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Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 3. Stuttgart, 1840.

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wenn meine Kunst mich nicht ganz täuscht, so gilt dieses
Zeichen deinem Hause. Nie wird ein anderes Geschlecht
auf Ithaka walten: ihr seyd die ewigen Beherrscher die¬
ses Landes!"

Ehe nun Telemach von Theoklymenus Abschied nahm,
empfahl er diesen noch seinem vertrautesten Freunde, dem
Piräus, dem Sohne des Klytius, daß er den Fremdling
in seine eigene Wohnung aufnehmen und liebreich pflegen
möchte, bis Telemach in die Stadt käme. Dann schied
er, und die Genossen fuhren weiter.

Inzwischen rüsteten Odysseus und der Sauhirt in
der Hütte das Frühstück und die Knechte trieben die
Schweine hinaus. Als sie behaglich beim Mahle saßen,
ließen sich draußen Fußtritte hören und die Hunde wurden
laut, doch ohne zu bellen; sie schienen vielmehr einem
Herankommenden zu schmeicheln. "Gewiß," sagte Odysseus
zu dem Hirten, "besucht dich ein Freund oder Bekann¬
ter: denn gegen Fremde geberden sich deine Hunde ganz
anders, das hab' ich erfahren!"

Das Wort war noch nicht ganz ausgeredet, als
sein lieber Sohn Telemach unter der Hüttenthüre stand.
Der Sauhirt ließ das Trinkgeschirr vor freudiger Be¬
stürzung aus der Hand sinken, eilte seinem jungen Herrn
entgegen, umschlang ihn, und bedeckte ihm weinend Antlitz,
Augen und Hände mit seinen Küssen, als wäre er vom
Tode erstanden. Ein alter Vater kann seinen einzigen
spätgeborenen Sohn, wenn dieser nach zehn Jahren aus
der Fremde kommt, nicht herzlicher bewillkommnen. Jener
trat erst über die Schwelle, als er von seinem Diener
vernommen, daß in der Mutter Hause nichts Neues vor¬
gefallen sey. Dann übergab er dem Hirten seine Lanze

wenn meine Kunſt mich nicht ganz täuſcht, ſo gilt dieſes
Zeichen deinem Hauſe. Nie wird ein anderes Geſchlecht
auf Ithaka walten: ihr ſeyd die ewigen Beherrſcher die¬
ſes Landes!“

Ehe nun Telemach von Theoklymenus Abſchied nahm,
empfahl er dieſen noch ſeinem vertrauteſten Freunde, dem
Piräus, dem Sohne des Klytius, daß er den Fremdling
in ſeine eigene Wohnung aufnehmen und liebreich pflegen
möchte, bis Telemach in die Stadt käme. Dann ſchied
er, und die Genoſſen fuhren weiter.

Inzwiſchen rüſteten Odyſſeus und der Sauhirt in
der Hütte das Frühſtück und die Knechte trieben die
Schweine hinaus. Als ſie behaglich beim Mahle ſaßen,
ließen ſich draußen Fußtritte hören und die Hunde wurden
laut, doch ohne zu bellen; ſie ſchienen vielmehr einem
Herankommenden zu ſchmeicheln. „Gewiß,“ ſagte Odyſſeus
zu dem Hirten, „beſucht dich ein Freund oder Bekann¬
ter: denn gegen Fremde geberden ſich deine Hunde ganz
anders, das hab' ich erfahren!“

Das Wort war noch nicht ganz ausgeredet, als
ſein lieber Sohn Telemach unter der Hüttenthüre ſtand.
Der Sauhirt ließ das Trinkgeſchirr vor freudiger Be¬
ſtürzung aus der Hand ſinken, eilte ſeinem jungen Herrn
entgegen, umſchlang ihn, und bedeckte ihm weinend Antlitz,
Augen und Hände mit ſeinen Küſſen, als wäre er vom
Tode erſtanden. Ein alter Vater kann ſeinen einzigen
ſpätgeborenen Sohn, wenn dieſer nach zehn Jahren aus
der Fremde kommt, nicht herzlicher bewillkommnen. Jener
trat erſt über die Schwelle, als er von ſeinem Diener
vernommen, daß in der Mutter Hauſe nichts Neues vor¬
gefallen ſey. Dann übergab er dem Hirten ſeine Lanze

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[202/0224] wenn meine Kunſt mich nicht ganz täuſcht, ſo gilt dieſes Zeichen deinem Hauſe. Nie wird ein anderes Geſchlecht auf Ithaka walten: ihr ſeyd die ewigen Beherrſcher die¬ ſes Landes!“ Ehe nun Telemach von Theoklymenus Abſchied nahm, empfahl er dieſen noch ſeinem vertrauteſten Freunde, dem Piräus, dem Sohne des Klytius, daß er den Fremdling in ſeine eigene Wohnung aufnehmen und liebreich pflegen möchte, bis Telemach in die Stadt käme. Dann ſchied er, und die Genoſſen fuhren weiter. Inzwiſchen rüſteten Odyſſeus und der Sauhirt in der Hütte das Frühſtück und die Knechte trieben die Schweine hinaus. Als ſie behaglich beim Mahle ſaßen, ließen ſich draußen Fußtritte hören und die Hunde wurden laut, doch ohne zu bellen; ſie ſchienen vielmehr einem Herankommenden zu ſchmeicheln. „Gewiß,“ ſagte Odyſſeus zu dem Hirten, „beſucht dich ein Freund oder Bekann¬ ter: denn gegen Fremde geberden ſich deine Hunde ganz anders, das hab' ich erfahren!“ Das Wort war noch nicht ganz ausgeredet, als ſein lieber Sohn Telemach unter der Hüttenthüre ſtand. Der Sauhirt ließ das Trinkgeſchirr vor freudiger Be¬ ſtürzung aus der Hand ſinken, eilte ſeinem jungen Herrn entgegen, umſchlang ihn, und bedeckte ihm weinend Antlitz, Augen und Hände mit ſeinen Küſſen, als wäre er vom Tode erſtanden. Ein alter Vater kann ſeinen einzigen ſpätgeborenen Sohn, wenn dieſer nach zehn Jahren aus der Fremde kommt, nicht herzlicher bewillkommnen. Jener trat erſt über die Schwelle, als er von ſeinem Diener vernommen, daß in der Mutter Hauſe nichts Neues vor¬ gefallen ſey. Dann übergab er dem Hirten ſeine Lanze

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Zitationshilfe: Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 3. Stuttgart, 1840, S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwab_sagen03_1840/224>, abgerufen am 24.11.2024.