fort.“ So ſprach die Jungfrau
und wandte ſich um. Ihr roſiger Nacken erglänzte von
überirdiſchem Licht, ihre ambroſiſchen Locken verbreiteten
einen himmliſchen Wohlgeruch, ihr Kleid wallte blendend
zu den Ferſen hernieder, ihre Geſtalt erſchien übermenſch¬
lich, ihr ganzer Weggang verkündigte die Göttin. Jetzt
erkannte Aeneas plötzlich ſeine Mutter, und rief die
Fliehende vergebens zurück. Dieſe aber umhüllte die
Wanderer mit einer dichten Umkleidung von Nebel, daß
Niemand ſie ſchauen und ihre Abſichten erforſchen könnte.
Sie ſelbſt ſchwebte hoch durch die Lüfte nach ihrem
Lieblingsſitze Paphos.


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[320/0342] Erzählung ſeines Schickſals aus dem Munde ihres Sohnes, deſſen Klage ſie jedoch bald unterbrach: „Wenn meine Eltern mich nicht umſonſt die Deutung des Vo¬ gelflugs gelehrt haben“, ſagte ſie, „ſo verkündige ich dir die Rettung deiner verſchlagenen Schiffe, und die Rückkehr deiner Freunde. Denn ich ſah am offenen Himmel in freudigem Zuge zwölf Schwäne fliegend, die kurz zuvor ein Adler, der Vogel Jupiters, ausein¬ ander geſcheucht hatte. In langem Zuge ſuchten ſie theils das Land zu gewinnen, theils ſchwebten ſie ſchon über dem gewonnenen: ſo erreichten auch deine Genoſſen ſchon zum Theile den Hafen, zum Theil nähern ſie ſich ihm mit vollen Segeln. Du aber geh immerhin auf dem betretenen Pfade fort.“ So ſprach die Jungfrau und wandte ſich um. Ihr roſiger Nacken erglänzte von überirdiſchem Licht, ihre ambroſiſchen Locken verbreiteten einen himmliſchen Wohlgeruch, ihr Kleid wallte blendend zu den Ferſen hernieder, ihre Geſtalt erſchien übermenſch¬ lich, ihr ganzer Weggang verkündigte die Göttin. Jetzt erkannte Aeneas plötzlich ſeine Mutter, und rief die Fliehende vergebens zurück. Dieſe aber umhüllte die Wanderer mit einer dichten Umkleidung von Nebel, daß Niemand ſie ſchauen und ihre Abſichten erforſchen könnte. Sie ſelbſt ſchwebte hoch durch die Lüfte nach ihrem Lieblingsſitze Paphos.

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Zitationshilfe: Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 3. Stuttgart, 1840, S. 320. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwab_sagen03_1840/342>, abgerufen am 25.11.2024.