denzte: viele Tische, däucht mir, würden des Weines ent¬ behren müssen. Aber freilich haben sie mächtige Bundes¬ genossen aus vielen Städten, deren Macht mir nicht erlaubt, ihre Stadt zu vertilgen, wie ich wohl möchte. Inzwischen sind neun Jahre herumgegangen, das Holz an unsern Schiffen wird anbrüchig, die Seile vermodern, unsere Weiber und Kinder sitzen zu Hause und schmachten nach uns, so ist es wohl das Beste, wir fügen uns in Jupiters Gebot, gehen zu Schiffe und kehren ins liebe Land der Väter zurück." Die Worte Agamemnons beweg¬ ten die Versammlung, wie schwellende Meereswogen. Das ganze Heer gerieth in Aufruhr; Alles stürzte den Schiffen zu, daß der Staub in die Luft wirbelte; einer ermunterte den andern, die Schiffe ins Meer zu ziehen; die Balken unter diesen wurden hinweggezogen, die Graben, die mit dem Meer in Verbindung standen, geräumt.
Den Freunden der Griechen im Olymp selbst wurde bange, als sie den Ernst der Völker sahen, und Juno ermahnte Minerva, hinunter zu eilen ins Heer der Achi¬ ver und durch ihre schmeichelnde Götterrede die Flucht derselben zu hemmen. Pallas Athene gehorchte ihr und flog von den Felsenhöhen des Olymp hinab ins Schiffs¬ lager der Griechen. Hier fand sie den Odysseus mit gramvollem Herzen regungslos vor seinem Schiffe stehend, das er nicht zu berühren wagte. Die Göttin näherte sich ihm, und indem sie sich seinen Blicken offenbarte, sprach sie freundlich zu ihm: "Also wollet ihr euch wirklich in die Schiffe stürzen und fliehen? wollet dem Priamus den Ruhm und den Trojanern Helena lassen, die Griechin, um welche so viele Griechen, fern vom Vaterlande, dahin¬ gesunken sind? Nein, das wirst du nicht dulden, edler,
denzte: viele Tiſche, däucht mir, würden des Weines ent¬ behren müſſen. Aber freilich haben ſie mächtige Bundes¬ genoſſen aus vielen Städten, deren Macht mir nicht erlaubt, ihre Stadt zu vertilgen, wie ich wohl möchte. Inzwiſchen ſind neun Jahre herumgegangen, das Holz an unſern Schiffen wird anbrüchig, die Seile vermodern, unſere Weiber und Kinder ſitzen zu Hauſe und ſchmachten nach uns, ſo iſt es wohl das Beſte, wir fügen uns in Jupiters Gebot, gehen zu Schiffe und kehren ins liebe Land der Väter zurück.“ Die Worte Agamemnons beweg¬ ten die Verſammlung, wie ſchwellende Meereswogen. Das ganze Heer gerieth in Aufruhr; Alles ſtürzte den Schiffen zu, daß der Staub in die Luft wirbelte; einer ermunterte den andern, die Schiffe ins Meer zu ziehen; die Balken unter dieſen wurden hinweggezogen, die Graben, die mit dem Meer in Verbindung ſtanden, geräumt.
Den Freunden der Griechen im Olymp ſelbſt wurde bange, als ſie den Ernſt der Völker ſahen, und Juno ermahnte Minerva, hinunter zu eilen ins Heer der Achi¬ ver und durch ihre ſchmeichelnde Götterrede die Flucht derſelben zu hemmen. Pallas Athene gehorchte ihr und flog von den Felſenhöhen des Olymp hinab ins Schiffs¬ lager der Griechen. Hier fand ſie den Odyſſeus mit gramvollem Herzen regungslos vor ſeinem Schiffe ſtehend, das er nicht zu berühren wagte. Die Göttin näherte ſich ihm, und indem ſie ſich ſeinen Blicken offenbarte, ſprach ſie freundlich zu ihm: „Alſo wollet ihr euch wirklich in die Schiffe ſtürzen und fliehen? wollet dem Priamus den Ruhm und den Trojanern Helena laſſen, die Griechin, um welche ſo viele Griechen, fern vom Vaterlande, dahin¬ geſunken ſind? Nein, das wirſt du nicht dulden, edler,
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denzte: viele Tiſche, däucht mir, würden des Weines ent¬
behren müſſen. Aber freilich haben ſie mächtige Bundes¬
genoſſen aus vielen Städten, deren Macht mir nicht
erlaubt, ihre Stadt zu vertilgen, wie ich wohl möchte.
Inzwiſchen ſind neun Jahre herumgegangen, das Holz an
unſern Schiffen wird anbrüchig, die Seile vermodern,
unſere Weiber und Kinder ſitzen zu Hauſe und ſchmachten
nach uns, ſo iſt es wohl das Beſte, wir fügen uns in
Jupiters Gebot, gehen zu Schiffe und kehren ins liebe
Land der Väter zurück.“ Die Worte Agamemnons beweg¬
ten die Verſammlung, wie ſchwellende Meereswogen. Das
ganze Heer gerieth in Aufruhr; Alles ſtürzte den Schiffen
zu, daß der Staub in die Luft wirbelte; einer ermunterte
den andern, die Schiffe ins Meer zu ziehen; die Balken
unter dieſen wurden hinweggezogen, die Graben, die mit
dem Meer in Verbindung ſtanden, geräumt.
Den Freunden der Griechen im Olymp ſelbſt wurde
bange, als ſie den Ernſt der Völker ſahen, und Juno
ermahnte Minerva, hinunter zu eilen ins Heer der Achi¬
ver und durch ihre ſchmeichelnde Götterrede die Flucht
derſelben zu hemmen. Pallas Athene gehorchte ihr und
flog von den Felſenhöhen des Olymp hinab ins Schiffs¬
lager der Griechen. Hier fand ſie den Odyſſeus mit
gramvollem Herzen regungslos vor ſeinem Schiffe ſtehend,
das er nicht zu berühren wagte. Die Göttin näherte ſich
ihm, und indem ſie ſich ſeinen Blicken offenbarte, ſprach
ſie freundlich zu ihm: „Alſo wollet ihr euch wirklich in
die Schiffe ſtürzen und fliehen? wollet dem Priamus den
Ruhm und den Trojanern Helena laſſen, die Griechin,
um welche ſo viele Griechen, fern vom Vaterlande, dahin¬
geſunken ſind? Nein, das wirſt du nicht dulden, edler,
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Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 2. Stuttgart, 1839, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwab_sagen02_1839/117>, abgerufen am 24.11.2024.
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