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Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 2. Stuttgart, 1839.

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zurückziehen; wir aber, die Tapfersten im Heere, wollen
ihm mit Abwehr begegnen; und unsre Schaar zu durch¬
brechen wird er sich scheuen, wenn er auch noch so mör¬
derisch herantobt."

Die Helden gehorchten dem vernünftigen Rathe; sie
beriefen die edelsten Fürsten und Kämpfer und diese rei¬
heten sich schnell um die beiden Ajax, um Idomeneus,
Meriones und Teucer her: hinter ihnen aber zog sich
alles Volk auf die Schiffe zurück. Die Trojaner ihrer¬
seits drangen mit Heereskraft vor; sie führte Hektor, hoch
auf seinem Streitwagen stehend; ihn selbst, in Gewölk
eingehüllt, Apollo der Gott, den grauenvollen Aegisschild
in der Hand. Die griechischen Helden harrten der Feinde
in gedrängtem Häuflein; lautes Geschrei stieg aus beiden
Heeren: bald sprangen die Pfeile und sausten die Speere;
aber die Geschosse der Trojaner hafteten alle in Feindes¬
leibern, weil Phöbus Apollo mit ihnen war, und sobald
dieser die gräßliche Aegide gegen das Antlitz der Danaer
schüttelte, laut und fürchterlich aus seiner dunkeln Wolke
dazu aufschreiend, bebte den Griechen das Herz im Busen
und sie vergaßen der Abwehr. So erschlug denn Hektor
zuerst den Führer der Böotier, Stichius, dann Arcesilaus,
den edeln Genossen des Menestheus; Aeneas raubte dem
Athener Jasus und dem Medon, dem Halbbruder des
lokrischen Ajax, Leben und Waffen, vor Polydamas sank
Mekistheus, vor Polites Echius, und Klonius vor Agenor;
den Diochus aber, der aus dem Vorderkampfe floh,
erschoß Paris durch den Rücken, daß die Lanzenspitze zur
Brust herausdrang. Während die Trojaner diese alle der
Rüstungen entblösten, flohen die Griechen in Verwirrung,
dem Graben und den Pfählen zustürzend, bebten da und

zurückziehen; wir aber, die Tapferſten im Heere, wollen
ihm mit Abwehr begegnen; und unſre Schaar zu durch¬
brechen wird er ſich ſcheuen, wenn er auch noch ſo mör¬
deriſch herantobt.“

Die Helden gehorchten dem vernünftigen Rathe; ſie
beriefen die edelſten Fürſten und Kämpfer und dieſe rei¬
heten ſich ſchnell um die beiden Ajax, um Idomeneus,
Meriones und Teucer her: hinter ihnen aber zog ſich
alles Volk auf die Schiffe zurück. Die Trojaner ihrer¬
ſeits drangen mit Heereskraft vor; ſie führte Hektor, hoch
auf ſeinem Streitwagen ſtehend; ihn ſelbſt, in Gewölk
eingehüllt, Apollo der Gott, den grauenvollen Aegisſchild
in der Hand. Die griechiſchen Helden harrten der Feinde
in gedrängtem Häuflein; lautes Geſchrei ſtieg aus beiden
Heeren: bald ſprangen die Pfeile und ſausten die Speere;
aber die Geſchoſſe der Trojaner hafteten alle in Feindes¬
leibern, weil Phöbus Apollo mit ihnen war, und ſobald
dieſer die gräßliche Aegide gegen das Antlitz der Danaer
ſchüttelte, laut und fürchterlich aus ſeiner dunkeln Wolke
dazu aufſchreiend, bebte den Griechen das Herz im Buſen
und ſie vergaßen der Abwehr. So erſchlug denn Hektor
zuerſt den Führer der Böotier, Stichius, dann Arceſilaus,
den edeln Genoſſen des Meneſtheus; Aeneas raubte dem
Athener Jaſus und dem Medon, dem Halbbruder des
lokriſchen Ajax, Leben und Waffen, vor Polydamas ſank
Mekiſtheus, vor Polites Echius, und Klonius vor Agenor;
den Diochus aber, der aus dem Vorderkampfe floh,
erſchoß Paris durch den Rücken, daß die Lanzenſpitze zur
Bruſt herausdrang. Während die Trojaner dieſe alle der
Rüſtungen entblösten, flohen die Griechen in Verwirrung,
dem Graben und den Pfählen zuſtürzend, bebten da und

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[208/0230] zurückziehen; wir aber, die Tapferſten im Heere, wollen ihm mit Abwehr begegnen; und unſre Schaar zu durch¬ brechen wird er ſich ſcheuen, wenn er auch noch ſo mör¬ deriſch herantobt.“ Die Helden gehorchten dem vernünftigen Rathe; ſie beriefen die edelſten Fürſten und Kämpfer und dieſe rei¬ heten ſich ſchnell um die beiden Ajax, um Idomeneus, Meriones und Teucer her: hinter ihnen aber zog ſich alles Volk auf die Schiffe zurück. Die Trojaner ihrer¬ ſeits drangen mit Heereskraft vor; ſie führte Hektor, hoch auf ſeinem Streitwagen ſtehend; ihn ſelbſt, in Gewölk eingehüllt, Apollo der Gott, den grauenvollen Aegisſchild in der Hand. Die griechiſchen Helden harrten der Feinde in gedrängtem Häuflein; lautes Geſchrei ſtieg aus beiden Heeren: bald ſprangen die Pfeile und ſausten die Speere; aber die Geſchoſſe der Trojaner hafteten alle in Feindes¬ leibern, weil Phöbus Apollo mit ihnen war, und ſobald dieſer die gräßliche Aegide gegen das Antlitz der Danaer ſchüttelte, laut und fürchterlich aus ſeiner dunkeln Wolke dazu aufſchreiend, bebte den Griechen das Herz im Buſen und ſie vergaßen der Abwehr. So erſchlug denn Hektor zuerſt den Führer der Böotier, Stichius, dann Arceſilaus, den edeln Genoſſen des Meneſtheus; Aeneas raubte dem Athener Jaſus und dem Medon, dem Halbbruder des lokriſchen Ajax, Leben und Waffen, vor Polydamas ſank Mekiſtheus, vor Polites Echius, und Klonius vor Agenor; den Diochus aber, der aus dem Vorderkampfe floh, erſchoß Paris durch den Rücken, daß die Lanzenſpitze zur Bruſt herausdrang. Während die Trojaner dieſe alle der Rüſtungen entblösten, flohen die Griechen in Verwirrung, dem Graben und den Pfählen zuſtürzend, bebten da und

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Zitationshilfe: Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 2. Stuttgart, 1839, S. 208. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwab_sagen02_1839/230>, abgerufen am 30.11.2024.