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Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 3. Stuttgart, 1840.

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hinhielt. Jetzt aber ist es keinem Zweifel unterworfen,
daß jener niemals zurückkommt. Wohlan denn, Tele¬
mach, tritt zu deiner Mutter, bestimme sie, den edel¬
sten unter uns Freiern, und der die meisten Gaben bie¬
tet, zu wählen, damit du selbst hinfort ungeschmälert
dein väterliches Erbe genießen kannst!"

Telemach erhob sich von seinem Sitz und sprach:
"Beim Jupiter! auch ich verzögere die Wahl nicht länger,
vielmehr spreche ich schon lange der Mutter zu, sich
einen von ihren Bewerbern zu erwählen. Nur mit Ge¬
walt werde ich sie nie aus dem Hause treiben." Diese
Worte Telemachs wurden mit einem unbändigen Ge¬
lächter von den Freiern aufgenommen, denn schon ver¬
wirrte Pallas Athene ihren Geist, daß sie grinsend ihre
Gesichter verzerrten; auch aßen sie das Fleisch halb roh
und blutig hinein, plötzlich füllten sich ihre Augen mit
Thränen, und sie gingen von der größten Ausgelassen¬
heit zur tiefsten Schwermuth über. Dieß alles bemerkte
der Seher Theoklymenus wohl. "Was ist euch," sprach
er, "ihr Armen? eure Häupter sind ja wie in Nacht ge¬
hüllt, eure Augen sind voll Wassers, und aus eurem
Munde tönen Wehklagen! Und was schaue ich, an
allen Wänden trieft Blut, Halle und Vorhof wimmeln
von Gestalten des Hades, und die Sonne am Himmel
ist ausgelöscht!" Die Freier aber verfielen wieder in
ihre vorige Lustigkeit, und fingen aus Leibeskräften zu
lachen an. Endlich sprach Eurymachus zu den Andern:
"Dieser Fremdling, der sich erst seit kurzem in unserer
Mitte befindet, ist wahrhaftig ein rechter Narr. Schnell,
ihr Diener: wenn er hier im Saale nichts als Nacht
sieht, so führt ihn hinaus auf Straße und Markt!"

hinhielt. Jetzt aber iſt es keinem Zweifel unterworfen,
daß jener niemals zurückkommt. Wohlan denn, Tele¬
mach, tritt zu deiner Mutter, beſtimme ſie, den edel¬
ſten unter uns Freiern, und der die meiſten Gaben bie¬
tet, zu wählen, damit du ſelbſt hinfort ungeſchmälert
dein väterliches Erbe genießen kannſt!“

Telemach erhob ſich von ſeinem Sitz und ſprach:
„Beim Jupiter! auch ich verzögere die Wahl nicht länger,
vielmehr ſpreche ich ſchon lange der Mutter zu, ſich
einen von ihren Bewerbern zu erwählen. Nur mit Ge¬
walt werde ich ſie nie aus dem Hauſe treiben.“ Dieſe
Worte Telemachs wurden mit einem unbändigen Ge¬
lächter von den Freiern aufgenommen, denn ſchon ver¬
wirrte Pallas Athene ihren Geiſt, daß ſie grinſend ihre
Geſichter verzerrten; auch aßen ſie das Fleiſch halb roh
und blutig hinein, plötzlich füllten ſich ihre Augen mit
Thränen, und ſie gingen von der größten Ausgelaſſen¬
heit zur tiefſten Schwermuth über. Dieß alles bemerkte
der Seher Theoklymenus wohl. „Was iſt euch,“ ſprach
er, „ihr Armen? eure Häupter ſind ja wie in Nacht ge¬
hüllt, eure Augen ſind voll Waſſers, und aus eurem
Munde tönen Wehklagen! Und was ſchaue ich, an
allen Wänden trieft Blut, Halle und Vorhof wimmeln
von Geſtalten des Hades, und die Sonne am Himmel
iſt ausgelöſcht!“ Die Freier aber verfielen wieder in
ihre vorige Luſtigkeit, und fingen aus Leibeskräften zu
lachen an. Endlich ſprach Eurymachus zu den Andern:
„Dieſer Fremdling, der ſich erſt ſeit kurzem in unſerer
Mitte befindet, iſt wahrhaftig ein rechter Narr. Schnell,
ihr Diener: wenn er hier im Saale nichts als Nacht
ſieht, ſo führt ihn hinaus auf Straße und Markt!“

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[249/0271] hinhielt. Jetzt aber iſt es keinem Zweifel unterworfen, daß jener niemals zurückkommt. Wohlan denn, Tele¬ mach, tritt zu deiner Mutter, beſtimme ſie, den edel¬ ſten unter uns Freiern, und der die meiſten Gaben bie¬ tet, zu wählen, damit du ſelbſt hinfort ungeſchmälert dein väterliches Erbe genießen kannſt!“ Telemach erhob ſich von ſeinem Sitz und ſprach: „Beim Jupiter! auch ich verzögere die Wahl nicht länger, vielmehr ſpreche ich ſchon lange der Mutter zu, ſich einen von ihren Bewerbern zu erwählen. Nur mit Ge¬ walt werde ich ſie nie aus dem Hauſe treiben.“ Dieſe Worte Telemachs wurden mit einem unbändigen Ge¬ lächter von den Freiern aufgenommen, denn ſchon ver¬ wirrte Pallas Athene ihren Geiſt, daß ſie grinſend ihre Geſichter verzerrten; auch aßen ſie das Fleiſch halb roh und blutig hinein, plötzlich füllten ſich ihre Augen mit Thränen, und ſie gingen von der größten Ausgelaſſen¬ heit zur tiefſten Schwermuth über. Dieß alles bemerkte der Seher Theoklymenus wohl. „Was iſt euch,“ ſprach er, „ihr Armen? eure Häupter ſind ja wie in Nacht ge¬ hüllt, eure Augen ſind voll Waſſers, und aus eurem Munde tönen Wehklagen! Und was ſchaue ich, an allen Wänden trieft Blut, Halle und Vorhof wimmeln von Geſtalten des Hades, und die Sonne am Himmel iſt ausgelöſcht!“ Die Freier aber verfielen wieder in ihre vorige Luſtigkeit, und fingen aus Leibeskräften zu lachen an. Endlich ſprach Eurymachus zu den Andern: „Dieſer Fremdling, der ſich erſt ſeit kurzem in unſerer Mitte befindet, iſt wahrhaftig ein rechter Narr. Schnell, ihr Diener: wenn er hier im Saale nichts als Nacht ſieht, ſo führt ihn hinaus auf Straße und Markt!“

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Zitationshilfe: Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 3. Stuttgart, 1840, S. 249. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwab_sagen03_1840/271>, abgerufen am 25.11.2024.