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Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 2. Stuttgart, 1839.

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Lande, züngelten und zischten und sahen sich mit feurigen
Augen um. Die Trojaner, die noch immer in Menge
um das Roß herum standen, wurden todtenblaß und
ergriffen die Flucht, die Thiere aber nahmen ihre Rich¬
tung nach dem Uferaltare des Meergotts, wo Laokoon
mit seinen zwei jungen Söhnen beim Opfer beschäftiget
war. Zuerst wanden sie sich um die Leiber der beiden
Knaben und bohrten ihren giftigen Zahn in ihr zartes
Fleisch. Als die Verwundeten laut aufschrieen und der
Vater selbst ihnen mit gezogenem Schwerte zu Hülfe
kommen wollte, schlangen sie sich mit mächtigen Windun¬
gen auch diesem zwiefach um den Leib und überragten ihn
bald mit ihren aufgerichteten Hälsen und zischenden Häup¬
tern. Seine Priesterbinde trof von Eiter und Gift. Ver¬
gebens bestrebte er sich, die Schlingen mit seinen Händen
loszumachen, und inzwischen entfloh der schon getroffene
Stier blutig und brüllend vom Altar und schüttelte das
Beil aus dem Nacken. Laokoon erlag mit seinen beiden
Kindern den Schlangenbissen, und nun schlüpften die Thiere
in langen Krümmungen dem hochragenden Tempel der
Minerva zu und bargen sich dort unter den Füßen und
dem Schilde der Göttin.

Das Trojanervolk sah in diesem gräßlichen Ereigniß
eine Bestrafung der frevelhaften Zweifel seines Priesters.
Ein Theil eilte der Stadt zu und riß die Mauern nieder,
um dem unheilvollen Gaste den Weg zu bahnen, ein ande¬
rer fügte Räder an die Füße des Rosses, wieder andere
drehten gewaltige Seile aus Werg und warfen sie dem
hölzernen Riesenthier um den Hals. Dann zogen sie es
im Triumphe nach der Stadt; Knaben und Mädchen, die
Hand an die Seile gelegt, sangen in Chören feierliche

Lande, züngelten und ziſchten und ſahen ſich mit feurigen
Augen um. Die Trojaner, die noch immer in Menge
um das Roß herum ſtanden, wurden todtenblaß und
ergriffen die Flucht, die Thiere aber nahmen ihre Rich¬
tung nach dem Uferaltare des Meergotts, wo Laokoon
mit ſeinen zwei jungen Söhnen beim Opfer beſchäftiget
war. Zuerſt wanden ſie ſich um die Leiber der beiden
Knaben und bohrten ihren giftigen Zahn in ihr zartes
Fleiſch. Als die Verwundeten laut aufſchrieen und der
Vater ſelbſt ihnen mit gezogenem Schwerte zu Hülfe
kommen wollte, ſchlangen ſie ſich mit mächtigen Windun¬
gen auch dieſem zwiefach um den Leib und überragten ihn
bald mit ihren aufgerichteten Hälſen und ziſchenden Häup¬
tern. Seine Prieſterbinde trof von Eiter und Gift. Ver¬
gebens beſtrebte er ſich, die Schlingen mit ſeinen Händen
loszumachen, und inzwiſchen entfloh der ſchon getroffene
Stier blutig und brüllend vom Altar und ſchüttelte das
Beil aus dem Nacken. Laokoon erlag mit ſeinen beiden
Kindern den Schlangenbiſſen, und nun ſchlüpften die Thiere
in langen Krümmungen dem hochragenden Tempel der
Minerva zu und bargen ſich dort unter den Füßen und
dem Schilde der Göttin.

Das Trojanervolk ſah in dieſem gräßlichen Ereigniß
eine Beſtrafung der frevelhaften Zweifel ſeines Prieſters.
Ein Theil eilte der Stadt zu und riß die Mauern nieder,
um dem unheilvollen Gaſte den Weg zu bahnen, ein ande¬
rer fügte Räder an die Füße des Roſſes, wieder andere
drehten gewaltige Seile aus Werg und warfen ſie dem
hölzernen Rieſenthier um den Hals. Dann zogen ſie es
im Triumphe nach der Stadt; Knaben und Mädchen, die
Hand an die Seile gelegt, ſangen in Chören feierliche

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[415/0437] Lande, züngelten und ziſchten und ſahen ſich mit feurigen Augen um. Die Trojaner, die noch immer in Menge um das Roß herum ſtanden, wurden todtenblaß und ergriffen die Flucht, die Thiere aber nahmen ihre Rich¬ tung nach dem Uferaltare des Meergotts, wo Laokoon mit ſeinen zwei jungen Söhnen beim Opfer beſchäftiget war. Zuerſt wanden ſie ſich um die Leiber der beiden Knaben und bohrten ihren giftigen Zahn in ihr zartes Fleiſch. Als die Verwundeten laut aufſchrieen und der Vater ſelbſt ihnen mit gezogenem Schwerte zu Hülfe kommen wollte, ſchlangen ſie ſich mit mächtigen Windun¬ gen auch dieſem zwiefach um den Leib und überragten ihn bald mit ihren aufgerichteten Hälſen und ziſchenden Häup¬ tern. Seine Prieſterbinde trof von Eiter und Gift. Ver¬ gebens beſtrebte er ſich, die Schlingen mit ſeinen Händen loszumachen, und inzwiſchen entfloh der ſchon getroffene Stier blutig und brüllend vom Altar und ſchüttelte das Beil aus dem Nacken. Laokoon erlag mit ſeinen beiden Kindern den Schlangenbiſſen, und nun ſchlüpften die Thiere in langen Krümmungen dem hochragenden Tempel der Minerva zu und bargen ſich dort unter den Füßen und dem Schilde der Göttin. Das Trojanervolk ſah in dieſem gräßlichen Ereigniß eine Beſtrafung der frevelhaften Zweifel ſeines Prieſters. Ein Theil eilte der Stadt zu und riß die Mauern nieder, um dem unheilvollen Gaſte den Weg zu bahnen, ein ande¬ rer fügte Räder an die Füße des Roſſes, wieder andere drehten gewaltige Seile aus Werg und warfen ſie dem hölzernen Rieſenthier um den Hals. Dann zogen ſie es im Triumphe nach der Stadt; Knaben und Mädchen, die Hand an die Seile gelegt, ſangen in Chören feierliche

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Zitationshilfe: Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 2. Stuttgart, 1839, S. 415. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwab_sagen02_1839/437>, abgerufen am 22.11.2024.