ter unten loderte das Laub der Waldbäume auf; bald war die Glut bei der Ebene angekommen: nun wurde die Saat weggebrannt; ganze Städte loderten in Flam¬ men auf, Länder mit all ihrer Bevölkerung wurden ver¬ sengt; rings brannten Hügel, Wälder und Berge. Da¬ mals sollen auch die Mohren schwarz geworden seyn. Die Ströme versiegten, oder flohen erschreckt nach ihrer Quelle zurück, das Meer selbst wurde zusammengedrängt, und was jüngst noch See war, wurde trockenes Sand¬ feld.
An allen Seiten sah Phaethon den Erdkreis entzün¬ det; ihm selbst wurde die Gluth bald unerträglich; wie tief aus dem Innern einer Feueresse athmete er siedende Luft ein, und fühlte unter seinen Sohlen wie der Wagen erglühe. Schon konnte er den Dampf und die vom Erd¬ brand emporgeschleuderte Asche nicht mehr ertragen; Qualm und pechschwarzes Dunkel umgab ihn; das Flü¬ gelgespann riß ihn nach Willkühr fort; endlich ergriff die Gluth seine Haare, er stürzte aus dem Wagen, und brennend wurde er durch die Luft gewirbelt, wie zuweilen ein Stern bei heiterer Luft durch den Himmel zu schiessen scheint. Ferne von der Heimath nahm ihn der breite Strom Eridanos auf und bespülte ihm sein schäumendes Angesicht.
Phöbus der Vater, der dieß Alles mit ansehen mußte, verhüllte sein Haupt in brütender Trauer. Damals, sagt man, sey ein Tag der Erde ohne Sonnenlicht vorüberge¬ flohen. Der ungeheure Brand leuchtete allein.
ter unten loderte das Laub der Waldbäume auf; bald war die Glut bei der Ebene angekommen: nun wurde die Saat weggebrannt; ganze Städte loderten in Flam¬ men auf, Länder mit all ihrer Bevölkerung wurden ver¬ ſengt; rings brannten Hügel, Wälder und Berge. Da¬ mals ſollen auch die Mohren ſchwarz geworden ſeyn. Die Ströme verſiegten, oder flohen erſchreckt nach ihrer Quelle zurück, das Meer ſelbſt wurde zuſammengedrängt, und was jüngſt noch See war, wurde trockenes Sand¬ feld.
An allen Seiten ſah Phaethon den Erdkreis entzün¬ det; ihm ſelbſt wurde die Gluth bald unerträglich; wie tief aus dem Innern einer Feuereſſe athmete er ſiedende Luft ein, und fühlte unter ſeinen Sohlen wie der Wagen erglühe. Schon konnte er den Dampf und die vom Erd¬ brand emporgeſchleuderte Aſche nicht mehr ertragen; Qualm und pechſchwarzes Dunkel umgab ihn; das Flü¬ gelgeſpann riß ihn nach Willkühr fort; endlich ergriff die Gluth ſeine Haare, er ſtürzte aus dem Wagen, und brennend wurde er durch die Luft gewirbelt, wie zuweilen ein Stern bei heiterer Luft durch den Himmel zu ſchieſſen ſcheint. Ferne von der Heimath nahm ihn der breite Strom Eridanos auf und beſpülte ihm ſein ſchäumendes Angeſicht.
Phöbus der Vater, der dieß Alles mit anſehen mußte, verhüllte ſein Haupt in brütender Trauer. Damals, ſagt man, ſey ein Tag der Erde ohne Sonnenlicht vorüberge¬ flohen. Der ungeheure Brand leuchtete allein.
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ter unten loderte das Laub der Waldbäume auf; bald
war die Glut bei der Ebene angekommen: nun wurde
die Saat weggebrannt; ganze Städte loderten in Flam¬
men auf, Länder mit all ihrer Bevölkerung wurden ver¬
ſengt; rings brannten Hügel, Wälder und Berge. Da¬
mals ſollen auch die Mohren ſchwarz geworden ſeyn.
Die Ströme verſiegten, oder flohen erſchreckt nach ihrer
Quelle zurück, das Meer ſelbſt wurde zuſammengedrängt,
und was jüngſt noch See war, wurde trockenes Sand¬
feld.
An allen Seiten ſah Phaethon den Erdkreis entzün¬
det; ihm ſelbſt wurde die Gluth bald unerträglich; wie
tief aus dem Innern einer Feuereſſe athmete er ſiedende
Luft ein, und fühlte unter ſeinen Sohlen wie der Wagen
erglühe. Schon konnte er den Dampf und die vom Erd¬
brand emporgeſchleuderte Aſche nicht mehr ertragen;
Qualm und pechſchwarzes Dunkel umgab ihn; das Flü¬
gelgeſpann riß ihn nach Willkühr fort; endlich ergriff
die Gluth ſeine Haare, er ſtürzte aus dem Wagen, und
brennend wurde er durch die Luft gewirbelt, wie zuweilen
ein Stern bei heiterer Luft durch den Himmel zu ſchieſſen
ſcheint. Ferne von der Heimath nahm ihn der breite
Strom Eridanos auf und beſpülte ihm ſein ſchäumendes
Angeſicht.
Phöbus der Vater, der dieß Alles mit anſehen mußte,
verhüllte ſein Haupt in brütender Trauer. Damals, ſagt
man, ſey ein Tag der Erde ohne Sonnenlicht vorüberge¬
flohen. Der ungeheure Brand leuchtete allein.
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Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 1. Stuttgart, 1838, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwab_sagen01_1838/60>, abgerufen am 22.11.2024.
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