geraubten Fürstin der Prophezeihung und legte mit seiner ganzen Flotte vor der Insel Kranae vor Anker, wo die treulose und leichtsinnige Gattin des Menelaus ihm jetzt freiwillig ihre Hand reichte und das feierliche Beilager gehalten wurde. Da vergaßen beide Heimath und Vater¬ land und zehrten von den mitgebrachten Schätzen lange Zeit in Herrlichkeit und Freuden. Jahre vergingen, bis sie nach Troja aufbrachen.
Die Griechen.
Die Versündigung, die sich Paris als Gesandter zu Sparta gegen Völkerrecht und Gastrecht zu Schulden kom¬ men lassen, trug im Augenblick ihre Früchte und empörte gegen ihn ein bei dem Heldenvolke der Griechen Alles vermögendes Fürstengeschlecht. Menelaus, König von Sparta, und Agamemnon, sein älterer Bruder, König von Mycene, waren Nachkommen des Tantalus, Enkel des Pelops, Söhne des Atreus, aus einem an hohen wie an verruchten Thaten reichen Stamme; diesen beiden mächtigen Brüdern gehorchten außer Argos und Sparta die meisten Staaten des Peloponneses, und die Häupter des übrigen Griechenlands waren mit ihnen verbündet. Als daher die Nachricht von dem Raube seiner Gattin Helena den König Menelaus bei seinem greisen Freunde Nestor zu Pylos traf, eilte der entrüstete Fürst zu seinem Bruder Agamemnon nach Mycene, wo dieser mit seiner Gemahlin Klytämnestra, der Halbschwester Helena's, regierte. Dieser theilte den Schmerz und den Unwillen seines
2*
geraubten Fürſtin der Prophezeihung und legte mit ſeiner ganzen Flotte vor der Inſel Kranae vor Anker, wo die treuloſe und leichtſinnige Gattin des Menelaus ihm jetzt freiwillig ihre Hand reichte und das feierliche Beilager gehalten wurde. Da vergaßen beide Heimath und Vater¬ land und zehrten von den mitgebrachten Schätzen lange Zeit in Herrlichkeit und Freuden. Jahre vergingen, bis ſie nach Troja aufbrachen.
Die Griechen.
Die Verſündigung, die ſich Paris als Geſandter zu Sparta gegen Völkerrecht und Gaſtrecht zu Schulden kom¬ men laſſen, trug im Augenblick ihre Früchte und empörte gegen ihn ein bei dem Heldenvolke der Griechen Alles vermögendes Fürſtengeſchlecht. Menelaus, König von Sparta, und Agamemnon, ſein älterer Bruder, König von Mycene, waren Nachkommen des Tantalus, Enkel des Pelops, Söhne des Atreus, aus einem an hohen wie an verruchten Thaten reichen Stamme; dieſen beiden mächtigen Brüdern gehorchten außer Argos und Sparta die meiſten Staaten des Peloponneſes, und die Häupter des übrigen Griechenlands waren mit ihnen verbündet. Als daher die Nachricht von dem Raube ſeiner Gattin Helena den König Menelaus bei ſeinem greiſen Freunde Neſtor zu Pylos traf, eilte der entrüſtete Fürſt zu ſeinem Bruder Agamemnon nach Mycene, wo dieſer mit ſeiner Gemahlin Klytämneſtra, der Halbſchweſter Helena's, regierte. Dieſer theilte den Schmerz und den Unwillen ſeines
2*
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0041"n="19"/>
geraubten Fürſtin der Prophezeihung und legte mit ſeiner<lb/>
ganzen Flotte vor der Inſel Kranae vor Anker, wo die<lb/>
treuloſe und leichtſinnige Gattin des Menelaus ihm jetzt<lb/>
freiwillig ihre Hand reichte und das feierliche Beilager<lb/>
gehalten wurde. Da vergaßen beide Heimath und Vater¬<lb/>
land und zehrten von den mitgebrachten Schätzen lange<lb/>
Zeit in Herrlichkeit und Freuden. Jahre vergingen, bis<lb/>ſie nach Troja aufbrachen.</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/></div><divn="2"><head><hirendition="#b">Die Griechen.</hi><lb/></head><p>Die Verſündigung, die ſich Paris als Geſandter zu<lb/>
Sparta gegen Völkerrecht und Gaſtrecht zu Schulden kom¬<lb/>
men laſſen, trug im Augenblick ihre Früchte und empörte<lb/>
gegen ihn ein bei dem Heldenvolke der Griechen Alles<lb/>
vermögendes Fürſtengeſchlecht. Menelaus, König von<lb/>
Sparta, und Agamemnon, ſein älterer Bruder, König von<lb/>
Mycene, waren Nachkommen des Tantalus, Enkel des<lb/>
Pelops, Söhne des Atreus, aus einem an hohen wie<lb/>
an verruchten Thaten reichen Stamme; dieſen beiden<lb/>
mächtigen Brüdern gehorchten außer Argos und Sparta<lb/>
die meiſten Staaten des Peloponneſes, und die Häupter<lb/>
des übrigen Griechenlands waren mit ihnen verbündet.<lb/>
Als daher die Nachricht von dem Raube ſeiner Gattin<lb/>
Helena den König Menelaus bei ſeinem greiſen Freunde<lb/>
Neſtor zu Pylos traf, eilte der entrüſtete Fürſt zu ſeinem<lb/>
Bruder Agamemnon nach Mycene, wo dieſer mit ſeiner<lb/>
Gemahlin Klytämneſtra, der Halbſchweſter Helena's, regierte.<lb/>
Dieſer theilte den Schmerz und den Unwillen ſeines<lb/><fwtype="sig"place="bottom">2*<lb/></fw></p></div></div></body></text></TEI>
[19/0041]
geraubten Fürſtin der Prophezeihung und legte mit ſeiner
ganzen Flotte vor der Inſel Kranae vor Anker, wo die
treuloſe und leichtſinnige Gattin des Menelaus ihm jetzt
freiwillig ihre Hand reichte und das feierliche Beilager
gehalten wurde. Da vergaßen beide Heimath und Vater¬
land und zehrten von den mitgebrachten Schätzen lange
Zeit in Herrlichkeit und Freuden. Jahre vergingen, bis
ſie nach Troja aufbrachen.
Die Griechen.
Die Verſündigung, die ſich Paris als Geſandter zu
Sparta gegen Völkerrecht und Gaſtrecht zu Schulden kom¬
men laſſen, trug im Augenblick ihre Früchte und empörte
gegen ihn ein bei dem Heldenvolke der Griechen Alles
vermögendes Fürſtengeſchlecht. Menelaus, König von
Sparta, und Agamemnon, ſein älterer Bruder, König von
Mycene, waren Nachkommen des Tantalus, Enkel des
Pelops, Söhne des Atreus, aus einem an hohen wie
an verruchten Thaten reichen Stamme; dieſen beiden
mächtigen Brüdern gehorchten außer Argos und Sparta
die meiſten Staaten des Peloponneſes, und die Häupter
des übrigen Griechenlands waren mit ihnen verbündet.
Als daher die Nachricht von dem Raube ſeiner Gattin
Helena den König Menelaus bei ſeinem greiſen Freunde
Neſtor zu Pylos traf, eilte der entrüſtete Fürſt zu ſeinem
Bruder Agamemnon nach Mycene, wo dieſer mit ſeiner
Gemahlin Klytämneſtra, der Halbſchweſter Helena's, regierte.
Dieſer theilte den Schmerz und den Unwillen ſeines
2*
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 2. Stuttgart, 1839, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwab_sagen02_1839/41>, abgerufen am 17.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.