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Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 2. Stuttgart, 1839.

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fürchten; ich selbst will deine Helferin seyn. Lenke nur
muthig deine Rosse dem rasenden Kriegsgott selber zu!"
So sprach sie, gab seinem Wagenlenker Sthenelus einen
leichten Stoß, daß er willig vom Streitwagen sprang, und
setzte sich selbst in den Sessel zu dem herrlichen Helden.
Die Axe stöhnte unter der Last der Göttin und des Stärk¬
sten unter den Griechen. Sofort ergriff Pallas Athene
Zügel und Peitsche, und lenkte den Huftritt der Rosse
Mars dem Kriegsgotte zu. Dieser raubte gerade dem
tapfersten Aetolier, Periphas, den er erschlagen hatte, die
Rüstung. Als er aber den Diomedes im Streitwagen auf
sich zukommen sah, (die Göttin hatte sich in undurchdring¬
liche Nacht gehüllt,) ließ er den Periphas liegen und eilte
auf den Tydiden zu, über Joch und Zügel seiner Rosse
herausgelehnt, und mit der Lanze nach der Brust des
Helden zielend. Aber Athene, unsichtbar, ergriff sie mit
der Hand, und gab ihr eine andere Richtung, daß sie
ohne Ziel in die Luft hinausflog. Nun erhub sich Dio¬
medes in seinem Wagensitze, und Athene selbst lenkte den
Stoß seines Speeres, daß er dem Mars unter dem eher¬
nen Leibgurt in die Weiche fuhr. Der Kriegsgott brüllte,
wie zehntausend Sterbliche in der Schlacht schreien, Tro¬
janer und Griechen zitterten, denn sie glaubten, bei hei¬
terer Luft den Donner Jupiters zu hören. Diomedes
aber sah den Mars, in Wolken gehüllt, wie in einem
Orkane zum Himmel emporfahren. Dort setzte sich der
Kriegsgott neben den Donnerer, seinen Vater, und zeigte
ihm das aus der Wunde herabtriefende Blut. Aber Ju¬
piter schaute finster und sprach: "Sohn, winsle mir hier
nicht an meiner Seite! Von allen Olympiern bist du mir
der Verhaßteste; immer hast du nur Zank und Fehde

fürchten; ich ſelbſt will deine Helferin ſeyn. Lenke nur
muthig deine Roſſe dem raſenden Kriegsgott ſelber zu!“
So ſprach ſie, gab ſeinem Wagenlenker Sthenelus einen
leichten Stoß, daß er willig vom Streitwagen ſprang, und
ſetzte ſich ſelbſt in den Seſſel zu dem herrlichen Helden.
Die Axe ſtöhnte unter der Laſt der Göttin und des Stärk¬
ſten unter den Griechen. Sofort ergriff Pallas Athene
Zügel und Peitſche, und lenkte den Huftritt der Roſſe
Mars dem Kriegsgotte zu. Dieſer raubte gerade dem
tapferſten Aetolier, Periphas, den er erſchlagen hatte, die
Rüſtung. Als er aber den Diomedes im Streitwagen auf
ſich zukommen ſah, (die Göttin hatte ſich in undurchdring¬
liche Nacht gehüllt,) ließ er den Periphas liegen und eilte
auf den Tydiden zu, über Joch und Zügel ſeiner Roſſe
herausgelehnt, und mit der Lanze nach der Bruſt des
Helden zielend. Aber Athene, unſichtbar, ergriff ſie mit
der Hand, und gab ihr eine andere Richtung, daß ſie
ohne Ziel in die Luft hinausflog. Nun erhub ſich Dio¬
medes in ſeinem Wagenſitze, und Athene ſelbſt lenkte den
Stoß ſeines Speeres, daß er dem Mars unter dem eher¬
nen Leibgurt in die Weiche fuhr. Der Kriegsgott brüllte,
wie zehntauſend Sterbliche in der Schlacht ſchreien, Tro¬
janer und Griechen zitterten, denn ſie glaubten, bei hei¬
terer Luft den Donner Jupiters zu hören. Diomedes
aber ſah den Mars, in Wolken gehüllt, wie in einem
Orkane zum Himmel emporfahren. Dort ſetzte ſich der
Kriegsgott neben den Donnerer, ſeinen Vater, und zeigte
ihm das aus der Wunde herabtriefende Blut. Aber Ju¬
piter ſchaute finſter und ſprach: „Sohn, winſle mir hier
nicht an meiner Seite! Von allen Olympiern biſt du mir
der Verhaßteſte; immer haſt du nur Zank und Fehde

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[132/0154] fürchten; ich ſelbſt will deine Helferin ſeyn. Lenke nur muthig deine Roſſe dem raſenden Kriegsgott ſelber zu!“ So ſprach ſie, gab ſeinem Wagenlenker Sthenelus einen leichten Stoß, daß er willig vom Streitwagen ſprang, und ſetzte ſich ſelbſt in den Seſſel zu dem herrlichen Helden. Die Axe ſtöhnte unter der Laſt der Göttin und des Stärk¬ ſten unter den Griechen. Sofort ergriff Pallas Athene Zügel und Peitſche, und lenkte den Huftritt der Roſſe Mars dem Kriegsgotte zu. Dieſer raubte gerade dem tapferſten Aetolier, Periphas, den er erſchlagen hatte, die Rüſtung. Als er aber den Diomedes im Streitwagen auf ſich zukommen ſah, (die Göttin hatte ſich in undurchdring¬ liche Nacht gehüllt,) ließ er den Periphas liegen und eilte auf den Tydiden zu, über Joch und Zügel ſeiner Roſſe herausgelehnt, und mit der Lanze nach der Bruſt des Helden zielend. Aber Athene, unſichtbar, ergriff ſie mit der Hand, und gab ihr eine andere Richtung, daß ſie ohne Ziel in die Luft hinausflog. Nun erhub ſich Dio¬ medes in ſeinem Wagenſitze, und Athene ſelbſt lenkte den Stoß ſeines Speeres, daß er dem Mars unter dem eher¬ nen Leibgurt in die Weiche fuhr. Der Kriegsgott brüllte, wie zehntauſend Sterbliche in der Schlacht ſchreien, Tro¬ janer und Griechen zitterten, denn ſie glaubten, bei hei¬ terer Luft den Donner Jupiters zu hören. Diomedes aber ſah den Mars, in Wolken gehüllt, wie in einem Orkane zum Himmel emporfahren. Dort ſetzte ſich der Kriegsgott neben den Donnerer, ſeinen Vater, und zeigte ihm das aus der Wunde herabtriefende Blut. Aber Ju¬ piter ſchaute finſter und ſprach: „Sohn, winſle mir hier nicht an meiner Seite! Von allen Olympiern biſt du mir der Verhaßteſte; immer haſt du nur Zank und Fehde

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Zitationshilfe: Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 2. Stuttgart, 1839, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwab_sagen02_1839/154>, abgerufen am 22.11.2024.