Pfeil vom Bogen auf den Atriden abschnellte. Menelaus traf den Sohn des Priamus auf das Panzergewölbe; doch prallte der Wurfspieß ab; aber auch der Pfeil des Helenus war vergebens entflogen, und nun bohrte ihm Menelaus seine Lanze in die Hand, die den Bogen noch hielt, und Helenus schleppte den Speer, ins Gedränge seiner Freunde flüchtend, nach. Sein Kampfgenosse Agenor zog ihm die Waffe aus der Hand, nahm einem Begleiter die wollene Schleuder ab und verband damit die Wunde des Sehers.
Jetzt führte sein böses Geschick den Trojaner Pisan¬ der dem Helden Menelaus entgegen. Der Atride schoß fehl mit der Lanze, sein Gegner stieß kräftig den Speer dem Menelaus in den Schild; aber der Schaft zerbrach am Oehre. Nun holte Menelaus mit dem Schwert aus; Pisander hob die lange Streitaxt unter dem Schilde und beide rannten aufeinander los, aber der Trojaner traf dem Gegner nur die Spitze des Helmbusches, indeß dieser ihm den Knochen über der Nase zerspaltete, daß die Au¬ gen ihm blutig vor die Füße hinab rollten, und er sich sterbend auf dem Boden wand. Menelaus stemmte ihm die Ferse auf die Brust, und sprach frohlockend: "Ihr Hunde, die ihr mein junges Weib und Schätze genug freventlich von dannen geführt, nachdem sie euch freundlich bewirthet hatte; die ihr nun auch noch den Feuerbrand in unsre Schiffe werfen und alle Griechen ermorden möchtet: wird man euch endlich zur Ruhe bringen, ihr nimmer¬ satten Fechter?" So sprach er und zog dem Leichnam die blutige Rüstung ab, die er den Freunden übergab. Dann drang er wieder in den Vorderkampf und fing die geschwungene Lanze des Harpalion mit dem Schild auf;
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Pfeil vom Bogen auf den Atriden abſchnellte. Menelaus traf den Sohn des Priamus auf das Panzergewölbe; doch prallte der Wurfſpieß ab; aber auch der Pfeil des Helenus war vergebens entflogen, und nun bohrte ihm Menelaus ſeine Lanze in die Hand, die den Bogen noch hielt, und Helenus ſchleppte den Speer, ins Gedränge ſeiner Freunde flüchtend, nach. Sein Kampfgenoſſe Agenor zog ihm die Waffe aus der Hand, nahm einem Begleiter die wollene Schleuder ab und verband damit die Wunde des Sehers.
Jetzt führte ſein böſes Geſchick den Trojaner Piſan¬ der dem Helden Menelaus entgegen. Der Atride ſchoß fehl mit der Lanze, ſein Gegner ſtieß kräftig den Speer dem Menelaus in den Schild; aber der Schaft zerbrach am Oehre. Nun holte Menelaus mit dem Schwert aus; Piſander hob die lange Streitaxt unter dem Schilde und beide rannten aufeinander los, aber der Trojaner traf dem Gegner nur die Spitze des Helmbuſches, indeß dieſer ihm den Knochen über der Naſe zerſpaltete, daß die Au¬ gen ihm blutig vor die Füße hinab rollten, und er ſich ſterbend auf dem Boden wand. Menelaus ſtemmte ihm die Ferſe auf die Bruſt, und ſprach frohlockend: „Ihr Hunde, die ihr mein junges Weib und Schätze genug freventlich von dannen geführt, nachdem ſie euch freundlich bewirthet hatte; die ihr nun auch noch den Feuerbrand in unſre Schiffe werfen und alle Griechen ermorden möchtet: wird man euch endlich zur Ruhe bringen, ihr nimmer¬ ſatten Fechter?“ So ſprach er und zog dem Leichnam die blutige Rüſtung ab, die er den Freunden übergab. Dann drang er wieder in den Vorderkampf und fing die geſchwungene Lanze des Harpalion mit dem Schild auf;
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Pfeil vom Bogen auf den Atriden abſchnellte. Menelaus
traf den Sohn des Priamus auf das Panzergewölbe;
doch prallte der Wurfſpieß ab; aber auch der Pfeil des
Helenus war vergebens entflogen, und nun bohrte ihm
Menelaus ſeine Lanze in die Hand, die den Bogen noch
hielt, und Helenus ſchleppte den Speer, ins Gedränge
ſeiner Freunde flüchtend, nach. Sein Kampfgenoſſe Agenor
zog ihm die Waffe aus der Hand, nahm einem Begleiter
die wollene Schleuder ab und verband damit die Wunde
des Sehers.
Jetzt führte ſein böſes Geſchick den Trojaner Piſan¬
der dem Helden Menelaus entgegen. Der Atride ſchoß
fehl mit der Lanze, ſein Gegner ſtieß kräftig den Speer
dem Menelaus in den Schild; aber der Schaft zerbrach
am Oehre. Nun holte Menelaus mit dem Schwert aus;
Piſander hob die lange Streitaxt unter dem Schilde und
beide rannten aufeinander los, aber der Trojaner traf
dem Gegner nur die Spitze des Helmbuſches, indeß dieſer
ihm den Knochen über der Naſe zerſpaltete, daß die Au¬
gen ihm blutig vor die Füße hinab rollten, und er ſich
ſterbend auf dem Boden wand. Menelaus ſtemmte ihm
die Ferſe auf die Bruſt, und ſprach frohlockend: „Ihr
Hunde, die ihr mein junges Weib und Schätze genug
freventlich von dannen geführt, nachdem ſie euch freundlich
bewirthet hatte; die ihr nun auch noch den Feuerbrand in
unſre Schiffe werfen und alle Griechen ermorden möchtet:
wird man euch endlich zur Ruhe bringen, ihr nimmer¬
ſatten Fechter?“ So ſprach er und zog dem Leichnam
die blutige Rüſtung ab, die er den Freunden übergab.
Dann drang er wieder in den Vorderkampf und fing die
geſchwungene Lanze des Harpalion mit dem Schild auf;
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Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 2. Stuttgart, 1839, S. 195. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwab_sagen02_1839/217>, abgerufen am 28.11.2024.
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