Freund Apollo, dem dieß als einem Gotte bewußt, bei den Schicksalsgöttinnen aus, daß sie ihm gelobten, Ad¬ metus solle dem Hades, der ihn bedrohte, entfliehen, wenn ein anderer Mensch für ihn sterben und in das Todtenreich hinabsteigen wollte. Apollo verließ daher den Olymp und kam nach Pherä zu seinem alten Gast¬ freunde, ihm und den Seinigen die Botschaft von dem Tode, den das Geschick über ihn beschlossen, zu überbrin¬ gen, zugleich aber ihm das Mittel anzugeben, wodurch er seinem Schicksal zu entrinnen vermöge. Admetus war ein redlicher Mann, aber er liebte das Leben und auch alle die Seinigen sammt seinen Unterthanen erschracken, daß dem Hause die Stütze, der Gattin und den Kindern Gatte und Va¬ ter, dem Volke ein milder Herrscher geraubt werden sollte. Deßwegen ging Admetus umher, und forschte, wo er einen Freund fände, der für ihn sterben wollte. Aber da war nicht Einer, der dazu Lust gehabt hätte, und so sehr sie vorher den Verlust, der ihnen bevorstände, bejammert hatten, so kalt wurde ihr Sinn, als sie von ihm hörten, unter wel¬ cher Bedingung ihm das Leben erhalten werden könnte. Selbst der greise Vater des Königes, Pheres, und die gleichfalls hochbetagte Mutter, die den Tod jede Stunde vor sich sahen, wollten das wenige Leben, das sie noch zu hoffen hatten, nicht für den Sohn dahingeben. Nur Alcestis, seine blühende, lebensvolle Gattin, die glückliche Mutter hoffnungsvoll heranblühender Kinder, war von so rei¬ ner und aufopfernder Liebe zu dem Gemahl beseelt, daß sie sich bereit erklärte, dem Sonnenlichte für ihn zu ent¬ sagen. Kaum war diese Erklärung aus ihrem Munde gegangen, als auch schon der schwarze Priester der Tod¬ ten, Thanatos (der Tod), den Thoren des Pallastes nahte,
Schwab, das klass. Alterthum. I. 16
Freund Apollo, dem dieß als einem Gotte bewußt, bei den Schickſalsgöttinnen aus, daß ſie ihm gelobten, Ad¬ metus ſolle dem Hades, der ihn bedrohte, entfliehen, wenn ein anderer Menſch für ihn ſterben und in das Todtenreich hinabſteigen wollte. Apollo verließ daher den Olymp und kam nach Pherä zu ſeinem alten Gaſt¬ freunde, ihm und den Seinigen die Botſchaft von dem Tode, den das Geſchick über ihn beſchloſſen, zu überbrin¬ gen, zugleich aber ihm das Mittel anzugeben, wodurch er ſeinem Schickſal zu entrinnen vermöge. Admetus war ein redlicher Mann, aber er liebte das Leben und auch alle die Seinigen ſammt ſeinen Unterthanen erſchracken, daß dem Hauſe die Stütze, der Gattin und den Kindern Gatte und Va¬ ter, dem Volke ein milder Herrſcher geraubt werden ſollte. Deßwegen ging Admetus umher, und forſchte, wo er einen Freund fände, der für ihn ſterben wollte. Aber da war nicht Einer, der dazu Luſt gehabt hätte, und ſo ſehr ſie vorher den Verluſt, der ihnen bevorſtände, bejammert hatten, ſo kalt wurde ihr Sinn, als ſie von ihm hörten, unter wel¬ cher Bedingung ihm das Leben erhalten werden könnte. Selbſt der greiſe Vater des Königes, Pheres, und die gleichfalls hochbetagte Mutter, die den Tod jede Stunde vor ſich ſahen, wollten das wenige Leben, das ſie noch zu hoffen hatten, nicht für den Sohn dahingeben. Nur Alceſtis, ſeine blühende, lebensvolle Gattin, die glückliche Mutter hoffnungsvoll heranblühender Kinder, war von ſo rei¬ ner und aufopfernder Liebe zu dem Gemahl beſeelt, daß ſie ſich bereit erklärte, dem Sonnenlichte für ihn zu ent¬ ſagen. Kaum war dieſe Erklärung aus ihrem Munde gegangen, als auch ſchon der ſchwarze Prieſter der Tod¬ ten, Thanatos (der Tod), den Thoren des Pallaſtes nahte,
Schwab, das klass. Alterthum. I. 16
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Freund Apollo, dem dieß als einem Gotte bewußt, bei
den Schickſalsgöttinnen aus, daß ſie ihm gelobten, Ad¬
metus ſolle dem Hades, der ihn bedrohte, entfliehen,
wenn ein anderer Menſch für ihn ſterben und in das
Todtenreich hinabſteigen wollte. Apollo verließ daher
den Olymp und kam nach Pherä zu ſeinem alten Gaſt¬
freunde, ihm und den Seinigen die Botſchaft von dem
Tode, den das Geſchick über ihn beſchloſſen, zu überbrin¬
gen, zugleich aber ihm das Mittel anzugeben, wodurch
er ſeinem Schickſal zu entrinnen vermöge. Admetus war
ein redlicher Mann, aber er liebte das Leben und auch alle
die Seinigen ſammt ſeinen Unterthanen erſchracken, daß dem
Hauſe die Stütze, der Gattin und den Kindern Gatte und Va¬
ter, dem Volke ein milder Herrſcher geraubt werden ſollte.
Deßwegen ging Admetus umher, und forſchte, wo er einen
Freund fände, der für ihn ſterben wollte. Aber da war nicht
Einer, der dazu Luſt gehabt hätte, und ſo ſehr ſie vorher
den Verluſt, der ihnen bevorſtände, bejammert hatten, ſo
kalt wurde ihr Sinn, als ſie von ihm hörten, unter wel¬
cher Bedingung ihm das Leben erhalten werden könnte.
Selbſt der greiſe Vater des Königes, Pheres, und die
gleichfalls hochbetagte Mutter, die den Tod jede Stunde
vor ſich ſahen, wollten das wenige Leben, das ſie noch zu
hoffen hatten, nicht für den Sohn dahingeben. Nur Alceſtis,
ſeine blühende, lebensvolle Gattin, die glückliche Mutter
hoffnungsvoll heranblühender Kinder, war von ſo rei¬
ner und aufopfernder Liebe zu dem Gemahl beſeelt, daß
ſie ſich bereit erklärte, dem Sonnenlichte für ihn zu ent¬
ſagen. Kaum war dieſe Erklärung aus ihrem Munde
gegangen, als auch ſchon der ſchwarze Prieſter der Tod¬
ten, Thanatos (der Tod), den Thoren des Pallaſtes nahte,
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Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 1. Stuttgart, 1838, S. 241. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwab_sagen01_1838/267>, abgerufen am 25.11.2024.
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