lich, mit ihren eigenen Worten nachzuerzählen. Man ist längst von der Ansicht zurückgekommen, daß diese auf mythischem Boden spie¬ lende und von Mythen durchwobene Geschichten zum Mittel dienen könnten, der Jugend gelegentlich historische, geographische und natur¬ wissenschaftliche Kenntnisse beizubringen und daß man sie gar zum Vehikel eines moralischen Lehrkurses gebrauchen dürfe. Die Moral, die auch der antiken Weltanschauung nicht fehlte, muß in der Dar¬ stellung selbst empfunden werden, und auf das Einseitige und in wesentli¬ chen Stücken Irrthümliche derselben, auf ihre Unzulänglichkeit gegen¬ über der Offenbarung des Christenthums, wird eine mündliche Unter¬ weisung des Vaters oder Lehrers den jungen Leser besser aufmerksam machen, als das Buch selbst, das von demselben zunächst nur mit der Absicht, sich eine angenehme und doch würdige Erholung zu ver¬ schaffen, in die Hand genommen werden soll. Nur dafür hat der Verfasser gesorgt, daß alles Anstößige entfernt bleibe, und deßwegen unbedenklich alle diejenigen Sagen ausgeschlossen, in welchen unmensch¬ liche Greuel erzählt werden, die nur eine symbolische Erklärung gewis¬ sermaßen entschuldigt, die aber als Geschichte dargestellt -- als welche der Jugend diese Sagen doch gelten müßen -- nur einen empörenden Eindruck auf sie machen könnten. Wo aber unsern höheren Begriffen
lich, mit ihren eigenen Worten nachzuerzählen. Man iſt längſt von der Anſicht zurückgekommen, daß dieſe auf mythiſchem Boden ſpie¬ lende und von Mythen durchwobene Geſchichten zum Mittel dienen könnten, der Jugend gelegentlich hiſtoriſche, geographiſche und natur¬ wiſſenſchaftliche Kenntniſſe beizubringen und daß man ſie gar zum Vehikel eines moraliſchen Lehrkurſes gebrauchen dürfe. Die Moral, die auch der antiken Weltanſchauung nicht fehlte, muß in der Dar¬ ſtellung ſelbſt empfunden werden, und auf das Einſeitige und in weſentli¬ chen Stücken Irrthümliche derſelben, auf ihre Unzulänglichkeit gegen¬ über der Offenbarung des Chriſtenthums, wird eine mündliche Unter¬ weiſung des Vaters oder Lehrers den jungen Leſer beſſer aufmerkſam machen, als das Buch ſelbſt, das von demſelben zunächſt nur mit der Abſicht, ſich eine angenehme und doch würdige Erholung zu ver¬ ſchaffen, in die Hand genommen werden ſoll. Nur dafür hat der Verfaſſer geſorgt, daß alles Anſtößige entfernt bleibe, und deßwegen unbedenklich alle diejenigen Sagen ausgeſchloſſen, in welchen unmenſch¬ liche Greuel erzählt werden, die nur eine ſymboliſche Erklärung gewiſ¬ ſermaßen entſchuldigt, die aber als Geſchichte dargeſtellt — als welche der Jugend dieſe Sagen doch gelten müßen — nur einen empörenden Eindruck auf ſie machen könnten. Wo aber unſern höheren Begriffen
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[VII/0019]
lich, mit ihren eigenen Worten nachzuerzählen. Man iſt längſt
von der Anſicht zurückgekommen, daß dieſe auf mythiſchem Boden ſpie¬
lende und von Mythen durchwobene Geſchichten zum Mittel dienen
könnten, der Jugend gelegentlich hiſtoriſche, geographiſche und natur¬
wiſſenſchaftliche Kenntniſſe beizubringen und daß man ſie gar zum
Vehikel eines moraliſchen Lehrkurſes gebrauchen dürfe. Die Moral,
die auch der antiken Weltanſchauung nicht fehlte, muß in der Dar¬
ſtellung ſelbſt empfunden werden, und auf das Einſeitige und in weſentli¬
chen Stücken Irrthümliche derſelben, auf ihre Unzulänglichkeit gegen¬
über der Offenbarung des Chriſtenthums, wird eine mündliche Unter¬
weiſung des Vaters oder Lehrers den jungen Leſer beſſer aufmerkſam
machen, als das Buch ſelbſt, das von demſelben zunächſt nur mit
der Abſicht, ſich eine angenehme und doch würdige Erholung zu ver¬
ſchaffen, in die Hand genommen werden ſoll. Nur dafür hat der
Verfaſſer geſorgt, daß alles Anſtößige entfernt bleibe, und deßwegen
unbedenklich alle diejenigen Sagen ausgeſchloſſen, in welchen unmenſch¬
liche Greuel erzählt werden, die nur eine ſymboliſche Erklärung gewiſ¬
ſermaßen entſchuldigt, die aber als Geſchichte dargeſtellt — als welche
der Jugend dieſe Sagen doch gelten müßen — nur einen empörenden
Eindruck auf ſie machen könnten. Wo aber unſern höheren Begriffen
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Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 1. Stuttgart, 1838, S. VII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwab_sagen01_1838/19>, abgerufen am 27.11.2024.
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