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Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 1. Stuttgart, 1838.

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letzten Handlungsweise, die mit seinem übrigen Helden¬
thum gar nicht zusammenstimmte, zu erkennen und zu be¬
reuen. Er kam als ernster Greis zurück, und vernahm
die Rettung Helena's durch ihre Brüder nicht mit Un¬
willen, denn er schämte sich seiner That. Mehr beküm¬
merte ihn die Zwietracht, die er im Staate antraf, und
obgleich er die Zügel der Regierung wieder ergriff und
die Partei des Menestheus zurückdrängte, genoß er doch
keine rechte Ruhe mehr sein Leben lang. Und als er
das Ruder des Staates mit Ernst führen wollte, brachen
aufs Neue Empörungen gegen ihn aus, an deren Spitze
immer Menestheus stand, welcher hinter sich die Partei
der Edeln hatte, die immer noch von Pallas, seinem Oheime,
und dessen besiegten und erschlagenen Söhnen sich die
Pallantiden nannten. Diejenigen, welche ihn vorher ge¬
haßt hatten, verlernten allmählig auch die Furcht vor ihm,
und das gemeine Volk hatte Menestheus so verwöhnt, daß
es, anstatt zu gehorchen, immer nur geschmeichelt wer¬
den wollte. Anfänglich versuchte nun Theseus gewalt¬
same Mittel; als aber aufwieglerische Umtriebe und of¬
fene Widersetzlichkeit alle seine Bemühungen vereitelte, da
beschloß der unglückliche König seine unbotmäßige Stadt
freiwillig zu verlassen, nachdem er schon vorher seine
Söhne Akamas und Demophon heimlich nach Euböa zu
dem Fürsten Elephenor geflüchtet hatte. In einem Flecken
von Attika, Gargettus genannt, sprach er feierliche Ver¬
wünschungen gegen die Athener aus, da wo man noch
lange nachher das Verwünschungsfeld zeigte; dann schüt¬
telte er den Staub von seinen Füßen, und schiffte sich
nach Scyrus ein. Die Einwohner dieser Insel hielt
er für seine besondern Freunde, und er besaß darauf

letzten Handlungsweiſe, die mit ſeinem übrigen Helden¬
thum gar nicht zuſammenſtimmte, zu erkennen und zu be¬
reuen. Er kam als ernſter Greis zurück, und vernahm
die Rettung Helena's durch ihre Brüder nicht mit Un¬
willen, denn er ſchämte ſich ſeiner That. Mehr beküm¬
merte ihn die Zwietracht, die er im Staate antraf, und
obgleich er die Zügel der Regierung wieder ergriff und
die Partei des Meneſtheus zurückdrängte, genoß er doch
keine rechte Ruhe mehr ſein Leben lang. Und als er
das Ruder des Staates mit Ernſt führen wollte, brachen
aufs Neue Empörungen gegen ihn aus, an deren Spitze
immer Meneſtheus ſtand, welcher hinter ſich die Partei
der Edeln hatte, die immer noch von Pallas, ſeinem Oheime,
und deſſen beſiegten und erſchlagenen Söhnen ſich die
Pallantiden nannten. Diejenigen, welche ihn vorher ge¬
haßt hatten, verlernten allmählig auch die Furcht vor ihm,
und das gemeine Volk hatte Meneſtheus ſo verwöhnt, daß
es, anſtatt zu gehorchen, immer nur geſchmeichelt wer¬
den wollte. Anfänglich verſuchte nun Theſeus gewalt¬
ſame Mittel; als aber aufwiegleriſche Umtriebe und of¬
fene Widerſetzlichkeit alle ſeine Bemühungen vereitelte, da
beſchloß der unglückliche König ſeine unbotmäßige Stadt
freiwillig zu verlaſſen, nachdem er ſchon vorher ſeine
Söhne Akamas und Demophon heimlich nach Euböa zu
dem Fürſten Elephenor geflüchtet hatte. In einem Flecken
von Attika, Gargettus genannt, ſprach er feierliche Ver¬
wünſchungen gegen die Athener aus, da wo man noch
lange nachher das Verwünſchungsfeld zeigte; dann ſchüt¬
telte er den Staub von ſeinen Füßen, und ſchiffte ſich
nach Scyrus ein. Die Einwohner dieſer Inſel hielt
er für ſeine beſondern Freunde, und er beſaß darauf

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[309/0335] letzten Handlungsweiſe, die mit ſeinem übrigen Helden¬ thum gar nicht zuſammenſtimmte, zu erkennen und zu be¬ reuen. Er kam als ernſter Greis zurück, und vernahm die Rettung Helena's durch ihre Brüder nicht mit Un¬ willen, denn er ſchämte ſich ſeiner That. Mehr beküm¬ merte ihn die Zwietracht, die er im Staate antraf, und obgleich er die Zügel der Regierung wieder ergriff und die Partei des Meneſtheus zurückdrängte, genoß er doch keine rechte Ruhe mehr ſein Leben lang. Und als er das Ruder des Staates mit Ernſt führen wollte, brachen aufs Neue Empörungen gegen ihn aus, an deren Spitze immer Meneſtheus ſtand, welcher hinter ſich die Partei der Edeln hatte, die immer noch von Pallas, ſeinem Oheime, und deſſen beſiegten und erſchlagenen Söhnen ſich die Pallantiden nannten. Diejenigen, welche ihn vorher ge¬ haßt hatten, verlernten allmählig auch die Furcht vor ihm, und das gemeine Volk hatte Meneſtheus ſo verwöhnt, daß es, anſtatt zu gehorchen, immer nur geſchmeichelt wer¬ den wollte. Anfänglich verſuchte nun Theſeus gewalt¬ ſame Mittel; als aber aufwiegleriſche Umtriebe und of¬ fene Widerſetzlichkeit alle ſeine Bemühungen vereitelte, da beſchloß der unglückliche König ſeine unbotmäßige Stadt freiwillig zu verlaſſen, nachdem er ſchon vorher ſeine Söhne Akamas und Demophon heimlich nach Euböa zu dem Fürſten Elephenor geflüchtet hatte. In einem Flecken von Attika, Gargettus genannt, ſprach er feierliche Ver¬ wünſchungen gegen die Athener aus, da wo man noch lange nachher das Verwünſchungsfeld zeigte; dann ſchüt¬ telte er den Staub von ſeinen Füßen, und ſchiffte ſich nach Scyrus ein. Die Einwohner dieſer Inſel hielt er für ſeine beſondern Freunde, und er beſaß darauf

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Zitationshilfe: Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 1. Stuttgart, 1838, S. 309. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwab_sagen01_1838/335>, abgerufen am 25.11.2024.