zu berühren in die Erde fuhren. Als der tapfere Held Eurypylus ihn so von Geschossen bedrängt sah, eilte er dem Telamonier zu Hülfe, und durchbohrte dem Trojaner Apisaon die Brust. Doch während Eurypylus dem getöd¬ teten Feinde die Rüstung abzog, sandte ihm Paris einen Pfeil in den Schenkel, daß er sich schnell in das Gedräng der Freunde zurückzog, die ihn mit erhöhten Lanzen und vorgehaltenen Schilden deckten.
Inzwischen trugen seine Stuten den Nestor mit dem wunden Machaon aus der Schlacht, vorbei an dem grollenden Achilles, der auf dem Hinterdecke seines Schif¬ fes saß und geruhig zusah, wie seine Landsleute von den Trojanern verfolgt wurden. Da rief er dem Patroklus, ohne zu ahnen, daß er das Unglück seines Freundes selbst vorbereite, und sprach: "Geh doch, Patroklus, und erforsche mir von Nestor, welchen Verwundeten er dort aus der Schlacht zurückführt: denn ich weiß nicht, welch Mitleid für die Griechen sich in meiner Seele regt!" Patroklus gehorchte und lief zu den Schiffen. Er kam am Zelte Nestors an, als dieser eben aus dem Wagen stieg, seinem Diener Eurymedon die Rosse übergab, und ins Zelt hinein trat, mit Machaon der erquickenden Mahlzeit zu genießen, die ihnen seine erbeutete Sklavin Hekamede vorsetzte. Als der Greis den Helden Patroklus an der Pforte gewahr ward, sprang er vom Sessel, ergriff ihn bei der Hand, und wollte ihn freundlich zum Sitzen nöthigen. Doch Patroklus sprach: "Es bedarf dessen nicht, ehrwürdiger Greis! Achilles hat mich nur ausgesandt, zu schauen, welchen Verwundeten du zurückführest. Nun habe ich selbst in ihm den heilungskundigen Helden Machaon erkannt, und eile, ihm dieses zu melden. Du kennst ja den heftigen
zu berühren in die Erde fuhren. Als der tapfere Held Eurypylus ihn ſo von Geſchoſſen bedrängt ſah, eilte er dem Telamonier zu Hülfe, und durchbohrte dem Trojaner Apiſaon die Bruſt. Doch während Eurypylus dem getöd¬ teten Feinde die Rüſtung abzog, ſandte ihm Paris einen Pfeil in den Schenkel, daß er ſich ſchnell in das Gedräng der Freunde zurückzog, die ihn mit erhöhten Lanzen und vorgehaltenen Schilden deckten.
Inzwiſchen trugen ſeine Stuten den Neſtor mit dem wunden Machaon aus der Schlacht, vorbei an dem grollenden Achilles, der auf dem Hinterdecke ſeines Schif¬ fes ſaß und geruhig zuſah, wie ſeine Landsleute von den Trojanern verfolgt wurden. Da rief er dem Patroklus, ohne zu ahnen, daß er das Unglück ſeines Freundes ſelbſt vorbereite, und ſprach: „Geh doch, Patroklus, und erforſche mir von Neſtor, welchen Verwundeten er dort aus der Schlacht zurückführt: denn ich weiß nicht, welch Mitleid für die Griechen ſich in meiner Seele regt!“ Patroklus gehorchte und lief zu den Schiffen. Er kam am Zelte Neſtors an, als dieſer eben aus dem Wagen ſtieg, ſeinem Diener Eurymedon die Roſſe übergab, und ins Zelt hinein trat, mit Machaon der erquickenden Mahlzeit zu genießen, die ihnen ſeine erbeutete Sklavin Hekamede vorſetzte. Als der Greis den Helden Patroklus an der Pforte gewahr ward, ſprang er vom Seſſel, ergriff ihn bei der Hand, und wollte ihn freundlich zum Sitzen nöthigen. Doch Patroklus ſprach: „Es bedarf deſſen nicht, ehrwürdiger Greis! Achilles hat mich nur ausgeſandt, zu ſchauen, welchen Verwundeten du zurückführeſt. Nun habe ich ſelbſt in ihm den heilungskundigen Helden Machaon erkannt, und eile, ihm dieſes zu melden. Du kennſt ja den heftigen
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zu berühren in die Erde fuhren. Als der tapfere Held
Eurypylus ihn ſo von Geſchoſſen bedrängt ſah, eilte er
dem Telamonier zu Hülfe, und durchbohrte dem Trojaner
Apiſaon die Bruſt. Doch während Eurypylus dem getöd¬
teten Feinde die Rüſtung abzog, ſandte ihm Paris einen
Pfeil in den Schenkel, daß er ſich ſchnell in das Gedräng
der Freunde zurückzog, die ihn mit erhöhten Lanzen und
vorgehaltenen Schilden deckten.
Inzwiſchen trugen ſeine Stuten den Neſtor mit dem
wunden Machaon aus der Schlacht, vorbei an dem
grollenden Achilles, der auf dem Hinterdecke ſeines Schif¬
fes ſaß und geruhig zuſah, wie ſeine Landsleute von den
Trojanern verfolgt wurden. Da rief er dem Patroklus,
ohne zu ahnen, daß er das Unglück ſeines Freundes ſelbſt
vorbereite, und ſprach: „Geh doch, Patroklus, und erforſche
mir von Neſtor, welchen Verwundeten er dort aus der
Schlacht zurückführt: denn ich weiß nicht, welch Mitleid
für die Griechen ſich in meiner Seele regt!“ Patroklus
gehorchte und lief zu den Schiffen. Er kam am Zelte
Neſtors an, als dieſer eben aus dem Wagen ſtieg, ſeinem
Diener Eurymedon die Roſſe übergab, und ins Zelt hinein
trat, mit Machaon der erquickenden Mahlzeit zu genießen,
die ihnen ſeine erbeutete Sklavin Hekamede vorſetzte. Als
der Greis den Helden Patroklus an der Pforte gewahr
ward, ſprang er vom Seſſel, ergriff ihn bei der Hand,
und wollte ihn freundlich zum Sitzen nöthigen. Doch
Patroklus ſprach: „Es bedarf deſſen nicht, ehrwürdiger
Greis! Achilles hat mich nur ausgeſandt, zu ſchauen,
welchen Verwundeten du zurückführeſt. Nun habe ich ſelbſt
in ihm den heilungskundigen Helden Machaon erkannt,
und eile, ihm dieſes zu melden. Du kennſt ja den heftigen
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Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 2. Stuttgart, 1839, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwab_sagen02_1839/202>, abgerufen am 27.11.2024.
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