Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].

Bild:
<< vorherige Seite
an Jhm selbst.
Hast du alles gleich gesagt/ dannoch bleibt von
diesen allen
Das noch übrig/ daß du sagest: Jch hab alles
nun gesagt;
Haben mich schon deine Worte nach der Länge
was geplagt/
So hat mir das letzte doch ausser massen wol
gefallen.

Jch will nichts mehr reden von den närrischen Rednern/ damit
ihr mich nicht selbst für närrisch haltet. Jhr habt sehr viel gehöret/
daß ihr lachen könnet/ oder zürnen. Dafern ihr mehr davon zu wissen
begehret/ könnet ihr nachschlagen in meinen Unterweisungen von der
Wolredenheit/ welche an das Tagliecht kommen werden/ so bald der
Mangel deß Papiers/ über welchen unsere Buchdrucker der gestalt sich
beklagen/ in etwas nachlassen wird/ welcher vielleicht auß der Ver-
schwendung unser Vorfahren entsprungen ist. Und damit euch nicht
verborgen bleibe/ ihr meine Zuhörer/ so bin ich unter denen/ welche
Bücher schreiben vom Papier auff Papier. Es ligen jetzund unter mei-
nen Händen etliche Oratorische Wercke/ welche am Gewicht wol strei-
ten möchten mit der Sylve der Wörter/ oder mit dem Dictionario deß
Dasypodius. Vor dessen hat sich einer in Engelland/ auß deß Acteons
Geschlecht bürtig/ durch einen gewaltigen Zorn bewogen/ zu rathen
unterstanden/ man solte alle Hörnerträger in das Meer werffen/ wel-
chem das Weib geantwortet/ er solte doch seinen Zorn in etwas dämpf-
fen/ und zuvor schwimmen lernen. Wolte auch etwa einer über meine
Arbeit ein dergleichen Urtheil fällen/ so müssen alle Redner mit mir
zugleich umbkommen/ welche alle das Jhrige entweder auß dem Quin-
tilian,
oder auß dem tordan Brunus, oder auß dem Caussinus genom-
men haben. Soll meine Feder dann allein erstarren in dieser Zeit/ da
die Schreibe-Sucht so gar eingerissen ist/ da die Unfruchtbaren gebä-
ren/ da die Verschnittenen Kinder zeugen/ und kein Scheissender sich
mehr halten kan. Aber ehe ich fortfahre/ will ich zuvor die jenigen Be-
weise durchgehen/ und prüfen/ welche etliche Verderber der vollkomme-
nen Wolredenheit uns fürwerffen/ und durch welche ich zu der Ketze-
rey der närrischen Redner bin verleitet worden. Jch bitte sie aber/ so
hoch ich immer kan/ daß sie mir diese nachgesetzte Bekümmernisse be-
nehmen wollen.

Der Erste Einwurff ist dieser/ daß die Wolredenheit kein Brot
ins Hauß bringe/ noch etwas in die Küchen verschaffe. Aber ich

antwor-
H h h v
an Jhm ſelbſt.
Haſt du alles gleich geſagt/ dannoch bleibt von
dieſen allen
Das noch uͤbrig/ daß du ſageſt: Jch hab alles
nun geſagt;
Haben mich ſchon deine Worte nach der Laͤnge
was geplagt/
So hat mir das letzte doch auſſer maſſen wol
gefallen.

Jch will nichts mehr reden von den naͤrriſchen Rednern/ damit
ihr mich nicht ſelbſt fuͤr naͤrriſch haltet. Jhr habt ſehr viel gehoͤret/
daß ihr lachen koͤnnet/ oder zuͤrnen. Dafern ihr mehr davon zu wiſſen
begehret/ koͤnnet ihr nachſchlagen in meinen Unterweiſungen von der
Wolredenheit/ welche an das Tagliecht kommen werden/ ſo bald der
Mangel deß Papiers/ uͤber welchen unſere Buchdrucker der geſtalt ſich
beklagen/ in etwas nachlaſſen wird/ welcher vielleicht auß der Ver-
ſchwendung unſer Vorfahren entſprungen iſt. Und damit euch nicht
verborgen bleibe/ ihr meine Zuhoͤrer/ ſo bin ich unter denen/ welche
Buͤcher ſchreiben vom Papier auff Papier. Es ligen jetzund unter mei-
nen Haͤnden etliche Oratoriſche Wercke/ welche am Gewicht wol ſtrei-
ten moͤchten mit der Sylve der Woͤrter/ oder mit dem Dictionario deß
Daſypodius. Vor deſſen hat ſich einer in Engelland/ auß deß Acteons
Geſchlecht buͤrtig/ durch einen gewaltigen Zorn bewogen/ zu rathen
unterſtanden/ man ſolte alle Hoͤrnertraͤger in das Meer werffen/ wel-
chem das Weib geantwortet/ er ſolte doch ſeinen Zorn in etwas daͤmpf-
fen/ und zuvor ſchwimmen lernen. Wolte auch etwa einer uͤber meine
Arbeit ein dergleichen Urtheil faͤllen/ ſo muͤſſen alle Redner mit mir
zugleich umbkommen/ welche alle das Jhrige entweder auß dem Quin-
tilian,
oder auß dem tordan Brunus, oder auß dem Cauſſinus genom-
men haben. Soll meine Feder dann allein erſtarren in dieſer Zeit/ da
die Schreibe-Sucht ſo gar eingeriſſen iſt/ da die Unfruchtbaren gebaͤ-
ren/ da die Verſchnittenen Kinder zeugen/ und kein Scheiſſender ſich
mehr halten kan. Aber ehe ich fortfahre/ will ich zuvor die jenigen Be-
weiſe durchgehen/ und pruͤfen/ welche etliche Verderber der vollkomme-
nen Wolredenheit uns fuͤrwerffen/ und durch welche ich zu der Ketze-
rey der naͤrriſchen Redner bin verleitet worden. Jch bitte ſie aber/ ſo
hoch ich immer kan/ daß ſie mir dieſe nachgeſetzte Bekuͤmmerniſſe be-
nehmen wollen.

Der Erſte Einwurff iſt dieſer/ daß die Wolredenheit kein Brot
ins Hauß bringe/ noch etwas in die Kuͤchen verſchaffe. Aber ich

antwor-
H h h v
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0899" n="857"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">an Jhm &#x017F;elb&#x017F;t.</hi> </fw><lb/>
          <lg type="poem">
            <l> <hi rendition="#fr">Ha&#x017F;t du alles gleich ge&#x017F;agt/ dannoch bleibt von</hi> </l><lb/>
            <l> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#et">die&#x017F;en allen</hi> </hi> </l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">Das noch u&#x0364;brig/ daß du &#x017F;age&#x017F;t: Jch hab alles</hi> </l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et"> <hi rendition="#et">nun ge&#x017F;agt;</hi> </hi> </l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">Haben mich &#x017F;chon deine Worte nach der La&#x0364;nge</hi> </l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et"> <hi rendition="#et">was geplagt/</hi> </hi> </l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">So hat mir das letzte doch au&#x017F;&#x017F;er ma&#x017F;&#x017F;en wol</hi> </l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et"> <hi rendition="#et">gefallen.</hi> </hi> </l>
          </lg><lb/>
          <p>Jch will nichts mehr reden von den na&#x0364;rri&#x017F;chen Rednern/ damit<lb/>
ihr mich nicht &#x017F;elb&#x017F;t fu&#x0364;r na&#x0364;rri&#x017F;ch haltet. Jhr habt &#x017F;ehr viel geho&#x0364;ret/<lb/>
daß ihr lachen ko&#x0364;nnet/ oder zu&#x0364;rnen. Dafern ihr mehr davon zu wi&#x017F;&#x017F;en<lb/>
begehret/ ko&#x0364;nnet ihr nach&#x017F;chlagen in meinen Unterwei&#x017F;ungen von der<lb/>
Wolredenheit/ welche an das Tagliecht kommen werden/ &#x017F;o bald der<lb/>
Mangel deß Papiers/ u&#x0364;ber welchen un&#x017F;ere Buchdrucker der ge&#x017F;talt &#x017F;ich<lb/>
beklagen/ in etwas nachla&#x017F;&#x017F;en wird/ welcher vielleicht auß der Ver-<lb/>
&#x017F;chwendung un&#x017F;er Vorfahren ent&#x017F;prungen i&#x017F;t. Und damit euch nicht<lb/>
verborgen bleibe/ ihr meine Zuho&#x0364;rer/ &#x017F;o bin ich unter denen/ welche<lb/>
Bu&#x0364;cher &#x017F;chreiben vom Papier auff Papier. Es ligen jetzund unter mei-<lb/>
nen Ha&#x0364;nden etliche <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Oratori</hi></hi>&#x017F;che Wercke/ welche am Gewicht wol &#x017F;trei-<lb/>
ten mo&#x0364;chten mit der <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Sylve</hi></hi> der Wo&#x0364;rter/ oder mit dem <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Dictionario</hi></hi> deß<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Da&#x017F;ypodius.</hi></hi> Vor de&#x017F;&#x017F;en hat &#x017F;ich einer in Engelland/ auß deß <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Acteons</hi></hi><lb/>
Ge&#x017F;chlecht bu&#x0364;rtig/ durch einen gewaltigen Zorn bewogen/ zu rathen<lb/>
unter&#x017F;tanden/ man &#x017F;olte alle Ho&#x0364;rnertra&#x0364;ger in das Meer werffen/ wel-<lb/>
chem das Weib geantwortet/ er &#x017F;olte doch &#x017F;einen Zorn in etwas da&#x0364;mpf-<lb/>
fen/ und zuvor &#x017F;chwimmen lernen. Wolte auch etwa einer u&#x0364;ber meine<lb/>
Arbeit ein dergleichen Urtheil fa&#x0364;llen/ &#x017F;o mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en alle Redner mit mir<lb/>
zugleich umbkommen/ welche alle das Jhrige entweder auß dem <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Quin-<lb/>
tilian,</hi></hi> oder auß dem <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">tordan Brunus,</hi></hi> oder auß dem <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Cau&#x017F;&#x017F;inus</hi></hi> genom-<lb/>
men haben. Soll meine Feder dann allein er&#x017F;tarren in die&#x017F;er Zeit/ da<lb/>
die Schreibe-Sucht &#x017F;o gar eingeri&#x017F;&#x017F;en i&#x017F;t/ da die Unfruchtbaren geba&#x0364;-<lb/>
ren/ da die Ver&#x017F;chnittenen Kinder zeugen/ und kein Schei&#x017F;&#x017F;ender &#x017F;ich<lb/>
mehr halten kan. Aber ehe ich fortfahre/ will ich zuvor die jenigen Be-<lb/>
wei&#x017F;e durchgehen/ und pru&#x0364;fen/ welche etliche Verderber der vollkomme-<lb/>
nen Wolredenheit uns fu&#x0364;rwerffen/ und durch welche ich zu der Ketze-<lb/>
rey der na&#x0364;rri&#x017F;chen Redner bin verleitet worden. Jch bitte &#x017F;ie aber/ &#x017F;o<lb/>
hoch ich immer kan/ daß &#x017F;ie mir die&#x017F;e nachge&#x017F;etzte Beku&#x0364;mmerni&#x017F;&#x017F;e be-<lb/>
nehmen wollen.</p><lb/>
          <p>Der Er&#x017F;te Einwurff i&#x017F;t die&#x017F;er/ daß die Wolredenheit kein Brot<lb/>
ins Hauß bringe/ noch etwas in die Ku&#x0364;chen ver&#x017F;chaffe. Aber ich<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">H h h v</fw><fw place="bottom" type="catch">antwor-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[857/0899] an Jhm ſelbſt. Haſt du alles gleich geſagt/ dannoch bleibt von dieſen allen Das noch uͤbrig/ daß du ſageſt: Jch hab alles nun geſagt; Haben mich ſchon deine Worte nach der Laͤnge was geplagt/ So hat mir das letzte doch auſſer maſſen wol gefallen. Jch will nichts mehr reden von den naͤrriſchen Rednern/ damit ihr mich nicht ſelbſt fuͤr naͤrriſch haltet. Jhr habt ſehr viel gehoͤret/ daß ihr lachen koͤnnet/ oder zuͤrnen. Dafern ihr mehr davon zu wiſſen begehret/ koͤnnet ihr nachſchlagen in meinen Unterweiſungen von der Wolredenheit/ welche an das Tagliecht kommen werden/ ſo bald der Mangel deß Papiers/ uͤber welchen unſere Buchdrucker der geſtalt ſich beklagen/ in etwas nachlaſſen wird/ welcher vielleicht auß der Ver- ſchwendung unſer Vorfahren entſprungen iſt. Und damit euch nicht verborgen bleibe/ ihr meine Zuhoͤrer/ ſo bin ich unter denen/ welche Buͤcher ſchreiben vom Papier auff Papier. Es ligen jetzund unter mei- nen Haͤnden etliche Oratoriſche Wercke/ welche am Gewicht wol ſtrei- ten moͤchten mit der Sylve der Woͤrter/ oder mit dem Dictionario deß Daſypodius. Vor deſſen hat ſich einer in Engelland/ auß deß Acteons Geſchlecht buͤrtig/ durch einen gewaltigen Zorn bewogen/ zu rathen unterſtanden/ man ſolte alle Hoͤrnertraͤger in das Meer werffen/ wel- chem das Weib geantwortet/ er ſolte doch ſeinen Zorn in etwas daͤmpf- fen/ und zuvor ſchwimmen lernen. Wolte auch etwa einer uͤber meine Arbeit ein dergleichen Urtheil faͤllen/ ſo muͤſſen alle Redner mit mir zugleich umbkommen/ welche alle das Jhrige entweder auß dem Quin- tilian, oder auß dem tordan Brunus, oder auß dem Cauſſinus genom- men haben. Soll meine Feder dann allein erſtarren in dieſer Zeit/ da die Schreibe-Sucht ſo gar eingeriſſen iſt/ da die Unfruchtbaren gebaͤ- ren/ da die Verſchnittenen Kinder zeugen/ und kein Scheiſſender ſich mehr halten kan. Aber ehe ich fortfahre/ will ich zuvor die jenigen Be- weiſe durchgehen/ und pruͤfen/ welche etliche Verderber der vollkomme- nen Wolredenheit uns fuͤrwerffen/ und durch welche ich zu der Ketze- rey der naͤrriſchen Redner bin verleitet worden. Jch bitte ſie aber/ ſo hoch ich immer kan/ daß ſie mir dieſe nachgeſetzte Bekuͤmmerniſſe be- nehmen wollen. Der Erſte Einwurff iſt dieſer/ daß die Wolredenheit kein Brot ins Hauß bringe/ noch etwas in die Kuͤchen verſchaffe. Aber ich antwor- H h h v

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663/899
Zitationshilfe: Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663], S. 857. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663/899>, abgerufen am 25.11.2024.