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Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 2. Stuttgart, 1839.

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als Beute von den Feinden hinweggeführt werden mit
unsern unmündigen Kindern, wenn die Gatten todt sind
und die Stadt hinter uns in Flammen steht!"

So sprach Hippodamia und erregte die Begierde nach
Kampf in ihnen Allen. Sie legten Wolle und Webekorb
zur Seite, zerstreuten sich wie ein Bienenschwarm in ihre
Häuser, und griffen nach den Waffen. Unfehlbar wären
alle ein Opfer ihres unsinnigen Eifers geworden, wenn
nicht die Schwester der Königin Hekuba, Theano, die Ge¬
mahlin Antenor's, welche weiser war, als alle Andere, sich
ihrem unsinnigen Beginnen widersetzt hätte. Diese suchte
sie mit verständigen Worten zu beschwichtigen. "Was
wollt ihr anfangen, ihr Unvernünftigen," rief sie den
schon Ausziehenden entgegen; "gegen die Danaer wollt
ihr ziehen, die in Waffen und im Kampfe geübten Män¬
ner? Wie möget ihr hoffen, euch mit ihnen messen zu
können? Habt ihr denn je Kriegswerk getrieben, wie die
Amazonen, habt Rosse tummeln gelernt und anderes Thun
der Männer? Dazu ist jenes Wunderweib noch eine
Tochter des Kriegsgottes, ihr aber seyd alle Kinder von
Sterblichen. Deßwegen sollt ihr Weiber bleiben, euch
ferne vom Schlachtgetümmel halten und im innern Haus¬
raume der Spindel pflegen; den Krieg aber mögt ihr den
Männern lassen. Noch sind ja diese aufrecht und umrin¬
gen schirmend eure Stadt; noch ist es nicht so weit ge¬
kommen, daß sie der Hülfe ihrer Weiber bedürften und
diese zur Vertheidigung der Stadt aufrufen müßten!"

Den klugen Worten der bejahrten Troerin schenkten
die aufgeregten Frauen allmälig Gehör, kehrten auf die
Mauer zurück, und sahen bald wieder, wie zuvor, von
ferne der Schlacht zu. Indessen mordete Penthesilea fort

als Beute von den Feinden hinweggeführt werden mit
unſern unmündigen Kindern, wenn die Gatten todt ſind
und die Stadt hinter uns in Flammen ſteht!“

So ſprach Hippodamia und erregte die Begierde nach
Kampf in ihnen Allen. Sie legten Wolle und Webekorb
zur Seite, zerſtreuten ſich wie ein Bienenſchwarm in ihre
Häuſer, und griffen nach den Waffen. Unfehlbar wären
alle ein Opfer ihres unſinnigen Eifers geworden, wenn
nicht die Schweſter der Königin Hekuba, Theano, die Ge¬
mahlin Antenor's, welche weiſer war, als alle Andere, ſich
ihrem unſinnigen Beginnen widerſetzt hätte. Dieſe ſuchte
ſie mit verſtändigen Worten zu beſchwichtigen. „Was
wollt ihr anfangen, ihr Unvernünftigen,“ rief ſie den
ſchon Ausziehenden entgegen; „gegen die Danaer wollt
ihr ziehen, die in Waffen und im Kampfe geübten Män¬
ner? Wie möget ihr hoffen, euch mit ihnen meſſen zu
können? Habt ihr denn je Kriegswerk getrieben, wie die
Amazonen, habt Roſſe tummeln gelernt und anderes Thun
der Männer? Dazu iſt jenes Wunderweib noch eine
Tochter des Kriegsgottes, ihr aber ſeyd alle Kinder von
Sterblichen. Deßwegen ſollt ihr Weiber bleiben, euch
ferne vom Schlachtgetümmel halten und im innern Haus¬
raume der Spindel pflegen; den Krieg aber mögt ihr den
Männern laſſen. Noch ſind ja dieſe aufrecht und umrin¬
gen ſchirmend eure Stadt; noch iſt es nicht ſo weit ge¬
kommen, daß ſie der Hülfe ihrer Weiber bedürften und
dieſe zur Vertheidigung der Stadt aufrufen müßten!“

Den klugen Worten der bejahrten Troerin ſchenkten
die aufgeregten Frauen allmälig Gehör, kehrten auf die
Mauer zurück, und ſahen bald wieder, wie zuvor, von
ferne der Schlacht zu. Indeſſen mordete Pentheſiléa fort

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[324/0346] als Beute von den Feinden hinweggeführt werden mit unſern unmündigen Kindern, wenn die Gatten todt ſind und die Stadt hinter uns in Flammen ſteht!“ So ſprach Hippodamia und erregte die Begierde nach Kampf in ihnen Allen. Sie legten Wolle und Webekorb zur Seite, zerſtreuten ſich wie ein Bienenſchwarm in ihre Häuſer, und griffen nach den Waffen. Unfehlbar wären alle ein Opfer ihres unſinnigen Eifers geworden, wenn nicht die Schweſter der Königin Hekuba, Theano, die Ge¬ mahlin Antenor's, welche weiſer war, als alle Andere, ſich ihrem unſinnigen Beginnen widerſetzt hätte. Dieſe ſuchte ſie mit verſtändigen Worten zu beſchwichtigen. „Was wollt ihr anfangen, ihr Unvernünftigen,“ rief ſie den ſchon Ausziehenden entgegen; „gegen die Danaer wollt ihr ziehen, die in Waffen und im Kampfe geübten Män¬ ner? Wie möget ihr hoffen, euch mit ihnen meſſen zu können? Habt ihr denn je Kriegswerk getrieben, wie die Amazonen, habt Roſſe tummeln gelernt und anderes Thun der Männer? Dazu iſt jenes Wunderweib noch eine Tochter des Kriegsgottes, ihr aber ſeyd alle Kinder von Sterblichen. Deßwegen ſollt ihr Weiber bleiben, euch ferne vom Schlachtgetümmel halten und im innern Haus¬ raume der Spindel pflegen; den Krieg aber mögt ihr den Männern laſſen. Noch ſind ja dieſe aufrecht und umrin¬ gen ſchirmend eure Stadt; noch iſt es nicht ſo weit ge¬ kommen, daß ſie der Hülfe ihrer Weiber bedürften und dieſe zur Vertheidigung der Stadt aufrufen müßten!“ Den klugen Worten der bejahrten Troerin ſchenkten die aufgeregten Frauen allmälig Gehör, kehrten auf die Mauer zurück, und ſahen bald wieder, wie zuvor, von ferne der Schlacht zu. Indeſſen mordete Pentheſiléa fort

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Zitationshilfe: Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 2. Stuttgart, 1839, S. 324. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwab_sagen02_1839/346>, abgerufen am 25.11.2024.