ihre Gespielin führen, als Jupiter, für seine Tochter ban¬ gend, den Schild aus Ziegenfell, die Aegide, dieser vor¬ hielt. Dadurch erschreckt, blickte Pallas furchtsam auf, und wurde in diesem Augenblicke von Athene tödtlich verwundet. Tiefe Trauer bemächtigte sich der Göttin, und sie ließ zum dauernden Andenken ein recht ähnliches Bild ihrer gelieb¬ ten Gespielin Pallas verfertigen, legte demselben einen Brustharnisch von dem gleichen Ziegenfelle, wie der Schild war, um, der nun auch Aegispanzer oder Aegide hieß, stellte das Bild neben die Bildsäule Jupiters und hielt es hoch in Ehren. Sie selbst aber nannte sich seitdem Pallas Athene. Dieses Palladium nun warf, mit Einwilligung seiner Tochter, Jupiter vom Himmel in die Gegend der Burg Ilios herunter, zum Zeichen, daß Burg und Stadt unter seinem und seiner Tochter Schutze stehe.
Der Sohn des Königes Ilus und der Eurydice war Laomedon, ein eigenmächtiger und gewaltthätiger Mann, der Götter und Menschen betrog. Dieser dachte darauf, den offenen Flecken Troja, der noch nicht befestigt war, wie die Burg, mit einer Mauer zu umgeben und so zu einer förmlichen Stadt zu machen. Damals irrten die Götter Apollo und Poseidon (Neptunus), die sich gegen ihren Vater Jupiter empört hatten und aus dem Himmel gesto¬ ßen waren, heimathlos auf der Erde umher. Es war der Wille des Zeus, daß sie dem Könige Laomedon an der Mauer Troja's bauen helfen sollten, damit die Lieblings¬ stadt Jupiter's und Athene's der Zerstörung trotzende Mauern hätte. So führte sie denn ihr Geschick in die Nähe von Ilios, als eben mit dem Bau der Stadtmauern begonnen wurde. Die Götter machten dem Könige Laomedon ihre Anträge, und da sie auf der Erde nicht blos müßig gehen
ihre Geſpielin führen, als Jupiter, für ſeine Tochter ban¬ gend, den Schild aus Ziegenfell, die Aegide, dieſer vor¬ hielt. Dadurch erſchreckt, blickte Pallas furchtſam auf, und wurde in dieſem Augenblicke von Athene tödtlich verwundet. Tiefe Trauer bemächtigte ſich der Göttin, und ſie ließ zum dauernden Andenken ein recht ähnliches Bild ihrer gelieb¬ ten Geſpielin Pallas verfertigen, legte demſelben einen Bruſtharniſch von dem gleichen Ziegenfelle, wie der Schild war, um, der nun auch Aegispanzer oder Aegide hieß, ſtellte das Bild neben die Bildſäule Jupiters und hielt es hoch in Ehren. Sie ſelbſt aber nannte ſich ſeitdem Pallas Athene. Dieſes Palladium nun warf, mit Einwilligung ſeiner Tochter, Jupiter vom Himmel in die Gegend der Burg Ilios herunter, zum Zeichen, daß Burg und Stadt unter ſeinem und ſeiner Tochter Schutze ſtehe.
Der Sohn des Königes Ilus und der Eurydice war Laomedon, ein eigenmächtiger und gewaltthätiger Mann, der Götter und Menſchen betrog. Dieſer dachte darauf, den offenen Flecken Troja, der noch nicht befeſtigt war, wie die Burg, mit einer Mauer zu umgeben und ſo zu einer förmlichen Stadt zu machen. Damals irrten die Götter Apollo und Poſeidon (Neptunus), die ſich gegen ihren Vater Jupiter empört hatten und aus dem Himmel geſto¬ ßen waren, heimathlos auf der Erde umher. Es war der Wille des Zeus, daß ſie dem Könige Laomedon an der Mauer Troja's bauen helfen ſollten, damit die Lieblings¬ ſtadt Jupiter's und Athene's der Zerſtörung trotzende Mauern hätte. So führte ſie denn ihr Geſchick in die Nähe von Ilios, als eben mit dem Bau der Stadtmauern begonnen wurde. Die Götter machten dem Könige Laomedon ihre Anträge, und da ſie auf der Erde nicht blos müßig gehen
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ihre Geſpielin führen, als Jupiter, für ſeine Tochter ban¬
gend, den Schild aus Ziegenfell, die Aegide, dieſer vor¬
hielt. Dadurch erſchreckt, blickte Pallas furchtſam auf, und
wurde in dieſem Augenblicke von Athene tödtlich verwundet.
Tiefe Trauer bemächtigte ſich der Göttin, und ſie ließ zum
dauernden Andenken ein recht ähnliches Bild ihrer gelieb¬
ten Geſpielin Pallas verfertigen, legte demſelben einen
Bruſtharniſch von dem gleichen Ziegenfelle, wie der Schild
war, um, der nun auch Aegispanzer oder Aegide hieß,
ſtellte das Bild neben die Bildſäule Jupiters und hielt es
hoch in Ehren. Sie ſelbſt aber nannte ſich ſeitdem Pallas
Athene. Dieſes Palladium nun warf, mit Einwilligung
ſeiner Tochter, Jupiter vom Himmel in die Gegend der
Burg Ilios herunter, zum Zeichen, daß Burg und Stadt
unter ſeinem und ſeiner Tochter Schutze ſtehe.
Der Sohn des Königes Ilus und der Eurydice war
Laomedon, ein eigenmächtiger und gewaltthätiger Mann, der
Götter und Menſchen betrog. Dieſer dachte darauf, den
offenen Flecken Troja, der noch nicht befeſtigt war, wie
die Burg, mit einer Mauer zu umgeben und ſo zu einer
förmlichen Stadt zu machen. Damals irrten die Götter
Apollo und Poſeidon (Neptunus), die ſich gegen ihren
Vater Jupiter empört hatten und aus dem Himmel geſto¬
ßen waren, heimathlos auf der Erde umher. Es war der
Wille des Zeus, daß ſie dem Könige Laomedon an der
Mauer Troja's bauen helfen ſollten, damit die Lieblings¬
ſtadt Jupiter's und Athene's der Zerſtörung trotzende Mauern
hätte. So führte ſie denn ihr Geſchick in die Nähe von
Ilios, als eben mit dem Bau der Stadtmauern begonnen
wurde. Die Götter machten dem Könige Laomedon ihre
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Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 2. Stuttgart, 1839, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwab_sagen02_1839/27>, abgerufen am 27.11.2024.
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