gemacht haben!" "Nein, Eurymachus," antwortete Odysseus finster, "und wenn ihr mir all euer Erbgut bötet, und noch mehr, ich werde nicht ruhen, bis ihr mir Alle mit dem Tod eure Missethaten gebüßt habt. Thut was ihr wollt, kämpfet oder fliehet, Keiner wird mir entrinnen!"
Herz und Knie zitterte den Freiern. Noch einmal sprach Eurymachus, und zwar jetzt zu seinen Freunden: "Lieben Männer, dieses Mannes Hände wird Niemand mehr aufhalten, ziehet die Schwerter, wehrt sein Geschoß mit den Tischen ab: alsdann werfen wir uns auf ihn selber, suchen ihn von der Schwelle zu verdrängen; dann zerstreuen wir uns durch die Stadt und rufen unsere Freunde auf." So sprach er, zog sein Schwert aus der Scheide, und sprang mit gräßlichem Geschrei empor. Da durchbohrte ihm der Pfeil des Helden die Leber; das Schwert sank ihm aus der Hand, er wälzte sich mit sammt dem Tische zu Boden, warf Speisen und Becher zur Erde, und schlug mit der Stirne auf den Estrich. Den Sessel stampfte er mit den Füßen hinweg; es waren die letzten Zuckungen, und er lag todt auf dem Boden. Nun stürmte Amphinomus gegen Odysseus hinan, um sich mit dem Schwerte Bahn durch den Eingang zu machen. Aber diesen erreichte Telemachs Speer im Rücken zwischen den Schultern, so daß er vorn aus der Brust hervordrang, und der Getroffene auf das Angesicht zu Boden fiel. Telemach entzog sich nach dieser That dem Gewühle der Freier durch einen Sprung, und stellte sich zu seinem Vater auf die Schwelle, dem er einen Schild, zwei Lanzen und einen ehernen Helm zubrachte. Dann eilte er selbst zur Thüre hinaus, und in die Rüstkammer.
gemacht haben!“ „Nein, Eurymachus,“ antwortete Odyſſeus finſter, „und wenn ihr mir all euer Erbgut bötet, und noch mehr, ich werde nicht ruhen, bis ihr mir Alle mit dem Tod eure Miſſethaten gebüßt habt. Thut was ihr wollt, kämpfet oder fliehet, Keiner wird mir entrinnen!“
Herz und Knie zitterte den Freiern. Noch einmal ſprach Eurymachus, und zwar jetzt zu ſeinen Freunden: „Lieben Männer, dieſes Mannes Hände wird Niemand mehr aufhalten, ziehet die Schwerter, wehrt ſein Geſchoß mit den Tiſchen ab: alsdann werfen wir uns auf ihn ſelber, ſuchen ihn von der Schwelle zu verdrängen; dann zerſtreuen wir uns durch die Stadt und rufen unſere Freunde auf.“ So ſprach er, zog ſein Schwert aus der Scheide, und ſprang mit gräßlichem Geſchrei empor. Da durchbohrte ihm der Pfeil des Helden die Leber; das Schwert ſank ihm aus der Hand, er wälzte ſich mit ſammt dem Tiſche zu Boden, warf Speiſen und Becher zur Erde, und ſchlug mit der Stirne auf den Eſtrich. Den Seſſel ſtampfte er mit den Füßen hinweg; es waren die letzten Zuckungen, und er lag todt auf dem Boden. Nun ſtürmte Amphinomus gegen Odyſſeus hinan, um ſich mit dem Schwerte Bahn durch den Eingang zu machen. Aber dieſen erreichte Telemachs Speer im Rücken zwiſchen den Schultern, ſo daß er vorn aus der Bruſt hervordrang, und der Getroffene auf das Angeſicht zu Boden fiel. Telemach entzog ſich nach dieſer That dem Gewühle der Freier durch einen Sprung, und ſtellte ſich zu ſeinem Vater auf die Schwelle, dem er einen Schild, zwei Lanzen und einen ehernen Helm zubrachte. Dann eilte er ſelbſt zur Thüre hinaus, und in die Rüſtkammer.
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gemacht haben!“ „Nein, Eurymachus,“ antwortete
Odyſſeus finſter, „und wenn ihr mir all euer Erbgut
bötet, und noch mehr, ich werde nicht ruhen, bis ihr
mir Alle mit dem Tod eure Miſſethaten gebüßt habt.
Thut was ihr wollt, kämpfet oder fliehet, Keiner wird
mir entrinnen!“
Herz und Knie zitterte den Freiern. Noch einmal
ſprach Eurymachus, und zwar jetzt zu ſeinen Freunden:
„Lieben Männer, dieſes Mannes Hände wird Niemand
mehr aufhalten, ziehet die Schwerter, wehrt ſein Geſchoß
mit den Tiſchen ab: alsdann werfen wir uns auf ihn
ſelber, ſuchen ihn von der Schwelle zu verdrängen;
dann zerſtreuen wir uns durch die Stadt und rufen
unſere Freunde auf.“ So ſprach er, zog ſein Schwert
aus der Scheide, und ſprang mit gräßlichem Geſchrei
empor. Da durchbohrte ihm der Pfeil des Helden die
Leber; das Schwert ſank ihm aus der Hand, er wälzte
ſich mit ſammt dem Tiſche zu Boden, warf Speiſen und
Becher zur Erde, und ſchlug mit der Stirne auf den
Eſtrich. Den Seſſel ſtampfte er mit den Füßen hinweg;
es waren die letzten Zuckungen, und er lag todt auf dem
Boden. Nun ſtürmte Amphinomus gegen Odyſſeus hinan,
um ſich mit dem Schwerte Bahn durch den Eingang zu
machen. Aber dieſen erreichte Telemachs Speer im Rücken
zwiſchen den Schultern, ſo daß er vorn aus der Bruſt
hervordrang, und der Getroffene auf das Angeſicht zu
Boden fiel. Telemach entzog ſich nach dieſer That dem
Gewühle der Freier durch einen Sprung, und ſtellte ſich
zu ſeinem Vater auf die Schwelle, dem er einen Schild,
zwei Lanzen und einen ehernen Helm zubrachte. Dann
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Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 3. Stuttgart, 1840, S. 261. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwab_sagen03_1840/283>, abgerufen am 22.11.2024.
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