Krieg und Männerkämpfen dürsteten. Doch gegenüber vor ihrer Königin Penthesilea erschienen selbst diese herr¬ lichen Jungfrauen nur wie Sklavinnen. Wie unter den Sternen der Mond am Himmel hervorstrahlt, so über¬ ragte an Glanz und Schönheit die Fürstin alle ihrer Die¬ nerinnen. Sie war herrlich wie die Göttin der Morgen¬ röthe, wenn sie, von den Horen umgeben, aus den Hö¬ hen des Olympus zum Rande der Erde herniederfährt.
Als die Trojaner von ihren Mauern herab an der Spitze ihrer Jungfrauen die zarte und doch gewaltige Königin, in Panzer und Schienen von Erz gehüllt, einer Göttin ähnlich, einherschreiten sahen, strömten sie von allen Seiten voll Bewunderung herbei, und konnten sich, als die Jungfrauenschaar näher heranzog, an der Schön¬ heit ihrer Fürstin mit Blicken nicht genug ersättigen, denn in ihren Zügen war das Schreckliche wunderbar mit dem Lieblichen verbunden: ein holdseliges Lächeln schwebte auf ihren Lippen, und wie Sonnenstrahlen leuchteten unter langen Wimpern ihre lebensvollen Augen; ihre Wangen bedeckte eine sittsame Röthe, und über das ganze Antlitz verbreitete sich mädchenhafte Anmuth, beseelt von kriegeri¬ schem Feuer. So betrübt das Volk Troja's vorher gewe¬ sen war, so fröhlich jauchzte es jetzt bei diesem Anblicke. Selbst das trauernde Herz des Königes Priamus wurde wieder etwas freudiger gestimmt, und als er die herrliche Penthesilea ansah, da wurde ihm zu Muthe wie einem Halbverblendeten, dem ein wohlthätiger Lichtstrahl ins kranke Auge dringt. Aber seine Freude war nur mäßig und gedämpft durch die Erinnerung an den Verlust so viel trefflicher, nicht minder schöner Söhne. Doch führte er die Königin in seine Wohnung ein, ehrte sie wie eine eigene
Krieg und Männerkämpfen dürſteten. Doch gegenüber vor ihrer Königin Pentheſiléa erſchienen ſelbſt dieſe herr¬ lichen Jungfrauen nur wie Sklavinnen. Wie unter den Sternen der Mond am Himmel hervorſtrahlt, ſo über¬ ragte an Glanz und Schönheit die Fürſtin alle ihrer Die¬ nerinnen. Sie war herrlich wie die Göttin der Morgen¬ röthe, wenn ſie, von den Horen umgeben, aus den Hö¬ hen des Olympus zum Rande der Erde herniederfährt.
Als die Trojaner von ihren Mauern herab an der Spitze ihrer Jungfrauen die zarte und doch gewaltige Königin, in Panzer und Schienen von Erz gehüllt, einer Göttin ähnlich, einherſchreiten ſahen, ſtrömten ſie von allen Seiten voll Bewunderung herbei, und konnten ſich, als die Jungfrauenſchaar näher heranzog, an der Schön¬ heit ihrer Fürſtin mit Blicken nicht genug erſättigen, denn in ihren Zügen war das Schreckliche wunderbar mit dem Lieblichen verbunden: ein holdſeliges Lächeln ſchwebte auf ihren Lippen, und wie Sonnenſtrahlen leuchteten unter langen Wimpern ihre lebensvollen Augen; ihre Wangen bedeckte eine ſittſame Röthe, und über das ganze Antlitz verbreitete ſich mädchenhafte Anmuth, beſeelt von kriegeri¬ ſchem Feuer. So betrübt das Volk Troja's vorher gewe¬ ſen war, ſo fröhlich jauchzte es jetzt bei dieſem Anblicke. Selbſt das trauernde Herz des Königes Priamus wurde wieder etwas freudiger geſtimmt, und als er die herrliche Pentheſiléa anſah, da wurde ihm zu Muthe wie einem Halbverblendeten, dem ein wohlthätiger Lichtſtrahl ins kranke Auge dringt. Aber ſeine Freude war nur mäßig und gedämpft durch die Erinnerung an den Verluſt ſo viel trefflicher, nicht minder ſchöner Söhne. Doch führte er die Königin in ſeine Wohnung ein, ehrte ſie wie eine eigene
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Krieg und Männerkämpfen dürſteten. Doch gegenüber
vor ihrer Königin Pentheſiléa erſchienen ſelbſt dieſe herr¬
lichen Jungfrauen nur wie Sklavinnen. Wie unter den
Sternen der Mond am Himmel hervorſtrahlt, ſo über¬
ragte an Glanz und Schönheit die Fürſtin alle ihrer Die¬
nerinnen. Sie war herrlich wie die Göttin der Morgen¬
röthe, wenn ſie, von den Horen umgeben, aus den Hö¬
hen des Olympus zum Rande der Erde herniederfährt.
Als die Trojaner von ihren Mauern herab an der
Spitze ihrer Jungfrauen die zarte und doch gewaltige
Königin, in Panzer und Schienen von Erz gehüllt, einer
Göttin ähnlich, einherſchreiten ſahen, ſtrömten ſie von
allen Seiten voll Bewunderung herbei, und konnten ſich,
als die Jungfrauenſchaar näher heranzog, an der Schön¬
heit ihrer Fürſtin mit Blicken nicht genug erſättigen, denn
in ihren Zügen war das Schreckliche wunderbar mit dem
Lieblichen verbunden: ein holdſeliges Lächeln ſchwebte auf
ihren Lippen, und wie Sonnenſtrahlen leuchteten unter
langen Wimpern ihre lebensvollen Augen; ihre Wangen
bedeckte eine ſittſame Röthe, und über das ganze Antlitz
verbreitete ſich mädchenhafte Anmuth, beſeelt von kriegeri¬
ſchem Feuer. So betrübt das Volk Troja's vorher gewe¬
ſen war, ſo fröhlich jauchzte es jetzt bei dieſem Anblicke.
Selbſt das trauernde Herz des Königes Priamus wurde
wieder etwas freudiger geſtimmt, und als er die herrliche
Pentheſiléa anſah, da wurde ihm zu Muthe wie einem
Halbverblendeten, dem ein wohlthätiger Lichtſtrahl ins
kranke Auge dringt. Aber ſeine Freude war nur mäßig
und gedämpft durch die Erinnerung an den Verluſt ſo viel
trefflicher, nicht minder ſchöner Söhne. Doch führte er die
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Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 2. Stuttgart, 1839, S. 317. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwab_sagen02_1839/339>, abgerufen am 25.11.2024.
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